Zu Artikel zu Jürgen E. Schrempp
Frankfurt (ots) - Drei Wochen, die zwar nicht die Welt, auch nicht eine Welt AG, aber immerhin doch ein Weltunternehmen verändert haben. Drei Wochen, in denen DaimlerChrysler kräftig an Börsenwert gewonnen und an Reputation verloren hat. Denn wie dieser Konzern seine Spitzenpersonalien regelt, ist provinziell. Da behauptet der Vertreter der kritischen Daimler-Aktionäre und Autor eines Buchs über Jürgen Schrempp, Jürgen Grässlin, als Externer bereits zwölf Tage vorab vom bevorstehenden Schrempp-Rücktritt gewusst zu haben, während der mit der Mercedes-Sanierung betraute und bis dato als Kronprinz für eine normale Schrempp-Nachfolge geltende Vorstand Eckhard Cordes erst am Abend vorher davon erfahren haben will. Da reagiert der in der Nachfolge-Konkurrenz Dieter Zetsche unterlegene Cordes nicht unerwartet mit Rücktrittsankündigung - und der Aufsichtsrat ist nicht vorbereitet.
Immerhin hat der Aufsichtsrat nun nach drei Wochen den sommerlichen Zeitvertreib mancher Zeitungsredaktion beendet, immer neue Namen als mögliche Mercedes-Chefs ins Rennen zu schicken und anschließend nicht minder ausführlich darzulegen, warum just jene Kandidaten für diesen Job nicht zur Verfügung stehen. Über Personen und Termine herrscht jetzt zwar Klarheit, nicht jedoch über die entscheidende Frage: Was soll Zetsches Aufgabe in Zukunft denn sein? Lenker eines weltweit tätigen Konzerns mit Pkw-, Nutzfahrzeug-, Finanzdienstleistungs- und Luftfahrtaktivitäten oder Chef einer Pkw-Marke? Bei allem Respekt vor Zetsches Schaffenskraft: Diese Doppelfunktion kann nicht gut gehen.
Zum einen erfordert jede der beiden Aufgaben selbst in weniger schwierigen Zeiten den ganzen Mann. Zum anderen gibt es zwischen den beiden künftigen Aufgaben Zetsches - im Konzern und bei Mercedes - natürliche Interessenkonflikte, die eine personelle Trennung gebieten. Deshalb wird die Entscheidung des Aufsichtsrats Mercedes nicht die erhoffte Ruhe bringen, auch wenn Zetsche Mercedes rund ein Jahr lang führen sollte. Mit dem gestrigen Tag wurde die externe und interne Spekulation darüber eröffnet, wer ihm in einem Jahr nachfolgt. Intern dürften mögliche Kandidaten, die gerade noch das Cordes-Sanierungskonzept umsetzen, abwarten, was davon unter Zetsche noch bleibt - und sich mehr auf ihre eigene Positionierung konzentrieren.