Zeitungsbericht »Stoff für Schrempp-Kritiker.
Jürgen Grässlin veröffentlicht neues Buch
über Daimler«
in Stuttgarter Nachrichten vom 09.11.05


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Stoff für Schrempp-Kritiker
Jürgen Grässlin veröffentlicht
neues Buch über Daimler

Wenn sich bei DaimlerChrysler die Aktionäre zur jährlichen Hauptversammlung treffen, fehlt seine Wortmeldung nur selten. Jürgen Grässlin, Lehrer aus Freiburg, ärgert den Konzern immer wieder mit kritischen, teilweise auch provokanten Beiträgen. Nun hat er sein zweites Buch über den Konzern geschrieben: »Das Daimler-Desaster«.

Als Grässlin vor sieben Jahren ein Buch über den Konzernchef schrieb, war der Titel noch um einiges gnädiger. „Jürgen E. Schrempp der Herr der Sterne“ hieß das Buch, das der Konzernchef zunächst sogar tatkräftig unterstützte, indem er mit Grässlin, dem Sprecher der Kritischen Aktionäre DaimlerChrysler (KADC), mehrere Gespräche führte. Dieser persönliche Kontakt ist abgebrochen. Dass Schrempp nicht mehr wie früher mit ihm diskutiert, hält Grässlin für »eige«, wie er in einem offenen Brief schreibt.

In seinem neuen Buch geht er mit dem Konzernchef hart ins Gericht und wirft ihm vor, elf Versprechen gebrochen zu haben dabei geht es um den Aktienkurs ebenso wie um die Arbeitsplätze, den Smart und die Welt-AG. Akribisch hat Grässlin in Medien, aber auch in Gesprächen nach Belegen für seine These gesucht, dass Schrempp auf ganzer Linie gescheitert sei. In seinem Buch präsentiert sie der ausgewiesene Daimler- Kritiker gebündelt. Besonders enge Kontakte unterhält Grässlin zu Gerhard Schweinle, der einst als Spediteur dick mit dem Konzern im Geschäft war und dort sogar einmal mit dem damaligen Vertriebschef Dieter Zetsche im Kontakt war.

Schweinle saß mehr als zwei Jahre lang in Haft, weil ihm Betrug und Steuerhinterziehung vorgeworfen wurden. Schweinle, der gerade einmal 14 Mitarbeiter hatte, kaufte dem Konzern insgesamt 3000 Mercedes-Limousinen mit üppigen Rabatten ab. Vor Gericht sagten Daimler-Manager darunter auch Zetsche aus, sie hätten nicht gewusst, dass die Autos weiterverkauft werden sollten. Das Schweinle Daimler betrogen hat, und verurteile Schweinle zu vier Jahren Haft. Der Bundesgerichtshof verwarf den Betrugsvorwurf in Bausch und Bogen: Der Konzern hätte unschwer erkennen können, dass ein Unternehmer mit 14 Mitarbeitern nicht 3000 Autos für den Eigenbedarf bestellt. Außerdem habe der Konzern die hohen Rabatte wohl nur gewährt, weil die Autos anderweitig nicht absetzbar waren.

Dann aber sei Daimler gar kein Schaden entstanden. Bislang ist nicht klar, ob Schweinle möglicherweise zu lange inhaftiert war. Grässlin schreibt in seinem Buch, der Konzern habe eigens einen Mitarbeiter abgestellt, um Schweinles Mercedes-Geschäfte abzuwickeln. Damit er nicht als Daimler-Mitarbeiter erkennbar ist, habe er sogar den Decknamen »Herr Simon« erhalten. Die Graumarktgeschäfte seien überhaupt erst auf Initiative Daimlers zu Stande gekommen. Bei Schweinles Haft in Stammheim hätten scharfe Bedingungen gegolten. So habe er erst nach mehreren Wochen erstmals Besuch von seiner Frau erhalten dürfen. Trotz mehrfacher Anträge habe er auch seinen sterbenskranken Vater nicht mehr vor dessen Tod sehen dürfen.

Klaus Köster