Rezension »Der einst funkelnde Stern sinkt« in HNA.de
vom 30.12.2005
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Der einst funkelnde Stern sinkt
Jürgen Grässlins neues Buch »Das Daimler-
Desaster« handelt von Raffgier und Größenwahn
Von Franz Alt
Einst war Daimler-Benz der deutsche Vorzeigekonzern - wird Daimler ein Sanierungsfall? Das fragt
Jürgen Grässlin in seinem Buch »Das Daimler-Desaster« (Droemer/Knaur, ISBN: 3-426-27267-9, 19,90 Euro).
Das Buch ist eine Abrechnung mit dem Konzernchef und liest sich wie ein Wirtschaftskrimi. Die »Nieten in
Nadelstreifen« sind größenwahnsinnig geworden. Schrempp wollte aus der Deutschland AG eine Welt AG basteln,
aber er fiel auf die Nase. Aktionäre und Mitarbeiter sind die Leidtragenden.
Als bekannt wurde, dass Schrempp geht, stiegen die Aktien sprunghaft - nicht gerade
schmeichelhaft für den Star-Manager, der sich für den Größten hielt und ein Jahrzehnt lang behauptete: »Wir
bauen die besten Autos der Welt.« Bei neuen Umfragen unter Autohändlern steht Daimler an zweitletzter Stelle.
Einst stand Mercedes-Benz für deutschen Fleiß, Wohlstand und Wertarbeit.
Trotz Pleiten und Pannen spricht Schrempp von seiner Erfolgsbilanz. Erfolg für wen? Schrempps bester Beitrag
zur Wertsteigerung seines Konzerns war seine Rücktrittsankündigung. Grässlin dankt Schrempp dafür.
Schrempp scheiterte an abenteuerlichen Fusionsplänen und verantwortungslosen Rüstungsgeschäften. Die Folge:
Die Kernmarke Mercedes ist schwer angeschlagen. Schrempp hat den Ökobereich - den Einbau des Dieselrußfilters
und das Sprit sparende Hybrid-System - verschlafen. Inzwischen verkauft Toyota den Prius in den USA so häufig
wie Mercedes seine E-Klasse.
»Das Daimler-Desaster« handelt von Raffgier und Größenwahn. Der Autor darf Jürgen E. Schrempp »den größten
Kapital- und Arbeitsplatzvernichter in der mehr als 100-jährigen Firmengeschichte« nennen. Schrempp galt in
der Deutschland AG ein Jahrzehnt lang als Star-Manager - er tritt ab als Manager des Misserfolges.
Jürgen Grässlin beschreibt neben dem Toll-Collect-Desaster das Qualitäts-Desaster, das Smart-Desaster, das
Chrysler-Desaster, das Arbeitsplatz-Desaster und das Öko-Desaster unter Jürgen Schrempp. Der »Herr der Sterne«
- so hieß Grässlins früheres Buch über ihn - mutierte zum »Herrn der Scherben«. Das Daimler-Desaster sei nicht
von den Arbeitnehmern zu verantworten, sondern von solchen Managern.
Franz Alt (68) ist Journalist.
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