TV-Berichte in ARD, ZDF, ntv, Deutsche Welle und NHK (Japan)
sowie Zeitungsberichte in der jungen welt, WAZ, Berliner Zeitung,
Badische Zeitung u.a. zur 7. ordentlichen Hauptversammlung
der DaimlerChrysler AG in Berlin im Zeitraum vom 5. bis 8. April 2005


Zu Anträge, Artikel, Presseerklärungen und Redebeiträge
zu Hauptversammlungen der DaimlerChrysler AG
und Daimler-Benz AG

Zu Artikel zu Jürgen E. Schrempp



TV-Berichte in ARD, ZDF, ntv, Deutsche Welle und NHK (Japan)
sowie Zeitungsberichte in der jungen welt, WAZ, Berliner Zeitung,
Badische Zeitung u.a. zur 7. ordentlichen Hauptversammlung
der DaimlerChrysler AG in Berlin im Zeitraum vom 5. bis 8. April 2005

In seiner Funktion als Sprecher der Kritischen AktionärInnen DaimlerChrysler (KADC) gab JG am Tag der Hauptversammlung eine Vielzahl von Fernseh- und Radiointerviews, u.a. auch für das japanische Staatsfernsehen NHK.

foto1_hv_7_4_05.jpg (30109 Byte)

Der Nachrichtensender ntv interviewt JG. Foto: Henry Mathews


Zeitungsbericht »Schatten auf dem Stern«
in junge welt vom 08.04.2005

Ohrfeige für DaimlerChrysler-Bosse
bei der Hauptversammlung in Berlin

Von Henry Mathews

Hilmar Kopper geriet ins Stottern, als er am Mittwoch kurz nach 21 Uhr die Abstimmungsergebnisse der DaimlerChrysler-Hauptversammlung verlesen mußte: »Mit Nein haben gestimmt: neunzehn Tausend ... nein ... äh ... neunzehnmillionen achthundertachtunddreißigtausend ...«. Was der Aufsichtsratsvorsitzende des größten deutschen Autobauers nicht recht glauben konnte, war eine Ohrfeige für das Topmanagement. Jeweils mehr als fünf Prozent der Aktienstimmen waren gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat abgegeben worden. Gewohnt ist Kopper aus deutschen Aktionärsversammlungen Ja-Stimmen deutlich über 99 Prozent.

Drei große Fondsgesellschaften und vermutlich Zehntausende Kleinaktionäre hatten sich gegen die Konzernleitung gestellt. Ihre Sprecher beklagten in der Hauptversammlung die Verluste durch die Übernahme des ehemaligen Daimler-Konkurrenten Chrysler, durch den schleppenden Verkauf des Kleinstwagens »Smart« und durch die jüngste Rückrufaktion für 1,3 Millionen Mercedes-PKW. Besonders zornig waren sie über die roten Zahlen, die nach anderen Konzernbereichen im vierten Quartal 2004 erstmals auch die »Kernmarke« Mercedes geschrieben hat.

Die finanziellen Verluste seien das Ergebnis einer »seit Jahren völlig verfehlten Produktpolitik«, schimpfte Alexander Dauensteiner von den Kritischen Aktionären. Neben dem viel zu hohen Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß der Mercedes- und Chrysler-Autos habe DaimlerChrysler »bei Hybridantrieben und Dieselrußfiltern von vorneherein auf die falsche Strategie gesetzt und hinkt deshalb der Konkurrenz um Jahre hinterher«. Das Unternehmen hatte erst vor wenigen Wochen angekündigt, künftig Rußfilter für einige seiner PKW-Modelle einzubauen, während andere Hersteller dies seit Jahren tun.

Vorstandsvorsitzender Jürgen Schrempp nutzte Dauensteiners Kritik zu einem viertelstündigen Vortrag über vermeintliche Umweltschutzerfolge seiner Firma. Mit Dutzenden vorbereiteter Schaubilder versuchte er unter anderem zu belegen, daß die durchschnittliche Feinstaubbelastung in Deutschland seit 1980 dramatisch gesunken und die aktuelle öffentliche Diskussion darüber überzogen sei.

Auch die Rüstungsproduktion des Konzerns griffen Kritische Aktionäre heftig an. Neben Militärlastwagen von Mercedes liefert vor allem die europäische Flugzeug- und Waffenschmiede EADS, deren Hauptaktionär DaimlerChrysler mit mehr als 30 Prozent ist, und deren Beteiligungsgesellschaft RTG-Euromunition mit steigender Tendenz Kriegsgerät in alle Welt. Der Vorstand müsse die EADS auf zivilen Kurs führen, forderte der Sprecher der Deutschen Friedensgesellschaft, Jürgen Grässlin. Auf ihrer Internetseite habe die RTG bis Januar 2005 für zwei Typen international geächteter Landminen geworben, so Grässlin. Erst nachdem Kritische Aktionäre die Öffentlichkeit darauf hingewiesen hätten, sei die Werbung gelöscht worden.

Die MTU Friedrichshafen liefere Motoren für Kriegsschiffe an China, berichtete er den Aktionären und fragte: »Wollen Sie mitverantwortlich sein, wenn im Krieg zwischen China und Taiwan Daimler-Chrysler-Motoren zum Einsatz kommen?« Die EADS entwickle die neue Trägerrakete M 51 für Atombomben, wetterte der Friedensaktivist, »und forciert damit das atomare Wettrüsten«.

Den Vorstandschef Schrempp focht diese Kritik nicht an. RTG verkaufe keine Landminen, sondern »Submunition«, und die Trägerraketen seien schließlich nicht von Daimler in das EADS-Konsortium eingebracht worden. Die EADS-Profite streicht Daimler trotzdem gerne ein.

Fünf anhängige juristische Verfahren wegen Menschenrechtsverletzungen möchte der Konzernboß ebenfalls nicht im Detail kommentieren. Dabei ermittelt die Staatsanwaltschaft in Buenos Aires wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen ehemalige Manager von Mercedes-Benz Argentinien, weil sie in die Entführung, Folterung und das »Verschwinden« von linken Gewerkschaftern während der dortigen Militärdiktatur verstrickt sein sollen. Die Staatsanwaltschaft La Plata, Argentinien, verfolgt zudem den damaligen Produktionsleiter der argentinischen Mercedes-Fabrik wegen der illegalen Adoption von Kindern ermordeter Regimegegner. Zu diesen »schwebenden Verfahren« gab Schrempp keinen Kommentar.

Von der Schadenersatzklage der überlebenden Folteropfer und der Hinterbliebenen der ermordeten Argentinier vor dem Bundesgericht in San Francisco habe Daimler zwar erfahren, so Schrempp, halte jedoch »die Anspruchsgrundlagen inhaltlich nicht für erfüllt« und setze sich »gegen die unbegründete Klage mit allen Mitteln zur Wehr«. Als konkretes Mittel wählt der Konzern deshalb auch nicht die Aufklärung der Vorfälle von 1976, sondern juristische Winkelzüge. Beim Oberlandesgericht Nürnberg erwirkte die DaimlerChrysler AG, daß ihr die US-Klage in Deutschland vorläufig nicht rechtswirksam zugestellt wird. Eine endgültige Entscheidung der Nürnberger Richter wird frühestens zum Jahresende erwartet, weshalb sich Schrempp entspannt zurücklehnt.

Auch die Schadenersatzklage von Opfern des früheren südafrikanischen Apartheidregimes mit dem Daimler bis zuletzt blendende Geschäfte machte vor dem Bundesgericht in New York ist dem Daimlerboß keine Auseinandersetzung mit der Konzerngeschichte wert: »Zu Südafrika sage ich gar nichts mehr.«

* Hintergrund: www.kritische-aktionaere.de


Zeitungsbericht »Spießrutenlaufen für den
Daimler-Chef« in Westdeutsche Allgemeine Zeitung
vom 7. April 2005

Von Peter-Paul Weiler

WAZ Berlin. Unter den verbalen Attacken der Aktionärsvertreter knickte Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp ein: »Ich teile Ihre Meinung, dass bei Mercedes-Benz Leistung und Qualität nicht in Ordnung sind.« Auch Smart müsse auf Kurs gebracht werden.

Er wolle sich hinter den Problemen nicht verstecken. Doch sei er überzeugt, Mercedes-Benz sehr kurzfristig wieder dorthin zu bringen, wo die Marke hingehöre. Das vierte Quartal des Vorjahres sei »furchtbar« gewesen, sagte Schrempp. Die Ertragslage bei Smart nannte er »total unakzeptabel«.

Doch nach einem schwierigen ersten Halbjahr 2005 werde Besserung folgen, versprach Schrempp. Entspannung soll vor allem das Kostensenkungsprogramm Core bringen. Bis 2007 sind Einsparungen von drei Milliarden € geplant. Doch die Absatzzahlen sehen nicht gut aus. Im ersten Quartal diesen Jahres wurden mit 226 400 Pkw neun Prozent weniger Mercedes verkauft als im Vorjahreszeitraum.

Entsprechend reichte der Kniefall Schrempps den Aktionären nicht aus. Große Fonds wie Union Investment und SEB Invest, die 16,5 Millionen Daimler-Aktien für ihre Anleger verwalten, wollten dem 60-jährigen Konzernlenker die Entlastung verweigern. Zu viele Wachstums-Versprechen seien in den vergangenen Jahren nicht erfüllt worden, kritisierte SEB Invest-Chef Thomas Körfgen.

Klaus Kaldemorgen, Chef der Fondsgesellschaft DWS Investment, sieht »die Geduld der Aktionäre erschöpft«. Schrempp würde sich immer »erst ins Knie schießen, um danach den Sanitäter zu spielen«. Probleme, »die man sich selbst macht, sind auf Dauer kein überzeugendes Modell«. Kritisiert wurde fast durchgehend, dass der Kleinwagen Smart die Absatzerwartungen noch immer nicht erfüllt, aber eine Spritze von 1,1 Milliarden Euro erhalten soll. Ein Stopp des Engagements sei hier besser.

Moniert wurden auch aktuelle Qualitätsprobleme. So rief Mercedes vor wenigen Tagen 1,3 Millionen Fahrzeuge und damit mehr als eine Jahresproduktion zurück. Die Kritik über einen zu zögerlichen Einbau von Dieselrußfiltern war hingegen schwach, da bis Sommer alle neuen Diesel-Pkw aus Stuttgart den Filter besitzen sollen. Außerdem soll es Nachrüstmöglichkeiten geben. 130 000 Mercedes-Wagen in Deutschland hätten zudem schon den Staubabsorber.

Die harsche Kritik der Fonds wird Schrempp nicht stürzen. Dazu ist der Rückhalt unter den Großaktionären zu groß. Eine Kehrtwende im Konzern werde es nicht geben, glaubt Schrempp-Biograph Jürgen Grässlin. Der Sprecher der Kritischen Aktionäre sagte, »Schrempp zieht das bis in den Untergang durch«. Das Konzept einer »Welt-AG« werde weiter verfolgt. Schrempp habe dafür Aufsichtsrat und Vorstand mit ihm genehmen Mitgliedern versehen.

Viele Kleinaktionäre wollen jedoch Veränderung. Als ein Kleinaktionär rief, Schrempp solle zurücktreten, erhielt er den lautesten und am längsten anhaltenden Beifall. Und ein entrüstetes »Buuh« erwuchs aus tausenden Kehlen, als der Aktionär nach den Bezügen für Schrempps Gattin Lydia fragte. Finanzvorstand Bodo Uebber sagte dazu nur, dass die Ehefrau als Mitarbeiterin im Vorstandsbüro eine branchenübliche Vergütung erhalte.


Zeitungsbericht »Was läuft das schief?«
in Berliner Zeitung vom 7. April 2005

Auf der Hauptversammlung fordern die Aktionäre
Aufklärung über die Probleme des Konzerns.
Schrempps Antworten stellen sie nicht zufrieden

Christian Lipicki

BERLIN, 6. April. Iris Seewald ist unzufrieden. »Ich hatte erwartet, dass die Konzernspitze uns erklärt, wie sie die Qualitätsprobleme bei Mercedes-Benz in den Griff bekommen will«, sagt die in Berlin lebende DaimlerChrysler-Aktionärin. »Wie konnte es dazu kommen? Liegt die Verantwortung beim Konzern oder den Zulieferern? Wie soll das Problem gelöst werden?« Die meisten der auf der Hauptversammlung am Mittwoch in Berlin versammelten über 8.000 Teilnehmer sind mit ähnlichen Fragen ins Messezentrum gekommen. Die Antworten von Konzernchef Jürgen Schrempp darauf konnten sie nicht zufrieden stellen.

»Ich wollte wissen, was im Konzern los ist«, sagt ein extra aus Tübingen angereister Anleger, der sein Geld in der E-Klasse-Produktion verdient. Denn das fragen sie ihn zu Hause immer häufiger - seine Freunde und Bekannten, die von den Schlagzeilen aufgeschreckt worden sind. Fast täglich wird über mangelnde Qualität, Absatzprobleme und dubiose Autogeschäfte bei Mercedes-Benz berichtet. Erst Ende letzter Woche kündigte Mercedes die größte Rückrufaktion in seiner Geschichte an. 1,3 Millionen Autos, etwa eine Jahresproduktion, sollen in den Werkstätten auf mögliche Elektronikmängel überprüft werden. »Wir geben in unserem Job alles, und dann passiert das«, sagt der Mercedes-Mitarbeiter. »Was läuft da schief?«


Schrempp räumt Fehler ein

Nicht nur bei Mercedes-Benz brennt es. Die Kleinwagenmarke Smart steckt in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten: Das Auto frisst mehr Geld, als es einbringt. 2,6 Milliarden € Verluste soll Smart in den vergangenen Jahren aufgehäuft haben. Jetzt soll ein Milliarden schweres Sparprogramm die Finanzlage wieder ins Lot bringen. Trotzdem ist DaimlerChrysler kein Sanierungsfall. Da sind sich alle Beobachter einig. Der Konzern erwirtschaftet Milliardenüberschüsse. »Was uns aber ärgert: Wenn ein Problem gelöst wurde, ist das nächste schon da«, sagt ein Aktionär. Schrempp selbst räumt ein, dass der Vorstand Fehler gemacht habe. Das ist nicht ungeschickt. Es soll den Aktionären signalisieren: Ich verstehe den Unmut.

Diese Strategie erleichterte es Schrempp, die Defizite zu relativieren: nur einzelne Modellreihen seien betroffen, der Aktienkurs hätte sich besser als der der Konkurrenten entwickelt, der Konzern stehe insgesamt gut da, sagt Schrempp. Und was die Qualität der Autos betrifft: »Seit 2002 haben wir die Qualität deutlich verbessert. Was derzeit unsere Werke verlässt, ist so gut wie nie.«

Trotzdem wird es Monate oder Jahre dauern, bis sich die Nobelmarke Mercedes-Benz, einst der Inbegriff für Solidität, wieder ihrer früheren Wertschätzung erfreuen wird. Das jedenfalls glauben viele. Zumal die Gefahr besteht, dass der Qualitätsdebatte eine Sicherheitsdiskussion folgen könnte, sagt der Sprecher der kritischen Aktionäre von DaimlerChrysler, Jürgen Grässlin. »Dann hat der Konzern ein richtiges Problem.«

Schrempp übergeht das Thema. Er verweist lieber darauf, dass auch Konkurrenten mit Qualitätsmängeln zu kämpfen haben. Doch im Unterschied zu BMW und Audi, deren Absätze weiter von Rekord zu Rekord steigen, gingen die Mercedes-Verkaufszahlen zurück. Herausforderungen nennt Schrempp solche gravierenden Probleme. So wie er es sagt, klingen sie harmlos. Für die Aktionäre und Fondsmanager sind sie das jedoch nicht. Im Gegenteil: »Eine Ikone ist Mercedes-Benz längst nicht mehr«, urteilt Klaus Kaldemorgen von Deutschlands größter Fondsgesellschaft DWS. »Schlimm für uns. Die Qualitätsmängel schrecken viele vom Kauf eines Neuwagens ab«, fürchtet ein Anteilseigner, der früher bei Daimler Lkw baute.

Und immer wieder diese Frage: Wie konnte es soweit kommen? Darüber diskutieren die Aktionäre auch, während sie auf der Hauptversammlung nach kostenlosen Würstchen und Kartoffelsalat anstehen. »Die Fusion mit Chrysler ist schuld«, glaubt Peter Thomas. »Mercedes stand doch gut da. Wozu brauchten wir Chrysler?« Das, was der Konzern da hineingesteckt habe, fehle nun für die Weiterentwicklung von Mercedes. »Wenn ich jetzt meine Aktien einlösen müsste, würde ich nur noch ein Drittel des Geldes herausbekommen.«

Zwar geben sich die Aktionäre und Fondsmanager kämpferisch: »Herr Schrempp, das sind fünf Jahre Misswirtschaft«, schimpft SEB-Fondsmanager Thomas Körfgen. Einige Fondsgesellschaften haben schon im Vorfeld angekündigt, dem Vorstand die Entlastung zu verweigern. Schon 2004 entzogen mehr als zehn Prozent der Stimmberechtigten dem Vorstand ihr Vertrauen. Eine symbolische Ohrfeige, mehr nicht.

»Ausrichten können wir de facto fast nichts«, sagt Grässlin. »Das System Schrempp steht. Er hat den Konzernvorstand durch entsprechende Personalentscheidungen auf seine Linie gebracht.« Dort gibt es keine Kritiker mehr. »Der Aufsichtsrat wird von Hilmar Kopper geleitet, einem Vertrauten des Konzernchefs. Was soll Schrempp da passieren?« Das wissen auch die Aktionäre. »Unsere Stimmung schwankt zwischen Frust, Missmut und Enttäuschung«, sagt einer von ihnen.

Am Abend konnte Schrempp dann endgültig aufatmen: Eine klare Mehrheit von 94,59 der Stimmen entlastete ihn und den restlichen Vorstand.


Zeitungsbericht »Die Aktionäre setzen
Schrempp unter Druck«
in Badische Zeitung vom 05.04.2005

Fonds wollen Vorstand von Daimler-Chrysler
nicht entlasten

Von unserem Redakteur Albrecht Beck

FREIBURG. Dem Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp steht eine schwierige Hautversammlung (HV) am Mittwoch in Berlin bevor. Neben den »Kritischen Aktionären« wollen auch mehrere Fondsgesellschaften der Stuttgarter Konzernspitze die Entlastung verweigern.

Offenbar haben die größte Rückholaktion in der Geschichte von Mercedes und die Restrukturierung der Marke Smart die Aktionäre verstimmt. Beide Ereignisse, die unmittelbar vor der HV bekannt wurden, belasten das Ergebnis maßgeblich. Experten schätzen den Aufwand auf 1,5 bis zwei Milliarden €.

Jetzt muss sich Schrempp darauf gefasst machen, dass sich weitere Großanleger zu seinem Konzernkurs quer legen. Bereits im vergangenen Jahr hatten nur 88,49 Prozent des anwesenden Kapitals dem Management die Entlastung erteilt, ein Jahr zuvor waren das noch mehr als 99 Prozent.

Die neuen »Abtrünnigen« sind die Fondsgesellschaft SEB und die Fondsgesellschaft der Genossenschaftsbanken, Union Investment. Beide Fonds zusammen halten rund 16,5 Millionen Daimler-Aktien. Insgesamt sind rund eine Milliarde Daimler-Chrysler-Aktien in Umlauf. Union-Investment-Manager Thomas Meier ist mit der Kursentwicklung der vergangenen Jahre unzufrieden und macht die Spitze des Unternehmens dafür verantwortlich. Die jetzt bekannt gewordenen Qualitätsmängel seien »von der Sorte Eigenbau« und Gift für eine Luxus-Marke wie Daimler. Die Fusion mit Chrysler habe sich nach sieben Jahren für die Anleger nicht ausgezahlt: »Im Gegenteil. Entweder diesseits oder jenseits des Atlantiks müssen Brände gelöscht werden«, sagte Meier.

Auch die größte deutsche Fondsgesellschaft DWS trägt sich mit dem Gedanken, dem Management die Gefolgschaft zu verweigern. Man wolle aber darüber erst entscheiden, wenn die Vorstände auf der HV ihre Konzernpolitik erläutert hätten, sagte DWS-Sprecher Thomas Richter dem Handelsblatt. DWS ist eine Tochter des Großaktionärs Deutsche Bank, deren früherer Vorstandssprecher Hilmar Kopper Chef des Aufsichtsrats von Daimler-Chrysler ist.

Barscher ins Gericht geht der Freiburger Schrempp-Biograf und Sprecher der Kritischen Aktionäre Jürgen Grässlin mit Jürgen Schrempp. »Wir wollen keine verweigerte Entlastung, wir wollen seine Entlassung«, sagte er gegenüber der Badischen Zeitung. Die Kritischen Aktionäre haben eine Fülle von Anträgen zur HV eingebracht. Dass seine Gruppierung nur 1,5 Prozent des Kapitals vertritt, kann Grässlin nicht beirren. Er ist sich darüber im Klaren, dass auf der Hauptversammlung alle Anträge abgeschmettert werden - wie in all den Jahren zuvor. Dennoch blieben die Anträge selten folgenlos, weil später geräuschlos manches von dem umgesetzt werde, was die »Kritischen« gefordert hätten, sagt Grässlin. Ein gutes Beispiel sei der Dieselpartikelfilter, den er jahrelang gefordert habe, und der jetzt endlich komme.

Für Grässlin hat Schrempp den Autokonzern abgewirtschaftet, den Unternehmenswert gemessen am Aktienkurs auf ein Drittel herabgemindert. »Kapitalvernichtung pur«, nennt das Grässlin. Auch sei Schrempp mit seiner Welt AG peinlich gescheitert, die Beteiligungen bei Mitsubishi und Hyundai hätten außer verlorenem Geld nichts gebracht.


Zeitungsbericht »Schrempps Imperium rostet«
in Grenz-Echo, Belgien, vom 5. April 2005

HINTERGRUND

Kaum hat DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp die Schäden in Japan und den USA geflickt, offenbart sich das größte Rostloch im Zentrum seines Imperiums. Ausgerechnet bei Mercedes leidet die Qualität: 1,3 Millionen Fahrzeuge - mehr als eine Jahresproduktion - müssen in die Werkstätten. Zudem entpuppt sich die Kleinwagenmarke Smart als Milliardengrab.

Doch auf der Hauptversammlung am Mittwoch in Berlin werden es nicht mehr nur die Kleinaktionäre sein, die vergeblich, aber lautstark an dem Daimler-Kurs herumnörgeln. Nun haben auch die großen Fondsgesellschaften genug von Schrempps Hiobsbotschaften und wollen ihm zumindest einen Denkzettel verpassen. Die Traditionsmarke Mercedes stehe ebenso wie Smart vor einer »Herausforderung«, betont der 60-Jährige, in dessen Sprachgebrauch noch jedes Desaster zur Herausforderung geschrumpft ist.

Auf dem Weg zu seiner Welt-AG steckte Schrempp schon etliche Rückschläge gut weg. Ob die Probleme der US-Tochter Chrysler, die Finanzkrise bei Mitsubishi, die Schadenersatzklage von US-Milliardär Kirk Kerkorian oder das Mautdebakel: Sein Sicherheitsgurt ist stets der Aufsichtsrat. Der sorgte im vergangenen Jahr trotz heftiger Aktionärskritik dafür, dass Schrempp bis 2008 fest hinterm Lenkrad sitzt. Bis dahin will der gebürtige Freiburger unbedingt beweisen, dass die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler sowie die Expansion nach Asien richtige Entscheidungen waren, auch wenn seine Kollegen im Vorstand eine weitere Finanzspritze für Mitsubishi ausgebremst haben.

»Heute stehen wir vor dem Schrotthaufen der Schremppschen Visionen einer Welt-AG«, sagt Jürgen Grässlin von den Kritischen Aktionär(innen)en. Nun, da mit Mercedes ausgerechnet das Herzstück von Daimler bedroht ist, werden sogar die sonst eher ruhigen Großanleger unruhig...