Redebeitrag zur Aktion »Schließen statt Schießen«
vor der Firma Heckler & Koch, Oberndorf
am 1. Juni 2004




»SCHLIESSEN STATT SCHIESSEN«

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Der Tod ist ein Meister aus Oberndorf! Denn hier, bei der Firma Heckler & Koch, wurde das Schnellfeuergewehr G3 entwickelt, wurden von H&K und den Bundesregierungen 15 Lizenzen zum G3-Nachbau in aller Welt gegeben, wurden G3-Gewehre offiziell an mindestens 80 Staaten exportiert. Seither morden Soldaten und Guerillaeinheiten in der Türkei, in Somalia, im Sudan, in Mexiko, im Iran und im Irak und an vielen anderen Krisen- und Kriegsgebieten mit dem G3. Alle vierzehn Minuten stirbt ein Mensch durch eine Kugel aus dem Lauf einer Heckler & Koch-Waffe. Mehr als 1,5 Millionen Menschen sind bis heute mit H&K-Waffen erschossen worden, unzählige verwundet und verstümmelt.

Geht es nach dem Willen der H&K-Geschäftsführung, dann wird das Morden mit deutschen Waffen auch in Zukunft kein Ende nehmen: Die blutige »Erfolgsgeschichte« des G3 droht sich zu wiederholen - mit dem neuen OICW-Gewehr, das für die Armee der Vereinigten Staaten von Amerika produziert wird, und mit dem treffgenauen G36-Gewehr.

Damit genau das nicht passiert, fordern wir heute: SCHLIESSEN STATT SCHIESSEN! Heckler & Koch muss geschlossen werden, damit nicht noch mehr Menschen mit H&K-Waffen erschossen werden!

Mit der neuen Generation von Handfeuerwaffen wird Heckler & Koch seine Position als bislang drittgrößter Handfeuerwaffenhersteller der Welt weiter ausbauen. Die neuen Gewehrtypen G36, XM8 und OICW, der Granatwerfer XM25, die Maschinenpistole MP7 und viele weitere neuer so genannter »Wunderwaffen« sollen sich in den kommenden Jahren zu Verkaufsschlagern entwickeln so jedenfalls der Wunsch der H&K-Geschäftsleitung.

Dass aus legalen Waffen durch Reexporte, Schwarzmarktverkäufe und Beutefänge schnell illegale Waffen werden, ist weithin bekannt. Waffen von Heckler & Koch sind auch bei Terroristen beliebt. So mordete bereits die Rote Armee Fraktion (RAF) in den Achtziger Jahren mit H&K-Handfeuerwaffen. Guerillaorganisationen wie der peruanische Sendero Luminoso oder der militärische Arm der kurdischen Untergrundorganisation PKK schossen mit H&W-Waffen auf Regierungseinheiten, die das Feuer ihrerseits mit ganz legal gelieferten H&K-Gewehren erwiderten.

Im März 2003 wurde der serbische Ministerpräsident Goran Djindjic mit einem G3-Scharfschützengewehr ermordet. In den vergangenen Monaten gingen die Bilder um die Welt, wie palästinensische Untergrundkämpfer Rache gegen israelische Bombenwerfer schworen. Dabei streckten sie siegessicher ihre MP5-Maschinenpistolen in die Höhe entwickelt von Heckler & Koch.

In den letzten Tagen erreichten uns die Fernsehbilder Not leidender und hungernder Menschen aus dem Sudan. Sie wurden mit Waffengewalt von Guerillaeinheiten aus ihren Dörfern vertrieben. Diese Mörderbanden hielten den westlichen TV-Kameras ihre Gewehre entgegen. Typischerweise waren dabei immer wieder zwei Waffentypen erkennbar: die Kalaschnikow und das G3-Gewehr.

Die Ausfuhrpolitik der Bundesregierung, die laut aktuellem Rüstungsexportbericht vor Exportgenehmigungen für Kleinwaffen in Spannungs- und Bürgerkriegsgebiete wie Nepal, Saudi-Arabien, Israel und die Türkei nicht zurückschreckt, lässt das Schlimmste befürchten.

Wir wollen, dass den Mörderbanden in aller Welt die Werkzeuge entzogen werden, mit denen sie ihre blutigen Taten verüben. Deshalb fordern wir den STOPP ALLER RÜSTUNGEXPORTE!

Längst ist nicht immer klar zu trennen, wer Jäger und wer Gejagter, wer Demokrat, Scheindemokrat oder Diktator, wer Terrorist und wer Terroristenjäger ist. Eines aber verbindet sie alle: Sie schießen mit Vorliebe mit den treffgenauesten Mordinstrumenten der Welt: Waffen, die hier bei Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar entwickelt worden sind oder werden.

Wir wissen, dass auch Kindersoldaten mit G3-Gewehren schießen. Allerdings sind die alten G3-Gewehre zu schwer, um zur Standardwaffe von Kindersoldaten zu werden. Das Problem lässt sich lösen. Denn die neue Generation von H&K-Waffen zeichnet sich nicht nur durch eine wesentlich höhere Treffgenauigkeit gegen »Weichziele« - so die Sprache der zynischen H&K-Werbung - aus, sondern auch durch eine spürbare Gewichtsverringerung.

Wir fordern ein Ende der Waffenentwicklung bei Heckler & Koch. Gewehre und Maschinenpistolen gehören weder in Kinderhände, noch in die Hände mordender Soldaten!

Noch ist Heckler & Koch die Nummer drei unter den Gewehrproduzenten. Mit der neuen Waffengeneration besteht die Gefahr, dass H&K weltweit zur Nr. 1 avanciert. Um das zu verhindern, haben sich Friedens- und Menschenrechtsorganisationen, humanitäre wie kirchliche Organisationen im Deutschen Aktionsnetz Kleinwaffen Stoppen (DAKS) zusammengeschlossen.

Wir haben den DAKS-Fonds gegründet und bitten im Namen der Opfer um finanzielle Unterstützung. Mit den in den Fonds eingezahlten Geldern, wollen wir die Opfer von H&K-Waffen nach Berlin einladen, damit sie über die Folgen der Rüstungsexportpraxis der Bundesregierung in ihrem Heimatland und in ihrer Familie erzählen können. Und wir wollen den Opfern von H&K-Waffen hier in Oberndorf Stimme und Gesicht geben. An die Stelle der Waffenproduktion soll die Fertigung sinnvoller ziviler Produkte treten. Doch die Geschäftsleitung von Heckler & Koch hat in den letzten Jahren gezeigt, dass sie zur Umkehr nicht bereit ist.

Deshalb kann unser Motto nur lauten: SCHLIESSEN STATT SCHIESSEN! Ein erstes Zeichen wollen wir heute mit unserer symbolischen Schließaktion setzen. Vielen Dank.

Jürgen Grässlin, Sprecher des Deutschen Aktionsnetz Kleinwaffen Stoppen (DAKS)