Rede von JG »Leiden aus Leidenschaft«
auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank AG
in der Festhalle Frankfurt am Main am 18. Mai 2005


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und Daimler-Benz AG

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Rede von JG »Leiden aus Leidenschaft«
auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank AG
in der Festhalle Frankfurt am Main am 18. Mai 2005

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

sehr geehrte Vorstände und Aufsichtsräte,

mein Name ist Jürgen Grässlin, ich bin Sprecher der Kritischen AktionärInnen DaimlerChrysler (KADC).

Herr Breuer, Sie haben uns heute um 10.00 Uhr mit folgendem Satz begrüßt: »Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf Sie im Namen der Opfer, äh der Verwaltung, herzlich begrüßen!« Ihr Versprecher passt zur derzeitigen Situation der Deutsche Bank. Die Presseberichte im Vorfeld dieser Hauptversammlung, das Image von Herrn Ackermann und Herrn Breuer sowie das Image der Deutschen Bank insgesamt - all das lassen aus Sicht der Aktionärinnen und Aktionäre ein neues Werbemotto der Deutschen Bank sinnvoll erscheinen: »Leiden aus Leidenschaft!«

Bevor ich zu den Daimler-relevanten Fragen komme, möchte ich meinen Missmut darüber zum Ausdruck bringen, wie Herr Josef Ackermann, der Vorstandsvorsitzende, die Geschäfte der Deutschen Bank führt.

Herr Ackermann, Sie sind der bundesdeutschen Öffentlichkeit bereits mit Ihrem Victory-Zeichen beim Prozess um die Millionenabfindungen für Führungskräfte der Mannesmann AG äußerst negativ aufgefallen. Mit diesem taktlosen Verhalten haben Sie die unrühmliche Tradition des früheren Vorstandsvorsitzenden Hilmar Kopper fortgesetzt, der unbezahlte Rechnungen des Immobilienspekulanten Jürgen Schneider mit »Peanuts« verglichen und damit Handwerker aufs Übelste provoziert hat.

Herr Ackermann, Ihre Veröffentlichung des aktuellen Reingewinns von 2,5 Milliarden Euro bei gleichzeitiger Ankündigung der geplanten Entlassung von rund 6400 Beschäftigten im In- und Ausland lässt auf eine erschreckende Takt- und Gefühllosigkeit schließen. Ein Unternehmen trägt Verpflichtung: die Verpflichtung Gewinne zu erwirtschaften und die Verpflichtung soziale Verantwortung zu übernehmen.

Wenn Shareholder Value auf Kosten entlassener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesteigert wird, dann bleibt sozial verantwortlich denkenden Kundinnen und Kunden nur ein Ausweg: Sie müssen Ihr Konto bei der Deutschen Bank kündigen und zu einer sozial verantwortlich agierenden Bank wechseln!

Lassen Sie mich nunmehr zu DaimlerChrysler und den Geschehnissen der Daimler-Hauptversammlung am 6. April dieses Jahres kommen.


Ausstieg aus DaimlerChrysler

Im Jahresbericht 2004 der Deutschen Bank weisen Sie - zu Recht - auf »die nicht geschäftsnotwendigen Beteiligungen und die damit verbundenen Risiken« hin.(JB 2004, S.39) Im vergangenen Geschäftsjahr hat die Deutsche Bank Ihre Anteile an der DEUTZ AG von 10,5 auf 4,5 Prozent verringert - gut so. Dagegen wurden die Anteile an der DaimlerChrysler AG lediglich von 11,8 auf 10,4 Prozent vermindert. Damit ist die Deutsche Bank noch immer und zwar mit beträchtlichem Vorsprung - größter Anteilseigner der DaimlerChrysler AG.

Frage 1: Herr Ackermann, auf welchen Wert muss die DaimlerChrysler-Aktie steigen, damit die Deutsche Bank endlich ihre mehrfach propagierte Ankündigung einlöst und ihren Aktienanteil verkauft?

Frage 2: In welchem Jahr wird der von Ihnen genannte Wert der DaimlerChrysler-Aktie voraussichtlich erreicht werden? Wie sehen Ihre Prognosen aus?

Ich weise darauf hin, dass der Wert der DaimlerChrysler-Aktie in den letzten fünf Jahren von 94,90 Euro (1999) auf mittlerweile rund 32 Euro (Mai 2005) gefallen ist. In dieser Zeit wurde DaimlerChrysler vom Vorstandsvorsitzenden Jürgen E. Schrempp heruntergewirtschaftet, der seinerseits vom Aufsichtsratsvorsitzenden dem ehemaligen Chef der Deutschen Chef - Hilmar Kopper hätte kontrolliert werden sollen. Ich sage ganz bewusst »hätte«. Denn anstatt Herrn Schrempp zu kontrollieren, hat Herr Kopper seinen Duzfreund Schrempp in allen relevanten Fehlentscheidungen unterstützt.


Abstimmungsverhalten der DWS bei der DaimlerChrysler-Hauptversammlung

Wie die Financial Times Deutschland gemeldet hat (FTD vom 08.04.2005), hat die Deutsche-Bank-Tochter DWS dem Vorstand der DaimlerChrysler AG auf der diesjährigen Hauptversammlung die Entlastung versagt. Zugleich ist die Deutsche Bank der größte Anteilseigner der DaimlerChrysler AG, der Aufsichtsratsvorsitzende wird von der Deutschen Bank gestellt.

Frage 3: Aus welchem Grund und mit welcher Zielsetzung hat die Deutsche-Bank-Tochter DWS dem Vorstand der DaimlerChrysler AG bei der diesjährigen Hauptversammlung die Entlastung versagt?

Frage 4: Wäre es angesichts der desaströsen und ruinösen Geschäftspolitik des Daimler-Vorstands und -Aufsichtsrats nicht konsequenter, den Aufsichtsratsvorsitzenden, Herrn Kopper, in den Ruhestand zu versetzen und sämtliche Daimler-Aktien zu verkaufen?

Herr Kopper ist als Aufsichtsratschef der DaimlerChrysler AG seiner Kontrollfunktion nicht nachgekommen, er hat schlichtweg versagt. Die weit überwiegende Zahl der Daimler-Aktionärinnen und -Aktionäre sowie der Fondsvertreter wünscht sich nichts sehnlicher als seinen Rücktritt.


Unterstützung für Rüstungskonzerne

Meine Damen und Herren, neben meiner Sprecherfunktion bei den Kritischen Daimler-AktionärInnen bin ich zudem Sprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). Wir haben uns zum Ziel gesetzt, unseren Beitrag zu einer Welt ohne Waffengewalt zu leisten.

Herr Ackermann, Sie haben vorhin auf die Frage eines Aktionärs nach den Rüstungsbeteiligungen der Deutschen Bank geantwortet: »Zu einzelnen Branchen wollen und können wir keine Auskunft geben.«

So werde ich meinerseits Auskunft erteilen: Die Deutsche Bank hat sich in den vergangenen Jahren als diejenige Bank hervorgetan, die skrupellose Rüstungsproduzenten und -exporteure vor dem Konkurs rettet oder deren Finanzgeschäfte verwaltet. Ich nenne an dieser Stelle zwei Beispiele:

Dank der finanzkräftigen Unterstützung der Deutschen Bank wurde die Firma Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar 1991 vor dem Konkurs gerettet. Mit Heckler & Koch-Waffen wurden nach meinen Berechnungen bis zum heutigen Tage mehr als 1,5 Millionen Menschen erschossen und eine vergleichbare Zahl von Menschen verwundet oder verstümmelt.

Über Ihre Industriebeteiligung an der DaimlerChrysler AG und die Unterstützung der Daimler-Beteiligungsgesellschaft EADS N.V. der European Aeronautic Defence and Space Company profitiert die Deutsche Bank vom Einsatz der dort entwickelten und exportierten Waffen. Die EADS ist der zweitgrößte europäische und weltweit der siebtgrößte Rüstungskonzern. Die EADS wirbt für Landminen, produziert Streubomben und entwickelt Atomwaffenträgersysteme. Der Slogan »Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt« trifft in besonderem Maße auf die Deutsche Bank zu.

Frage 5: Ist die Deutsche Bank zukünftig bereit, sämtliche finanziellen Transaktionen mit rüstungsproduzierenden und rüstungsexportierenden Unternehmen einzustellen?

Sehr geehrte Vorstände und Aufsichtsräte, ich fordere Sie nachdrücklich auf, aus jeglicher Form von Finanzgeschäften mit Rüstungsfirmen auszusteigen und Ihrem Handeln zukünftig ethische Kriterien zu Grunde zu legen.


Parteispenden

In den vergangenen Jahren wurde wiederholt bekannt, dass die Deutsche Bank Parteien mit größeren Geldbeträgen sponsert.

Frage 6: Wie hoch waren die Zuwendungen im Einzelnen an die CDU, die CSU, die FDP, die SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN in den Jahren 2003 und 2004? (Einzelauflistung der Parteien)

Frage 7: Welche Erwartungen verbindet die Deutsche Bank mit den finanziellen Zuwendungen an die politischen Parteien in Deutschland?


Klageverfahren

Gegen die Deutsche Bank ist eine Vielzahl von Klageverfahren anhängig. Ich schließe meine Fragen an die Ausführungen von Herrn Professor Derleder an, dessen diesbezügliche Fragestellungen weitgehend unbeantwortet blieben:

Frage 8: Wie viele Rechtsklagen bestehen derzeit gegen die Deutsche Bank?

Frage 9: Welche sind im Streitwert die fünf höchsten? Und wie hoch sind die zu erwartenden Geldsummen, die bei Vergleichen fällig würden?

Frage 10: Zählt dazu auch die Klage von Frau Mc. Cormick wegen des Verfahrens gegen Bankers Trust?

Frage 11: Wie hoch sind die für die Rechtsklagen eingestellten Rücklagen?


Resümee

Herr Ackermann, Sie wollen 6400 Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit schicken. Das ist kein medialer Gau, wie hier mehrfach behauptet wurde. Nein, das ist vielmehr eine Katastrophe für die betroffenen Arbeitnehmer und ihre Familien. Ich bezweifle, dass Sie mitempfinden können, was Arbeitslosigkeit für die Betroffenen bedeutet - nämlich »Leiden aus Betroffenheit«.

Als Bestverdienender haben Sie im letzten Geschäftsjahr 10,1 Millionen Euro Gehalt erhalten - ich sage ganz bewusst nicht »verdient«. Denn »verdient« haben Sie diese Summe angesichts Ihres arroganten Verhaltens und Ihrer unsozialen Vorgaben nicht im Mindesten. In diesem Sinne begrüße und unterstütze ich die Proteste der Kolleginnen und Kollegen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und des Betriebsrats vor den Toren der Frankfurter Messe.

Herr Ackermann, scheinbar haben Sie ausschließlich ihre kapitalkräftigen Großkunden im Blick und pfeifen auf Ihre Privatkunden. Doch unterschätzen Sie nicht die Macht Abertausender Privatkunden - die Folgen würden fatal sein.

Vielen Dank.

Jürgen Grässlin


Mob.: 0170-611 37 59
j.graesslin@gmx.de, www.juergengraesslin.com

 

 


Deutsche Bank’s Chief Queried on Profit Growth, Jobs (Update3)

May 18 (Bloomberg) -- Deutsche Bank AG Chief Executive Josef Ackermann was interrogated by shareholders today on how he plans to sustain earnings growth, as analysts and investors forecast lower revenue from fixed-income trading, the bank’s biggest money maker.

The investment bank, run by Anshu Jain, 42, and Michael Cohrs, 48, »still dominates the earnings,« private investor Juergen Bolz said at Deutsche Bank’s annual shareholders meeting in Frankfurt today. »What exactly is the strategy of the private clients and asset management division to close the gap to investment banking?«

Deutsche Bank’s investment bank drove first-quarter net income to the highest in at least four years, helped by surging revenue from debt trading. Ackermann last month said market conditions have become »more challenging« since March. Merrill Lynch & Co. cut its 2005 earnings per share estimate for the bank yesterday and forecast a 45 percent drop in debt sales and trading revenue in the second quarter from the first three months of the year.

»Recent turbulence« in the credit derivatives market means Deutsche Bank, Germany’s biggest bank, may have suffered reduced business from hedge funds, slower sales of the credit derivative products, and losses in its own trading positions during the quarter, Merrill analyst Stuart Graham wrote in his report.

Credit-rating downgrades earlier this month on General Motors Corp. and Ford Motor Co., the two biggest U.S. automakers, lowered the value of their bonds, prompting speculation about losses at hedge funds that made bets on derivatives related to the securities and the impact on investment banks that do business with the funds.

»Taking Some Pain«

»Deutsche must be taking some pain at present,« said Graham, who has a »neutral« rating on Deutsche Bank shares. He estimated that the debt and sales trading business overseen by Jain contributed 49 percent to Deutsche Bank’s first-quarter profit.

Ackermann, who has presided over a 19 percent drop in the bank’s shares since he took over three years ago, has focused on cutting jobs, selling assets and buying back shares to boost pretax return on equity to 25 percent this year from 16 percent in 2004.

Deutsche Bank last year decided against buying Deutsche Postbank AG, Germany’s biggest consumer bank by clients.

»In the medium term, Deutsche Bank must ask itself if it would make sense to take over other German banks to bolster revenue,« Metehan Sen, an analyst with Sal. Oppenheim in Frankfurt said in an interview. He has a »buy« rating on the bank’s shares.


»More Efficient«

Deutsche Bank is now looking at ways to expand its retail banking business in Eastern Europe without acquisitions, as »there aren’t many banks up for sale,« Ackermann said today. The company is also still trying to find »solutions« for its asset management business, whose clients pulled a net 43 billion euros last year.

»Deutsche Bank must become even more efficient to sustainably strengthen its competitiveness,« Ackermann said. The bank »will supplement organic growth with targeted acquisitions« and will try and expand its offering of »high-margin products« such as »trading in loans and the sale of complex derivatives.«

Deutsche Bank still derives less from employees than its competitors. The company generated 102,019 euros in revenue per employee in the first quarter, compared with about 124,460 euros per employee at Zurich-based UBS AG, Europe’s biggest bank, and about 380,966 euros at New York-based Goldman Sachs Group Inc.


Job Protests

»It has still not been proven to what extent the activities of the global markets team under Mr. Anshu Jain have gambling character and how far mis-speculation by the global markets team may put the company’s existence at risk,« shareholder Peter Norbert Heimig said in comments posted on Deutsche Bank’s Web site.

Deutsche Bank Chief Financial Officer Clemens Boersig told investors at a conference in New York last week that the bank has collateral to protect it against potential losses in trades with hedge funds and that it hasn’t lent money to those clients.

The company is also facing opposition for its most recent plan to cut a net 5,200 jobs, including 1,920 positions in Germany. Members of Ver.di, Germany’s biggest labor union, and some company employees held protests outside the meeting today, carrying posters brandishing slogans such as »Ownership is Theft.«

»If a company earns so much with its employees, then it can’t just say thank you and 6,400 of you may go,« shareholder Juergen Graesslin said, referring to the gross number of job cuts planned.

Deutsche Bank shares rose 68 cents, or 1.1 percent, to 62.32 euros, valuing the company at 34 billion euros. The stock fell 0.6 percent last year, compared with an 11 percent gain in the 80-member Bloomberg Europe Banks and Financial Services Index.

»We are not at all happy with the share price,« said Klaus Nieding, a representative of the DSW shareholders association.

-- With reporting by Ines Karscholdgen in London. Editors: Snyder, Quinson, Snyder.


To contact the reporters on this story:

Elena Logutenkova at elogutenkova@bloomberg.net

David Scheer in Frankfurt at dscheer@bloomberg.net.

Last Updated: May 18, 2005 13:56 EDT