Textauszüge aus dem Buch des Droemer Verlags
»Das Daimler-Desaster.
Vom Vorzeigekonzern zum Sanierungsfall?«
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Jürgen Grässlin
»Das Daimler-Desaster.
Vom Vorzeigekonzern zum Sanierungsfall?«
Droemer
Inhalt
Vorwort: DaimlerChrysler eine
Baustelle mit Brandherden
Teil I: Das Welt-AG-Desaster
eins. Das Übernahme-Desaster
Die Hochzeit im Himmel
Merger of Unequals
Das Chrysler-Desaster
zwei. Das Asien-Desaster
Profitables Minuswachstum bei Mitsubishi
Schrempps Sieg über sich selbst
Teil II: Das Produkt-Desaster
drei. Das Mercedes-Desaster
Das Qualitäts-Desaster
Ein Herz für die NPD?
Das Smart-Desaster
Das Märchen vom sympathischen
Shareholder-Value-Smart
Das Maybach-Desaster
Das Öko-Desaster
Das Toll-Collect-Desaster
vier. Das Ethik-Desaster
Das MEADS-Desaster
Das Unicef-Desaster
Teil III: Das Graumarkt-Desaster
fünf. Der Fall Gerhard S.
Schrempps Kampfansage
Graumarktgeschäfte eines ehemaligen Daimler-Manns
In der Hölle von Stammheim
Die Odyssee des Kai-Uwe T.
sechs. Acht Limousinen in drei Minuten
Auffällige Gedächtnislücken
Eine schallende Ohrfeige vom Bundesgerichtshof
In dubio pro Daimler?
Feuerwehrmann Zetsche
Teil IV: Das Bilanz-Desaster
sieben. Das Bilanz-Desaster
Das Aktienkurs-Desaster
Das Rendite-Desaster
Das Arbeitsplatz-Desaster
Was Schrempp den Konzern gekostet hat
Das Gehalts-Desaster
acht. Das Rücktritts-Desaster
Das Aufsichtsrats-Desaster
Das Kommunikations-Desaster
Die Deutsche Bank
Profiteur von Schrempps Rücktritt
Insidergeschäften Tür und Tor geöffnet
Aktienoptionen das Selbstbereicherungsprogramm
Quo vadis, DaimlerChrysler?
neun. Offener Brief an Jürgen E.
Schrempp
Nachwort:
Die Ära Schrempp-Kopper
eklatante Fehlentscheidungen, dubiose Geschäfte
Persönliches Nachwort:
Der Konzern und seine Republik
Dank
Anhang
Verzeichnis der Infokästen im Text
Verzeichnis der Abkürzungen
Bildnachweis
Adressen
Verzeichnis ausgewählter Literatur
Vorwort: DaimlerChrysler
eine Baustelle mit Brandherden
Stellen Sie sich einen
Vorstandsvorsitzenden vor, der ungeahnte Erfolge verspricht, dessen Fehlentscheidungen
jedoch zu einem dramatischen Wert- und Arbeitsplatzverlust führen. Einen
Vorstandsvorsitzenden, der dafür über die Jahre hinweg von seinem zwanzigköpfigen
Aufsichtsrat mit wiederholter Vertragsverlängerung, schätzungsweise gut 40 Millionen
Euro Gehaltszuwendungen und Aktienoptionen in nie da gewesener Höhe belohnt wird.
Bei der DaimlerChrysler AG
ist das passiert. Dabei ist dieses Unternehmen nicht eines unter vielen, sondern der
Vorzeigekonzern der Bundesrepublik gewesen. Denn was unter dem
Vorstandsvorsitzenden Jürgen Erich Schrempp und dem Aufsichtsratschef Hilmar Kopper aus
dem Nobelkonzern wurde, sieht so aus, als wäre er erheblich ins Schlingern geraten: Die
gewagte Übernahme von Chrysler, die milliardenschwere Beteiligung bei Mitsubishi und
damit das Scheitern der »Welt AG«, die größte Mercedes-Rückrufaktion aller Zeiten,
die katastrophalen Verkaufszahlen vom Smart bis hin zum Maybach, die jahrelangen
Graumarktgeschäfte, der eklatante Einbruch des Aktienkurses, der dramatische Abbau von
Arbeitsplätzen, der überstürzte Schrempp-Rücktritt, die schamlose Bereicherung der
Führungsebene über Optionsrechte ein Desaster jagte das nächste. Zu Recht wurde
Schrempp von der Business Week angesichts dieser Bilanz zum »schlechtesten Manager«
weltweit gewählt. Der Herr der Sterne mutierte zum Herrn der Scherben und durfte zum
Jahresende 2005 gehen.
Dass sich Jürgen E.
Schrempp trotz einer derartigen Häufung von Misserfolgen jahrelang im Amt halten konnte,
ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass der Aufsichtsrat unter Hilmar Kopper
versagte und seine Kontrollfunktion nicht hinreichend erfüllte. Jetzt ist der
Vorstandsvorsitzende gegangen, und der verantwortliche Aufsichtsratschef soll bleiben?
Nein, auch Kopper soll gehen!
Schrempp hinterlässt eine
Baustelle, auf der gleich an mehreren Stellen offene Brände ausgebrochen sind. Wer zum
Löschen der Brände und zur Sanierung der DaimlerChrysler AG beitragen will, muss die
Missstände schonungslos analysieren und schmerzhafte Entscheidungen treffen. Insbesondere
müssen die Schlüsselfragen beantwortet werden:
- Welche Verantwortung tragen Jürgen E.
Schrempp und Hilmar Kopper für das Ausmaß des Daimler-Desasters?
- Wurden die Aktionäre und die
Öffentlichkeit über die wahre Lage des Unternehmens getäuscht?
- Kann der neue Vorstandsvorsitzende Dieter
Zetsche angesichts seiner Rolle in der Vergangenheit unbelastet an die Aufgabe
herantreten, den Konzern zu sanieren?
- Was muss geschehen, damit DaimlerChrysler
wieder zu dem Vorzeigekonzern wird, der Daimler-Benz einst war?
Zur Klärung dieser Fragen
will dieses Buch in pointierter Form beitragen.
Nachwort: Die Ära
Schrempp-Kopper
eklatante
Fehlentscheidungen, dubiose Geschäfte
Daimler-Benz war und
DaimlerChrysler ist ein Unternehmen, das solche Führungskräfte wie Jürgen Schrempp und
Hilmar Kopper nicht verdient hat.
Auch wenn die Bilanz
insgesamt negativ ist, gab es doch auch freudige Nachrichten, positive Entwicklungen und
beeindruckende Erfolgsgeschichten, allen voran die Ergebnisse im Nutzfahrzeugbereich oder
bei Chrysler nach der milliardenteuren Sanierung. Zuweilen haben Schrempp und Kopper mit
ihrem Engagement zu solch positiven Ergebnissen beigetragen, zuweilen wurden sie ohne ihr
maßgebliches Zutun durch die Leistung anderer bewirkt.
Jürgen E. Schrempp hat die
öffentliche Auseinandersetzung mit mir bislang gemieden wie der Teufel das Weihwasser,
denn er weiß wohl, dass er der größte Kapital- und Arbeitsplatzvernichter in der mehr
als hundertjährigen Firmengeschichte ist. Wenn Schrempp von seiner »Erfolgsbilanz«
spricht, verweist er gerne auf die Milliardenüberschüsse der Jahresbilanzen. Dabei
vergisst er, dass die Übernahme von Chrysler durch Daimler und der gescheiterte Versuch,
eine Welt AG zu schaffen, -Milliarden verschlungen haben, die der Cash-Cow Mercedes
genommen wurden und am Ende bei der Qualitätssicherung gefehlt haben. Letztlich stellt
sich die Frage, wie viel Geld mit der Daimler-Benz AG verdient worden wäre, wenn ihr die
Abenteuer DaimlerChrysler-Mitsubishi-Hyundai erspart geblieben wären.
Der Vorstandsvorsitzende
Jürgen E. Schrempp hat mit seiner Vorgabe, die Nummer eins der Autowelt zu schmieden,
eine mit den üblichen Verkaufsmethoden schier unerreichbare Marge gesetzt. Wird Dieter
Zetsche frühere Graumarktgeschäfte schonungslos aufklären? Im Oktober 2005 legte
Zetsche die Karten auf den Tisch und gestand ein, dass er und andere Führungskräfte
Kenntnis von den ein wenig zwielichtigen Graumarktgeschäften hatten: »Davon wussten alle
mich eingeschlossen.« Aber hat der frühere Vertriebsvorstand Zetsche wirklich nur
davon gewusst? Der Deal zwischen Zetsche und Gerhard Schweinle, bei dem acht CL-Limousinen
den Besitzer wechselten und bei dem man sich kaum vorstellen kann, dass er
tatsächlich in »drei Minuten am Rande eines Formel-1-Treffens« erfolgt sein soll,
spricht eine andere Sprache.
Trotz der jahrelangen
Überproduktion von Fahrzeugen und trotz der Graumarktgeschäfte konnten die gewünschten
Verkaufszahlen nicht erzielt werden, blieben die Bilanzen weit unter den geweckten
Erwartungen. Auch die vermeintliche Trumpfkarte, ohne die Beteiligungen wäre Daimler-Benz
von einem anderen Konzern übernommen worden, sticht nicht, denn unter dem Duo
Schrempp-Kopper verlor DaimlerChrysler rund 50 Milliarden Euro an Wert. Daimler-Benz
allein hingegen hätte aller Wahrscheinlichkeit nach mit der einst weltweit besten
Automarke Mercedes deutlich mehr an Wert gewonnen, Jahr für Jahr Rekorde eingefahren und
neue Arbeitsplätze in großem Umfang geschaffen. Für die DaimlerChrysler AG ist die
Gefahr, übernommen und zerschlagen zu werden, heute weitaus größer als vor der so
genannten Fusion.
Mit Schrempp geht der
Manager des Misserfolgs, und mit ihm muss auch Kopper gehen. Je früher er geht, desto
besser für das Unternehmen. Kopper bis 2007 im Amt zu belassen, ihn gar als geehrten
Aufsichtsratschef zu entlassen, hieße denjenigen zu belohnen, der zusammen mit Schrempp
das Daimler-Desaster zu verantworten hat.
Vieles konnte in diesem
Buch nicht behandelt werden, unter anderem weil wie im Falle des Graumarktskandals
eine Vielzahl von Strafverfahren erst angelaufen ist und manche Recherchen noch
nicht abgeschlossen sind. Hierzu zählt auch der Korruptions- und Betrugsskandal in
mehreren Ländern, der die US-Aufsichtsbehörde SEC zu umfangreichen Ermittlungen
veranlasst hat. Auch die Untersuchungen der Kommission der Vereinten Nationen in der
Frage, ob es im Zusammenhang mit dem »Öl-für-Lebensmittel-Programm« für den Irak
unter Saddam Hussein zu Bestechungen gekommen ist, sind erst angelaufen.
Lange Jahre konnten die
Beschäftigten stolz darauf sein, »beim Daimler« und »beim Benz« zu arbeiten. Ihnen
ist zu wünschen, dass der Konzern unter der neuen Führung zu dem wird, was Schrempp und
Kopper versprochen und nicht gehalten haben: zu einem Unternehmen, das die schönsten,
qualitativ hochwertigsten und ökologisch innovativsten Fahrzeuge mit anständigen
Methoden auf den Markt bringt, zu einem Unternehmen, das damit Werte schafft und
Arbeitsplätze sichert.
Jürgen Grässlin,
Freiburg, im Oktober 2005
Persönliches
Nachwort: Der Konzern und seine Republik
Seit Jahren recherchiere
ich über die Machenschaften von Managern in der deutschen Rüstungs- und
Automobilindustrie und publiziere hierzu Bücher. So verfasste ich 1995 ein mehr als
500-seitiges Taschenbuch mit dem Titel Daimler-Benz. Der Konzern und seine Republik. Darin
vertrat ich die Ansicht, dass die eigentliche Macht nicht in der Bundeshauptstadt Bonn
liege, sondern dass die Daimler-Benz AG in Stuttgart-Möhringen und die Deutsche Bank in
Frankfurt am Main die Schaltzentren der Macht seien. Die Bundeshauptstadt heißt
mittlerweile Berlin und der Konzern DaimlerChrysler, ansonsten hat sich an den
Machtverhältnissen nichts geändert.
Bereits bei früheren
Werken habe ich während des Recherchierens und der Arbeit am Manuskript die Erfahrung
gemacht, dass ein anderes Unternehmen Telefonate abhören und mich von Detekteien
überwachen ließ. Im Fall eines Buches verdichtete sich die Vermutung zur Tatsache, wie
mir einer der renommiertesten deutschen Wirtschaftsjournalisten telefonisch mitteilte, dem
entsprechende Unterlagen gegen Geld zur Veröffentlichung angeboten worden waren.
Die Arbeit an dem
vorliegenden Buch war von drastischen Umständen begleitet. Im Rahmen einer meines
Erachtens juristisch unhaltbaren Hausdurchsuchung wurden mein PC, mein Notebook, letzteres
mit größeren Teilen des Manuskripts dieses Buches, sowie wichtige Notizen von der
Stuttgarter Staatsanwaltschaft beschlagnahmt und die beiden Festplatten kopiert. Auf Grund
ihres Verhaltens in verschiedenen Verfahren, von denen einige auch Gegenstand dieses
Buches sind, muss sich die Stuttgarter Staatsanwaltschaft den Vorwurf einer übergroßen
Nähe zum DaimlerChrysler-Konzern gefallen lassen.
Am 7. September 2005
erhielt ich den Anruf eines Informanten, der mir mitteilte, dass einer der in meinem Buch
kritisierten Daimler-Manager nicht einmal einer auf höchster Ebene
»gegenüber einem Bekannten geäußert hat, er kenne bereits Teile des Buches von Jürgen
Grässlin«. Bis zu diesem Tag hatte ich keine einzige Textpassage per E-Mail verschickt
und ausnahmslos alle Teile des Manuskripts auf meinem vom Netz unabhängigen Notebook
verfasst, das ich auf keiner meiner Recherchereisen mitgenommen habe. An der Aussage
meines Informanten hege ich keine Zweifel. Die Schlussfolgerungen möge jeder für sich
selbst ziehen.