- brennpunkt
»Schrempps
Abgang war unvermeidbar«
Der Konzernchef scheiterte an seiner
Politik und seinem Führungsstil, meint der Schrempp-Kenner Jürgen Grässlin. Sein
Rücktritt ist nicht freiwillig.
taz: Herr Grässlin, glauben sie, dass sein
Abgang bei DaimlerChrysler Jürgen Schrempps eigene Entscheidung war?
Jürgen Grässlin: Nein, ein solcher
Schritt liegt überhaupt nicht im Naturell von Schrempp, Er ist machtbesessen und wollte
DaimlerChrysler zum Autokonzern Nummer 1 in der Welt machen. Das Ziel hat er nicht
erreicht, er ist als Manager gescheitert. Der Druck der Aktionäre, der Börse und der
Deutschen Bank ist so enorm geworden, dass der Rücktritt unvermeidbar war. Meines
Erachtens müsste der Aufsichtsratsvorsitzende Hilmar Kopper ihm folgen. Denn er hat die
Machenschaften von Schrempp über viele Jahre hinweg gedeckt.
Ist Schrempp auch an seinem
Führungsstil gescheitert?
Er hat zwar immer behauptet, dass er keine
Jasager duldet. Gleichzeitig hat er alle, die seine Karriere behinderten, aus dem Weg
geräumt. Und alle, die ihm ernsthaft in seiner Welt-AG-Strategie widersprochen haben, aus
dem Konzern befördert.
Bislang hat aber der Aufsichtsrat zu ihm
gehalten. Jetzt gab es eine sehr kühle Mitteilung aus dem Kontrollgremium. Dabei war die
heute präsentierte Zwischenbilanz doch gar nicht so schlecht.
Für mein Empfinden sind die Zahlen
geschönt. Die E-Klasse läuft desaströs, für die neue S-Klasse liegen nur halb so viel
Bestellungen vor wie prognostiziert. Vom Maybach ist nur ein Drittel dessen verkauft
worden, was erwartet wurde. Das teuerste Desaster ist der Smart mit mehr als 2,5
Milliarden Euro Verlust. Auf der ganzen Produktionspalette läuft es desaströs.
Wird es Schrempps Nachfolger Dieter
Zetsche besser machen?
Nein, die beiden sind sich vom Naturell her
ähnlich.
INTERVIEW: STEPHAN KOSCH