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In seinem Buch
stellt Jürgen Grässlin Noch-Daimler-Chef
Schrempp ein vernichtendes Zeugnis aus
FREIBURG. Der Freiburger Jürgen Grässlin lässt kein gutes Haar an der Arbeit des Freiburgers Jürgen Schrempp. Und doch - leichte Sympathie schimmert durch in Grässlins Abrechnung mit zehn Jahren Schremppscher Herrschaft bei Daimler-Benz und Daimler-Chrysler. Zumindest in den ersten Jahren habe ihm Schrempp - trotz grundverschiedener Standpunkte - in seiner kommunikativen Art imponiert, sagt Grässlin selbst.
Doch dann habe die Macht Schrempp verändert, er sei dünnhäutiger geworden habe sich mehr und mehr abgeschottet. Jenseits der persönlichen Beziehungen zwischen Vorstandschef und kritischem Aktionär - Grässlins Bilanz von zehn Jahren Schrempp als Vorstandschef von Deutschlands größtem Industriekonzern fällt vernichtend aus. Um das zu belegen, muss sich Grässlin gar keine große Mühe machen. Er misst Schrempp an dessen vollmundig verkündeten Zielen - die alle verfehlt wurden. Er wolle den Unternehmenswert steigern, hatte Schrempp beispielsweise den Aktionären versprochen, wie er überhaupt als Vorkämpfer für den so genannten Shareholder-Value auftrat.
Tatsächlich hat Schrempp hauptsächlich Geld vernichtet. Dazu zwei Zahlen. Kurz nach der Fusion von Daimler-Benz und Chrysler notierte die Daimler-Chrysler-Aktie bei knapp 100 Euro. Jetzt liegt sie bei weniger als 43 Euro. Mit dieser Kritik an Schrempp und Daimler-Chrysler-Aufsichtsratschef Hilmar Kopper, der Schrempps Kurs stets stützte, steht Grässlin nicht allein. Sie wird von vielen Analysten, Branchenkennern und Kommentatoren geteilt. Das gescheiterte Engagement beim japanischen Autobauer Mitsubishi, der verlustträchtige Kleinstwagen Smart, die schwer verkäufliche Luxuslimousine Maybach, die Qualitätsprobleme der Marke Mercedes - permanent stellt Grässlin hoch fliegende Versprechen und Fakten gegenüber. Sein Buch ist zwar sehr zahlenlastig, aber in der Zusammenschau informativ, auch Details wie die Vorstandsgehälter von 1995 (11,9 Millionen Mark Vergütung für zehn Vorstände) bis 2004 (31,6 Millionen Euro für zwölf Vorstände).
Grundlegend Neues finden Leser in diesen sechs Kapiteln nicht. Neu und brisant sind zwei Kapitel, in denen Grässlin Dieter Zetsche angeht, der zum Jahreswechsel Schrempps Nachfolge als Konzernchef antritt. Für Grässlin ist auch Zetsche mit Graumarktgeschäften vertraut. Darunter versteht man Verkäufe des Herstellers an seinen etablierten Händlern vorbei. Solche Geschäfte sind nicht strafbar, auch wenn sie den Händlern missfallen, denn denen entgehen Einnahmen. Daimler-Chrysler hat immer betont, keine Graumarktgeschäfte zu betrieben, sie sogar zu bekämpfen.
Grässlin schreibt dagegen, Daimler-Chrysler habe in großem Stil Graumarktgeschäfte betrieben, um die hohe Fahrzeugproduktion in den Markt zudrücken. Er beschreibt, wie Graumarktgeschäfte offenbar abliefen und stützt sich dabei auf Informationen eines Graumarkthändlers. Grässlins Informationen legen nahe, dass Zetsche in einer Zeugenaussage während einer Gerichtsverhandlung gegen diesen Graumarkthändler eine falsche Darstellung gegeben hat.
Der Daimler-Chrysler-Konzern nimmt weder zu Grässlins Buch noch zu den Details darin Stellung. Zetsche geht allerdings jetzt juristisch gegen Grässlin vor. Dieser reagiert gewohnt kampfeslustig: »Ich lasse mir keinen Maulkorb verpassen und werde die Sache gegebenenfalls bis zum Bundesverfassungsgericht durchfechten.«