Zu Artikel zu Jürgen E. Schrempp
Aktionärsschützer schließen Insiderhandel bei DaimlerChrysler nicht aus. Der Sprecher der Vereinigung Kritischer Aktionäre will von zwei Führungskräften wissen, die sich bereichert haben sollen.
Im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Rücktritt des Konzernchefs von DaimlerChrysler, Jürgen Schrempp, könnte es nach Ansicht der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) zu Kursmanipulationen und Insiderhandel gekommen sein. »Ich halte das für möglich«, sagte DSW-Sprecher Jürgen Kurz am Mittwoch der Netzeitung. »So extreme Kursbewegungen sind natürlich eine große Versuchung für diejenigen, die Bescheid wissen.«
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat eine förmliche Untersuchung des Aktienhandels mit DaimlerChrysler-Papieren eingeleitet. Einzelheiten wollte die Behörde am Mittwoch allerdings nicht nennen. Der Kurs der DaimlerChrysler-Aktie hatte nach dem angekündigten Rückzug von Schrempp um mehr als zehn Prozent gewonnen.
Aufgekommen ist der Verdacht auch durch Jürgen Grässlin, Sprecher des Dachverbandes Kritischer Aktionäre bei DaimlerChrysler: »Ich wurde schon am 16. Juli telefonisch über den bevorstehenden Rücktritt von Herrn Schrempp informiert - zwölf Tage vor der Öffentlichkeit«, sagte er im Gespräch mit der Netzeitung.
»Wenn ich als Sprecher der Kritischen Daimler-Aktionäre darüber vorab in Kenntnis gesetzt worden bin, dann haben mit größter Wahrscheinlichkeit auch viele andere im Unternehmen davon gewusst.« Die Bafin hat Grässlin zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert, der er nach eigenen Angaben nachgekommen ist. Schrempps Rücktritt wurde am 29. Juli offiziell bekannt gegeben.
Grässlin behauptet, einen Tag nach dem Rücktritt einen weiteren Anruf erhalten zu haben und darüber informiert worden zu sein, »dass sich zwei Führungskräfte über Dritte mit Insidergeschäften bereichert haben«. Einer davon sitze im Vorstand des Konzerns, der andere sei »eine Schrempp nahe stehende Führungskraft«. Über Details und die Quelle seiner Informationen schweigt Grässlin.
Auf die Vorwürfe von Grässlin sagte DSW-Sprecher Kurz: »Ich kenne Herrn Grässlin nicht und ich habe auch noch nie etwas von den Kritischen Aktionären bei DaimlerChrysler gehört.« Deshalb seien die Behauptungen Grässlins für ihn schwer einschätzbar.
Nach Ansicht von Grässlin gibt es »zwei Fraktionen» im Konzern: die enttäuschte Cordes-Fraktion und eine Schrempp-Fraktion. »Unter ihnen sind wohl einige, die der jeweils anderen Seite noch eines auswischen wollen«, fügt er an. »Das würde erklären, warum man die Kritiker des Unternehmens über Interna informiert.«
Der DSW-Sprecher zweifelt indes daran, dass »Herr Grässlin wirklich zu dem Kreis gezählt hat, der schon vorher über Schrempps Rücktritt informiert war«. Sollte dies allerdings der Fall gewesen sein, habe er sich als »charakterstark« erwiesen.
Kurz ist der Ansicht, dass sich Insiderhandel nicht endgültig ausräumen lässt. Dem Anlegerschutz-Verbesserungsgesetz zufolge geht es vor allem darum, die Zeit zwischen der Information und der offiziellen Bekanntgabe so kurz wie möglich zu halten. So müssen unternehmensbezogene Daten wie Berichtszahlen und Bilanz zeitnah veröffentlicht werden. Doch Schrempps Ankündigung sei eben ein Sonderfall gewesen, betonte Kurz.
Das Gesetz schreibt zudem ein Insider-Verzeichnis vor, in welchem aufgeführt sein soll, wer wann welche Informationen hatte. »Da wird vermutlich die Sekretärin genannt sein, vielleicht auch der Chauffeur, aber der Tennispartner taucht vermutlich nicht mehr auf«, gab Kurz zu Bedenken.