JG-INFOMAIL »'Wir sind der Überzeugung,
dass es zu einer Anklageerhebung kommt.'
Volker Teigelkötter, Rechtsanwalt von Heckler & Koch;
Presseschau und Kurzkommentar von JG
zum Prozess gegen Heckler & Koch
vor dem Arbeitgericht Villingen am 3. Dezember 2013«



Presseschau und Kurzkommentar von JG
zum Prozess gegen Heckler & Koch
vor dem Arbeitgericht Villingen am 3. Dezember 2013

»Wir sind der Überzeugung, dass es zu einer Anklageerhebung kommt.«
Volker Teigelkötter, Rechtsanwalt von Heckler & Koch,
zum 2014 bevorstehenden Prozess wegen Verletzung
des Kriegswaffenkontrollgesetzes und Außenwirtschaftsgesetzes

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

der Arbeitsrechtsprozess zweier fristlos gekündigter Mitarbeiter gegen Heckler & Koch vor dem Arbeitsgericht Freiburg, Außenstelle Villingen, am 3. Dezember 2013 war äußerst aufschlussreich und offenbarte einen tiefen Einblick in die illegalen Machenschaften von H&K im Fall Mexiko.

Erfreulicher Weise wurden gleich mehrere neue Akteure in der Handlungskette widerrechtlicher Waffenexporte benannt, zahlreiche unglaubliche neue Fakten kamen ans Taglicht. Diese belasten sowohl die sogenannten »Rüstungsexportkontrollbehörden« als auch die Führungskräfte von H&K. Aussagen im Verlauf des Villinger Arbeitsgerichtsprozess erhärteten auch den Verdacht gegenüber dem früheren Mexiko-Beauftragten bei LAMAR, Markus Bantle.

Schon jetzt lässt sich zwischenbilanzieren: Das Experiment Mexiko der Bundesregierung (einzelne Bundesstaaten dürfen mit Kriegswaffen beliefert werden, andere nicht) ist folgenschwer gescheitert. Schlimmer noch: Der Endverbleib der Waffen wird nicht kontrolliert. Endverbleibserklärungen wurden zuweilen zeitlich befristet ausgestellt (»Haltbarkeitsdatum«) bzw. Exportverbote auf »Zuruf« erteilt.

Zahlreiche Medienvertreter/innen von Fernsehsendern (ARD brisant und SWR Fernsehen Abendschau/Landesschau) und Radiosendern (SWR, Deutschlandradio) sowie Zeitungsjournalisten aus ganz Deutschland verfolgten den rund zweieinhalbstündigen Prozess. TV, Radio sowie Internetzeitungen berichteten noch am Abend, Printmedien tags darauf. Einige der Berichte fehlen hier noch, z.B. ZEIT (wird noch publiziert) und tageszeitung/taz vom 04.12.2013.

Der Skandal um die illegalen G36-Gewehrlieferungen wird die deutsche Justiz noch intensiv beschäftigen. Im Frühsommer 2014 ist damit zu rechnen, dass der Stuttgarter Staatsanwalt Peter Vobiller Anklage gegen Verantwortliche bei H&K erhebt. In diesem Sinne erklärte Volker Teigelkötter, Rechtsanwalt für Heckler & Koch, am 3.12.2013 vor dem Arbeitsgericht Villingen durchaus nachvollziehbar: »Wir sind der Überzeugung, dass es zu einer Anklageerhebung kommt.«

Dann allerdings geht es nicht um arbeitsrechtliche Fragen, sondern um die Problematik der Verletzung des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KWKG) und Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) mit möglichen Haftstrafen ab zwei Jahren aufwärts.

Mit friedlichen Grüßen

Jürgen Grässlin,
RüstungsInformationsBüro (RIB e.V.), DFG-VK,
Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel

PS: Die Friedensbewegung war beim Prozess zahlreich vertreten, das Transparent von »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!« in allen TV-Berichten bestens zu sehen.


Fakten zu den illegalen G36-Gewehrlieferungen
in verbotene Provinzen Mexikos

Nach umfassenden Vorrecherchen stellte ich am 19. April 2010 über meinen Tübinger Rechtsanwalt Holger Rothbauer Strafanzeige gegen Verantwortliche des Oberndorfer Gewehrherstellers und -exporteurs Heckler & Koch (H&K). Längst hat sich der Verdacht bestätigt: Wie das mexikanische Verteidigungsministerium mitteilte, hat das Land mindestens 9652 G36-Gewehre von H&K erhalten – und damit mehr als der deutschen Öffentlichkeit mitgeteilt wurde! Unglaubliche 4796 Sturmgewehre – die Hälfte! – wurden verbotener Weise in Unruheprovinzen mit dramatischer Sicherheitslage geliefert.

Nach zwei Hausdurchsuchungen seitens der Staatsanwaltschaft Stuttgart mit dem LKA Baden-Württemberg bzw. dem Zollkriminalamt in Köln sah sich H&K-Unternehmensführung im April 2013 zum Handeln gezwungen: Zwei Mitarbeiter wurden fristlos gekündigt: ein ehemaliges Mitglied des H&K-Vorführteams in Mexiko und eine Sachbearbeiterin aus Oberndorf. Sie wehrten sich beim Arbeitsgerichtsprozess am 3. Dezember 2013 in Villingen gegen den Vorwurf illegalen Handels und fordern ihre vorläufige Weiterbeschäftigung.

Augenscheinlich sollen sie von H&K als Bauernopfer an den Pranger gestellt werden. Ganz anders Peter Beyerle, der vormalige Präsident des Landgerichts Rottweil (das im Falle illegaler Waffendeals von H&K zuständig ist). Er wechselte nach seiner Pensionierung vom Landgericht Rottweil zu H&K, wo er als Geschäftsführer und Kriegswaffenkontrollbeauftragter den Mexiko-Deal bei den deutschen Ausfuhrbehörden beantragte und damit maßgeblich mitverantwortet. Herr Beyerle ist inzwischen zurückgetreten.

Die Hintergründe der widerrechtlichen Waffenexporte von Heckler & Koch nach Mexiko beleuchte ich umfassend im »Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland am Krieg verdient« siehe Kapitel 6 »Mexiko – illegale G36-Lieferungen in Unruheprovinzen«, S. 441 bis 486.