Bericht »Mögliche Insidergeschäfte -
Durchsuchungen bei Daimler und Kritischen Aktionären«
in ngo-online vom 01.09.2005


Zu Artikel zu Jürgen E. Schrempp



Mögliche Insidergeschäfte

Durchsuchungen bei Daimler und Kritischen Aktionären

(ngo) Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat am Donnerstag sowohl Räumlichkeiten der Daimler-Konzernzentrale als auch das Büro der Kritischen Aktionäre (KADC) bei »Ohne Rüstung leben« sowie Privatwohnungen der KADC-Sprecher Russmann und Grässlin durchsucht. Es geht um den Verdacht von Insidergeschäften im Zuge des Rücktrittes des Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp am 28. Juli diesen Jahres. Grässlin hatte mit seiner Aussage, er habe bereits am 16. Juli vom Rücktritt Schrempps erfahren, die Untersuchung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ausgelöst.

Holger Rothbauer, Rechtsanwalt der Kritischen Aktionären, begrüßte die Durchsuchung der Konzernzentrale, nannte die Durchsuchungen bei Russmann und Grässlin aber »völlig überzogen und rechtswidrig« und legte Rechtsmittel ein. Rothbauer nannte es zudem »unverschämt«, dass im laufenden Verfahren gegen Jürgen Grässlin als Beschuldigten ermittelt werde: »Hier wird ein Aufklärer zum Täter gemacht«.

Nach Recherchen des »Handelsblattes« war der Kreis derjenigen, die vorzeitig von dem Rücktritt Schrempp wußten, vermutlich größer als offiziell zugegeben. Nach einer Rekonstruktion, die das Blatt am vergangenen Montag veröffentlichte, sei der Kreis der Mittwisser drei Tage bevor Aufsichtsratschef Hilmar Kopper und Schrempp an die Öffentlichkeit gegangen seien, rapide angewachsen.

So hätte an diesem Montag der Betriebsrat Klemm seine Aufsichtsratskollegen von der Arbeitnehmerseite eingeweiht. Zugleich seien in Schrempps Büro hektische Aktivität ausgebrochen, die für einige unbeteiligte Daimler-Mitarbeiter nur den Schluss zugelassen hätten: »Der Chef geht.«

Als der Börsenhandel am 28. Juli um 9 Uhr begonnen habe, sei der Aufsichtsrat von Daimler zusammengekommen, um den Stabwechsel von Schrempp zu Dieter Zetsche abzunicken. Der Kurs der Autoaktie lag zu dem Zeitpunkt bei 36,50 Euro und nur kleinere Aktienpakete hätten den Besitzer gewechselt, was sich mit der Meldung vom Schrempp-Rücktritt schlagartig geändert hätte. Der Kurs begann rasant zu steigen und endete am Abend mit einem Plus von zehn Prozent.

Die BaFin und die Staatsanwaltschaft Stuttgart fragen sich nun, wer genau vorzeitig von Schrempps Rücktritt gewusst hat und damit sein Wissen möglicherweise für Insidergeschäfte genutzt haben könnte. Deshalb wurde die Durchsuchung vorgenommen.