Bericht »Durchsuchung bei Jürgen Grässlin«
in Badische Zeitung vom 02.09.2005


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Durchsuchung bei Jürgen Grässlin 

Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen Insiderhandel

Von unserem Redakteur Bernd Kramer

FREIBURG/STUTTGART. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen des Verdachts auf Insiderhandel mit Daimler-Chrysler-Aktien und der unerlaubten Weitergabe von Insiderinformationen. Gestern wurden die Wohn- und Arbeitsräume von vier Beschuldigten durchsucht, darunter auch von Daimler-Kritiker Jürgen Grässlin. Der Freiburger hatte behauptet, schon vor der Bekanntgabe des Rücktritts des Daimler-Chrysler-Chefs Jürgen Schrempp davon erfahren zu haben. Damit waren nach Einschätzung von Grässlin Insidergeschäften Tor und Tür geöffnet.

Es bestehe der Verdacht, dass der zu erwartende Abgang von Schrempp »bereits im Vorfeld der wertpapierlich vorgeschriebenen Ad-hoc-Meldung unberechtigt an Dritte weitergegeben wurde«, heißt es in der Mitteilung der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Die Beamten stellten bei den Durchsuchungen Unterlagen sicher, die in den kommenden Wochen ausgewertet werden sollen.

Bei den weiteren Beschuldigten handelt es sich nach Angaben der Wirtschaftswoche um Vorstandsmitglied Rüdiger Grube und Kommunikationschef Hartmut Schick. Ebenso wurden Räumlichkeiten von Paul Russmann durchsucht, der wie Grässlin der Vereinigung »Kritische Aktionäre Daimler-Chrysler« angehört. Ein Daimler-Chrysler-Sprecher wollte die Namen nicht bestätigen. Die Staatsanwaltschaft hatte ebenfalls keine Namen genannt.

Jürgen Grässlin zeigte sich schockiert über die Durchsuchung. Er sagte zum Besuch der Behörden: »Da wird der Aufklärer zum Täter gemacht.« Grässlin hat nach eigener Aussage das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) mit Hintergründen zu seiner Behauptung versorgt. Bei der Durchsuchung habe er den Behörden auch seine Informationsquelle genannt, sagte Grässlin. Das Bafin prüft seit Wochen, ob in Zusammenhang mit Schrempps Rücktrittsankündigung illegal mit Aktien gehandelt wurde. Hinweise des Bafin bewogen die Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen.

Grässlin wird eine Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss einlegen. Die Vorwürfe, er sei unberechtigt Insider gewesen oder habe ungerechtfertigt Informationen weitergegeben, seien rechtlich nicht haltbar, sagt Grässlin.

Daimler-Chrysler hatte bestritten, dass Grässlin vorab über Schrempps Rücktritt informiert gewesen sei und deshalb juristische Schritte gegen den Buchautor eingeleitet.