Zu Artikel zu Jürgen E. Schrempp BERLIN, 3. August. Die Nachricht überraschte selbst engste Mitarbeiter. Vor einer Woche gab DaimlerChrysler-Konzernchef Jürgen Schrempp bekannt, dass er seinen Vertrag vorzeitig beenden und Ende des Jahres aus dem Konzern ausscheiden wird. Ein Unternehmenssprecher begründete den Schritt so: »Die Hauptprobleme sind jetzt gelöst. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um zu gehen.« Ein guter Zeitpunkt? Trotz erfolgreicher Sanierung bleibt der US-Hersteller Chrysler wegen des schwierigen Marktes ein Risikofaktor. Mit dem Stopp des Engagements bei Mitsubishi scheiterte ein wichtiger Teil der Welt AG. Die einst als Inbegriff für Solidität geltende Marke Mercedes-Benz kämpft noch immer mit Imageproblemen, weil Qualitätsdefizite auftraten. Und die Kleinwagenmarke Smart verbrennt weiterhin mehr Geld, als sie für den Konzern einfährt. Manche der Probleme sind gelöst, andere nicht. Die Frage bleibt: Warum verlässt einer der mächtigsten deutschen Konzernführer gerade jetzt seine Kommandobrücke? Vieles ist denkbar: Vielleicht sieht Schrempp den Zeitpunkt seines Ausscheidens wirklich als günstig an, weil er ahnt, dass der Konzern künftig schlechter dastehen könnte. Mag auch sein, dass Schrempp genug hat und sich keinen weiteren Anfeindungen mehr aussetzen will. Auf jeden Fall will er den Konzern in Ehren verlassen. Das Magazin Stern brachte nun den Namen von Wolfgang Schrempp, dem jüngeren Bruder des Konzernchefs, in Zusammenhang mit Graumarktgeschäften. Dabei werden Fahrzeuge, die über das normale Händlernetz nicht abzusetzen sind, mit hohen Rabatten an mitunter dubiose Firmen abgegeben. Diese Praxis wird bei vielen Herstellern geduldet. Dabei verdienen vor allem die Zwischenhändler. Wolfgang Schrempp ist für den Vertrieb von DaimlerChrysler in Italien zuständig und war zuvor Leiter der Mercedes-Niederlassung München. Die Spekulationen sind insofern prekär, weil die Staatsanwaltschaft Stuttgart derzeit gegen 17 frühere Mitarbeiter von DaimlerChrysler und Außenstehende wegen Unregelmäßigkeiten innerhalb der Vertriebsorganisation des Konzerns ermittelt. Eine Behördensprecherin sagte, es sei noch nicht klar, ob und wann es zu einer Anklage kommt. Sie betonte zugleich: »Gegen Wolfgang Schrempp wird nicht ermittelt.« Ein Konzernsprecher sagte, »im Abschlussbericht der Konzernrevision zu Unregelmäßigkeiten in der Vertriebsorganisation taucht der Name Wolfgang Schrempp nicht auf«. Und weiter: »Eine Beteiligung an dubiosen Geschäften können wir total ausschließen.« Dem Sprecher der Kritischen Aktionäre DaimlerChrysler, Jürgen Grässlin, reichen diese Antworten nicht. »Viele Spuren in der Graumarkt-Affäre führen zu Wolfgang Schrempp«, behauptet er. »Wie es aussieht, ist er stärker in den Fall verstrickt, als heute sichtbar ist. Das Zentrum der Graumarktgeschäfte in den Jahren 1995 bis 1999 soll in der Mercedes-Niederlassung München gewesen sein.« Was ist, so fragt Grässlin, wenn der seit einem Jahr amtierende Mercedes-Chef und Schrempp-Vertraute Eckhard Cordes auf diese Zusammenhänge gestoßen ist und diese publik machen wollte? Cordes hatte es sich bei seinem Amtsantritt zur Aufgabe gemacht, die Affäre aufzuklären. Nachdem Jürgen Schrempp sein Ausscheiden aus dem Konzern bekannt gab und Chrysler-Chef Dieter Zetsche als Nachfolger benannt wurde, kam heraus, dass auch Cordes den DaimlerChrysler-Aufsichtsrat um die vorzeitige Auflösung seines Vertrages gebeten hat. |