Artikel
»Wird die Daimler-Minen-Produktion Die
Kritischen AktionärInnen DaimlerChrysler (KADC)
Artikel »Wird die
Daimler-Minen-Produktion Der Daimler-Benz-Konzern begrüßt das
Ottawa-Abkommen über ein uneingeschränktes Verbot von Anti-Personenminen. Dies erklärte
Vorstandsvorsitzender Jürgen Schrempp auf der Aktionärsversammlung am 27. Mai 1998 in
Stuttgart. Gleichzeitig deutete er an, daß die Produktion der Panzerabwehrrichtmine PARM
bei der Daimler-Tochter TDA/TDW in Schrobenhausen in diesem Jahr ausläuft. Dieses
öffentliche Bekenntnis ist bemerkenswert, denn es kommt vom größten deutschen
Rüstungsproduzenten und einem der weltweit technologisch führenden Hersteller moderner
Panzerminen. Es ist dies ein Erfolg der Kampagne »Daimler-Minen Stoppen«, die in
Zusammenarbeit mit den Kritischen AktionärInnen Daimler-Benz dieses Thema bereits zum
wiederholten Male auf einer Aktionärsversammlung des Konzerns angesprochen und mit guter
Pressearbeit und öffentlichen Aktionen begleitet hat. Bis vor kurzem hatte der Konzern
noch behauptet, keine Landminen zu produzieren, mußte dann aber die Herstellung von
Panzerabwehrrichtminen zugeben, wobei Konzernsprecher betonten, es handele sich nicht um
Anti-Personenminen, sondern um »automatisierte Panzerfäuste«. Nun sieht es tatsächlich
so aus, als würde sich auch Daimler-Benz der allgemeinen, auch bei der Bundeswehr
üblichen Sprachregelung anschließen, nach der zur Gattung der Landminen neben
Anti-Personenminen auch Panzerabwehrminen gehören. Die Kritischen AktionärInnen setzten
Daimler-Chef Jürgen Schrempp nicht nur mit dem Minenthema zu. Die katastrophale
Ökobilanz der Mercedes-Fahrzeuge, dubiose Fahrzeuggeschäfte im sog. Schwarzlichtmilieu,
Rüstungsproduktion und -exporte allgemein sowie der möglicherweise drohende Verlust
tausender Arbeitsplätze im Gefolge der Fusion mit dem US-Autohersteller Chrysler waren
weitere Themen. Sie wurden mit großem Sachverstand höflich und sachlich vorgetragen.
Ebenso höflich im Ton aber hart in der Sache wies Jürgen Schrempp die Kritik zurück.
Doch ein aufmerksamer Beobachter konnte leise Anzeichen dafür entdecken, daß steter
Tropfen tatsächlich den Stein höhlt. Der KAD, bisher eher lästiger Stachel im Fleisch
des Giganten hat sich zum respektierten Gegner gemausert, dessen unbestreitbare
Sachkompetenz auf fast alle konzernrelevanten Gebieten (Geschäftspolitik allgemein,
Ökologie, Rüstung, Menschenrechte, Soziales) anerkannt wird. Während draußen vor der Halle, begleitet
von rhythmischen Trommelklängen, der 16-seitige alternative Geschäftsbericht verteilt,
mit Transparenten auf die »neue M-Klasse, den Mercedes unter den Minen« hingewiesen und
Geld für Minenopfer gesammelt wurde, brachte drinnen Jürgen Grässlin den ansonsten
außerordentlich souverän agierenden Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp mit seinen
Bedenken gegen die Übernahme von Chrysler und Vorwürfen wegen der umstrittenen
Maßnahmen zur Senkung des Krankenstandes im Werk Sindelfingen beinahe aus der Fassung.
Hatte sich Schrempp in seiner Eingangsrede noch damit gebrüstet, 1997 über 12.000
zusätzliche Stellen geschaffen zu haben, mußte er auf Nachfragen zugeben: Von 1990 bis
1997 hat der Konzern 77.000 Arbeitsplätze abgebaut, davon allein 40.000 in den kritischen
Jahren 1993 bis 1995. Bereits am Vortag hatte der KAD ein
Geheimnis gelüftet und an die Medien weitergeleitet, das Daimler-Benz gerne noch länger
gehütet hätte: den vom Konzern verhängten Entwicklungsstopp für ein verbrauchsarmes
Zwei-Liter-Auto. KAD-Verkehrsexperte Alexander Dauensteiner warf dem Konzern vor, das
Konzept in der Schublade verschwinden lassen zu wollen. Der Konzern konnte nur noch
bestätigen: Ja, es gebe das Zwei-Liter-Auto von Daimler-Benz, es passe nur nicht in die
Produktpalette. Kein Wunder, denn diese besteht aus spritfressenden Klimakillern mit einem
Flottenverbrauch von elf Litern auf 100 Kilometern dem höchste Verbrauchswert
aller deutschen PKW-Hersteller. Der Vorstand war sichtlich geschockt, doch Schrempp ging
in die Offensive. Er lud den KAD-Sprecher zum Fachgespräch in die Mercedes Forschungs-
und Entwicklungsabteilung ein. Ein aus Sicht der Kritischen AktionärInnen überraschendes
diesmal von Seiten des Konzers unterbreitetes Dialogangebot. Im Rüstungsbereich, dem klassischen
Betätigungsfeld der Kritischen AktionärInnen (sie gründeten sich 1991, als Daimler-Benz
mit der Übernahme von MBB massiv ins Rüstungsgeschäft einstieg) ist der kritische
Dialog dagegen seit geraumer Zeit ins Stocken geraten. Daimler-Benz mauert. Man will sich
nicht in die Karten schauen lassen, vor allem jetzt, da auch Fusionen in der
Rüstungssparte anstehen. Immerhin, teilweise erhielten die Kritiker am 27. Mai auf
konkrete und präzise gestellte Fragen konkrete Antworten. Der Export von Daimler-Rüstung
sei zurückgegangen, Ausfuhrgenehmigungen seien erteilt worden nach Nahost und Afrika,
wobei Daimler Auskunft über Art und Umfang der Exporte verweigert. Der Rüstungsumsatz am
Gesamtumsatz der DASA beträgt 32 Prozent, das sind etwa fünf Milliarden Mark. Im
Fahrzeugbereich wurde 1997 kein Umsatz mit Dual-use-Gütern gemacht, wohl aber im Bereich
Nachrichtentechnik (Funksatelliten). Die DASA wirbt in allen einschlägigen nationalen und
internationalen Militärzeitschriften für ihre Waffen. 1997 habe der Konzern 1,5
Millionen Mark Forschungs- und Entwicklungsgelder aus dem Verteidigungshaushalt erhalten. Hatte Schrempp in den vergangenen Jahren
Fragen zur Landminenproduktion noch mit der Behauptung »Wir produzieren keine Landminen«
vom Tisch zu wischen versucht, so gab er diesmal bekannt, daß die Produktion der PARM 1
in diesem Jahr auslaufen werde und die weitere Entwicklung der PARM 2 »eingefroren« sei.
Grund: Diese verbesserte Mine soll ab 2005 von einem internationalen Konsortium unter
Führung des Konkurrenten Dynamit-Nobel unter dem Markennamen ARGES für die Bundeswehr
gebaut werden. Es gebe weiterhin keine Entwicklungsaufträge für Minen, versuchte
Schrempp die Aktionäre zu beruhigen. Als der Redner der Kritischen AktionärInnen die
Aufgabe der ethisch unvertretbaren und imageschädigenden Minenproduktion forderte, gab es
Applaus in der ganzen Halle. Mit dem Slogan »Wir wollen keine Daimler-Chrysler Landminen
AG« konnten sich viele identifizieren. Dank des vielfältigen, bundesweiten
Protests und der tausenden von Briefen, die an den Konzern geschickt wurden, dank
zahlreicher öffentlicher Aktionen und Veranstaltungen, dank der Unterstützung durch
andere Organisationen und der Kirchen (z.B. hatte noch am 16. Mai die Synode der
Evangelischen Kirche der Pfalz eine Resolution für ein Verbot aller Arten von Landminen
verabschiedet, in der die PARM ausdrücklich erwähnt wurde!) und dank einer in dieser
Frage sensibilisierten Öffentlichkeit ist die Kampagne Daimler-Minen Stoppen ihrem Ziel,
dem vollständigen und endgültigen Ausstieg von Daimler-Benz aus der Minenproduktion ein
gutes Stück näher gekommen. Doch noch immer hat Daimler-Benz den
Ausstieg aus der Minenproduktion nicht unmißverständlich erklärt. Weiterhin werden in
Schrobenhausen Lenkwaffenantriebe und intelligente Munitionen hergestellt. Selbst wenn die
DASA ab 1999 keine Panzerabwehrminen mehr herstellen sollte, hält sie sich die Option auf
spätere Produktion und Weiterentwicklung von Minen offen. Es heißt also, wachsam sein
und alle rüstungsrelevanten Aktivitäten und Veränderungen im Konzern weiter genau
beobachten! Und selbstverständlich: ein Verbot aller Arten von Landminen zu fordern,
einschließlich der modernen Anti-Fahrzeugminen. Ein wichtiges Teilziel ist erreicht. Wenn
bis zum 1. September die anvisierten 100.000 Unterschriften unter den Appell »Keine Mark
für neue Minen« gesammelt und an den Außenminister übergeben sind, kann bilanziert
werden, ob die Kampagne »Daimler-Minen Stoppen« ein Erfolg war.
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