Zu Artikel zu Jürgen E. Schrempp
In der Gerüchteküche brodelt es nicht nur, es kocht über: Nach der vorzeitigen und schwer erklärlichen Rücktrittsankündigung von DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp in der vergangenen Woche machen allerlei Spekulationen über die Gründe für den Abgang die Runde.
Der Konzern wehrt sich jetzt sogar mit Unterlassungsklagen gegen einige Aussagen. Unregelmäßigkeiten in Nigeria und Südafrika, in die Schrempp verwickelt sein soll? Der Druck von Josef Ackermann, dem Chef des Großaktionärs Deutsche Bank? Das Drängen mehrerer institutioneller Investoren, die mit dem dümpelnden Aktienkurs unzufrieden waren? Hedge Fonds? Eine Krankheit? Oder einfach nur die Sehnsucht nach dem Ruhestand? Theorien für das plötzliche Ende von Schrempp als Topmanager gibt es viele. Harte Belege gibt es aber noch für keine der Geschichten. Schrempp, die Pressestelle des Konzerns und DaimlerChrysler-Aufsichtsratschef Hilmar Kopper sind überrascht, dass die Geschichte vom lange eingefädelten Ruhestand ohne Abfindung, ohne anschließendes Mandat im Aufsichtsrat und ohne Dankesformel niemand so recht glauben mag. Deshalb wurden am Sonntag die größten Kaliber in Stellung gebracht: Schrempp erklärte sich im »Focus«, Kopper gab ein Interview im Konkurrenzblatt »Spiegel«.
Die beiden Gespräche brachten aber nur wenig Neues. Außer der Erkenntnis, dass das Fehlen der sonst üblichen Dankesformel in der Pressemitteilung zum Schrempp-Abschied eine Panne sein soll. Schrempp habe die Mitteilung selbst mitformuliert und wollte sich nicht selber loben, erklärte Kopper in seinem Interview. Dadurch sei der Eindruck entstanden, Schrempp sei rausgeschmissen worden. »Ich bin todunglücklich«, sagte Kopper dazu. Die Erklärungsversuche der beiden Topmanager haben die Zweifler nicht überzeugt. »Die können sagen, was sie wollen. Schrempp ist überrollt worden. Ich weiß nur nicht von wem oder von was«, sagte einer, der Drähte in den Vorstand hat. Die Vertreter der Gruppe »Kritische Aktionäre DaimlerChrysler« wittern im Zusammenhang mit der Rücktrittsankündigung und dem daraufhin in die Höhe geschossenen Aktienkurses Insiderhandel. Gegen den Sprecher der Gruppe, Jürgen Grässlin, versucht DaimlerChrysler derzeit eine Unterlassungserklärung zu erwirken. Unter anderem, weil er behauptet, er habe schon länger von dem Rücktritt gewusst und er glaube nicht, dass dieser freiwillig sei.
Spekulationen, Schrempp sei mit Tarnfirmen in krumme Geschäfte in Afrika verwickelt, bezeichnete ein Konzernsprecher am Sonntag als »blanken Unsinn«. Einige Informationen gehen dahin, dass Schrempp zwar kein Täter sei, aber Mitwisser. Konkretes ist aber nicht bekannt. Auch den Verdacht, die fehlende Abfindung könne ein Hinweis auf einen Rauswurf sein, versteht die Daimler-Welt nicht: »Was wäre bloß in den Medien los gewesen, wenn Herr Schrempp mit zig Millionen gegangen wäre?«, fragt sich ein Aufsichtsrat. So ganz unrecht hat der Mann da sicher nicht.