JG-ARGUMENTATIONSHILFE
»KEINE KRIEGSWAFFEN IN DEN IRAK LIEFERN
– SOFORT HUMANITÄR HELFEN, POLITISCH UMSTEUERN.
Warum der Beschluss zur Lieferung deutscher Kriegswaffen
in den Irak fundamental falsch ist und
was stattdessen getan werden muss« vom 24.08.2014


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Keine Kriegswaffen in den Irak liefern –
aktiv humanitär helfen, politisch umsteuern

Warum der Beschluss zur Lieferung
deutscher Kriegswaffen in den Irak fundamental falsch ist
und was stattdessen getan werden muss

<< E i n e A r g u m e n t a t i o n s h i l f e >>

»Der Beschluss, ein Kontingent Waffen zu liefern, fällt offenbar leichter
als der Beschluss, ein Kontingent Flüchtlinge aufzunehmen.«
Heribert Prantl in seinem Artikel
»Falsch, falscher, am falschesten«
in der Süddeutschen Zeitung vom 21.08.2014

Der Beschluss der Bundesregierung vom 20. August 2014 und die Stellungnahme von Bundeskanzlerin Angela Merkel im ARD-Interview vom 24. August 2014, kurdische Kämpfer im Norden des Iraks mit deutschen Kriegswaffen hochzurüsten, setzt die Jahrzehnte währende Tradition deutscher Kriegswaffenlieferungen in Krisen- und Kriegsgebiete ungehemmt fort. Neu ist, dass ein nichtstaatlicher Akteur in einem Krieg beliefert wird.

Einmal mehr exportiert Deutschland Kriegswaffen und Rüstungsgüter in das Pulverfass Nahost, eine Region, in der es an vielem mangelt, am allerwenigsten aber an Waffen. Die Behauptung Menschenrechte im Irak und Region des Mittleren Osten schützen zu wollen, ist angesichts der langjährigen Waffenlieferungen an menschenrechtsverletzende Staaten – auch in dieser Region – heuchlerisch und verlogen. Waffenexporte dagegen wirken mittel- und langfristig destabilisierend, sie sind somit äußerst verantwortungslos und im Endeffekt kontraproduktiv.

Deutschland muss endlich auf allen Ebenen Verantwortung als Weltfriedensmacht definieren. Diese Zielvorgabe schließt Waffenlieferungen definitiv aus und verlangt stattdessen politische Einflussnahme auf die befreundeten Staaten Türkei, Saudi-Arabien und Katar, die die Terroreinheiten der IS ausrüsten bzw. finanzieren. Und sie verlangt von Deutschland eine Vervielfachung humanitärer Leistungen und der Flüchtlingsaufnahme. Genozide müssen aktiv verhindert werden – genau deshalb bedarf es der Schaffung von Fluchtwegen und der aktiven Fluchthilfe, verbunden mit massiver humanitärer Unterstützung.

Gegen Waffenlieferungen in den Irak sind folgende Argumente geltend zu machen:

Zentrale Argumente gegen erneute Waffenlieferungen
in das Pulverfass Nahost

Fazit und Forderungen:
Ja, wir können nicht wegschauen, wir müssen handeln!

Umfassendes Waffenexportembargo verhängen –
vorhandene Waffen verschrotten –
umfassend humanitär helfen –
zahlreich Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien aufnehmen

Schwere Menschenrechtsverletzungen, wie Folter und Vergewaltigungen, Morde und Massenexekutionen sind zurzeit auf mehr als 30 Kriegsschauplätzen der Welt an der Tagesordnung. Leider stellen die aus dem Irak berichteten Szenarien in diesem Sinne keine Ausnahmeerscheinung dar. Einen entscheidenden Beitrag zu derart menschenverachtenden Handlungen und zur Gewalteskalation sind Waffenlieferungen der führenden Industriestaaten. Terrorgruppen, wie beispielsweise die IS, besitzen in der Regel keine eigenen Waffenfabrikationsanlagen. Sie erhalten Kriegswaffen von befreundeten Staaten und Beutewaffen, z.B. US-Waffen bei der Einnahme der Stadt Mossul.

Wer aber weitere Waffen in den Irak liefert oder Kombattanten finanziell unterstützt, macht sich mitschuldig am Massenmorden im Irak – jetzt und in den kommenden Jahrzehnten. Wer Terrorismus auf Dauer ausbluten, menschenrechtsverletzende Regierungen zur Umkehr bewegen und Diktatoren zum Abdanken zwingen will, der muss den Repressoren die Machtinstrumente ihrer Gewaltherrschaft entziehen. Wer sich nach der jahrelangen Beihilfe zum Massenmorden durch Rüstungsexporte endlich gewissenhaft und glaubwürdig für Demokratie und Frieden einsetzen will, muss letztlich die Strukturen einer ungerechten Weltwirtschaftsordnung ändern.

Die Umsetzung dieser langfristigen Zielvorgabe kann nicht abgewartet werden. Die Bundesregierung muss den notleidenden Menschen im Irak kurz- und mittelfristig helfen. Sie muss…

Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der Wochenzeitschrift stern befürworten lediglich 30 Prozent der Befragten Waffenlieferungen an die Peschmerga, 63 Prozent lehnen diese ab (Stand 20.08.2014). Wir fordern die Bundesregierung nachdrücklich auf, dem Mehrheitswillen der bundesrepublikanischen Bevölkerung nachzukommen und den notleidenden Menschen im Irak umfassend humanitär zu helfen – keinesfalls aber mit der Lieferung von Kriegswaffen.

Jürgen Grässlin
ist Sprecher der Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!«, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Sprecher der Kritischen AktionärInnen Daimler (KAD) und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.).

Kontakt: j.graesslin@gmx.de; Tel. 0761-7678208; Web: www.juergengraesslin.com

Anm. 1: In diese Argumentationshilfe wurden Anregungen von Friedensfreundinnen und Friedensfreunden aufgenommen – besten Dank für die Unterstützung. Bitte beachten Sie auch die Presseerklärung »Keine Kriegswaffenlieferungen in den Irak – Grenzen für Flüchtlinge öffnen« von Paul Russmann und Jürgen Grässlin für die Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!« vom 21.08.2014, siehe
http://www.aufschrei-waffenhandel.de/PM-21-08-14-Keine-Kriegswaffen.604.0.html

Anm. 2: Bitte diese Argumentationshilfe an Interessierte weiterleiten sowie in Newslettern und auf Homepages veröffentlichen. Sie soll allen Interessierten als Grundlage dienen, sich aktiv in die politische Diskussion einzumischen: mit Leserbriefen und bei Abgeordnetengesprächen, an Informationsständen und bei Podiumsdiskussionen u.v.a.m.