Zeitungsbericht »Mercedes auf den Hund gebracht«
in die tageszeitung (taz), 11.02.2005


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Mercedes auf den Hund gebracht

Gestern präsentierte DaimlerChrysler das Ergebnis von 10 Jahren unter Vorstandschef Jürgen Schrempp: Mercedes klappert, quietscht und bremst jetzt auch - die Premium-Marke halbiert den Gewinn 2004. Trotzdem steigert DaimlerChrysler den Profit

VON HANNES KOCH

Zehn Jahre nach dem Amtsantritt von Jürgen E. Schrempp als Vorstandsvorsitzender bei der Daimler-Benz AG steckt die Automarke Mercedes-Benz in massiven Problemen. Mit 1,67 Milliarden Euro Gewinn hat Mercedes 2004 noch gut die Hälfte dessen erwirtschaftet, was 2003 unter dem Strich gestanden hatte. Die Marke wieder zu alter Stärke zu führen, habe »oberste Priorität«, sagte Schrempp gestern bei der Jahrespressekonferenz.

Der Umsatz der Mercedes Car Group, zu der auch die Marken Smart und Maybach gehören, ging um knapp 2 Milliarden Euro auf 49,6 Milliarden zurück. Der Absatz von Fahrzeugen habe um 2 Prozent unter dem Vorjahresergebnis gelegen, so Schrempp.

Ein Teil des Ergebnisrückgangs ist auf interne Probleme bei Mercedes zurückzuführen. Mehrmals musste das Unternehmen im letzten Jahr Fahrzeuge zurückrufen, weil Mängel beim Fahren aufgetreten waren. So holte Mercedes in Japan 98.000 Wagen wieder in die Werkstätten, weil einige Fahrzeuge Bremsflüssigkeit verloren hatten. Die Kritischen Aktionäre von DaimlerChrysler führen derartige Probleme auf die Geschäftspolitik unter Schrempp zurück - etwa auf die verlustreiche Beteiligung am japanischen Autobauer Mitsubishi. »Dadurch wurden mehrere Milliarden Euro versenkt. Dieses Geld fehlt jetzt«, sagte Jürgen Grässlin. Die Sparmaßnahmen des Vorstands hätten zu Qualitätsmängeln in der Produktion, Kostendruck auf das Personal und abnehmende Motivation der Beschäftigten geführt.

Nach Einschätzung von Commerzbank-Analyst Adam Collins kommt das Ergebnis bei der Mercedes Car Group außerdem durch Probleme bei der Marke Smart zustande. Dort werden noch immer zu wenige Fahrzeuge verkauft. Nachteilig zu Buche geschlagen hätten außerdem steigende Weltmarktpreise für Rohstoffe wie Stahl sowie der sinkende Kurs des US-Dollars, der die Mercedes-Fahrzeuge in den USA verteuert und den Absatz verringert hätte.

Um die Situation in den Griff zu bekommen, will Mercedes-Chef Eckhard Cordes nun ein neues »Effizienzprogramm« auflegen. Betriebsbedingte Kündigungen von Beschäftigten seien dabei ausgeschlossen, heißt es. Einsparmaßnahmen wie Lohnsenkung oder Arbeitsverlängerung aber nicht.

Ein weiterer wunder Punkt der Bilanz ist der Verlust der Tochter Toll Collect, der mit 472 Millionen Euro zu Buche schlägt. Toll Collect zieht die Maut für Lastkraftwagen in Deutschland ein, wobei der Start wegen technischer Probleme verschoben werden musste.

Der Konzern DaimlerChrysler hat insgesamt einen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro nach Steuern ausgewiesen. Das ist eine Steigerung um 2,1 Milliarden Euro gegenüber 2003. Verbessert hat sich die Gesamtlage, weil die 1998 übernommene US-Firma Chrysler mittlerweile umstrukturiert wurde und bessere Ergebnisse erzielt. Auch die Nutzfahrzeugsparte läuft gut - ein Grund, warum die Zahl der Beschäftigten von 362.000 (2003) auf 384.000 (Ende 2004) stieg. Zum Vergleich: 1999 arbeiteten noch 467.000 Menschen bei DaimlerChrysler.

taz Nr. 7588 vom 11.2.2005, Seite 9, 104 Zeilen (TAZ-Bericht), HANNES KOCH