Zeitungsbericht
»Viel Applaus für den Friedenspreis-Laudator Dr. Rolf Gössner«
in Aachener Zeitung und az-web.de vom 01.09.2011



Viel Applaus für den Friedenspreis-Laudator Dr. Rolf Gössner

Von Heiner Hautermans

Foto Rolf Gössner

Aachen. Von der Verleihung des Aachener Friedenspreises müsse ein starkes Signal ausgehen, sagte der Publizist Dr. Rolf Gössner in seiner immer wieder von Applaus unterbrochenen Laudatio Donnerstagabend in der Aula Carolina, »gerade in einer Zeit, in der wir eine fortschreitende Militarisierung der Außen- und Innenpolitik zu beklagen haben, gerade in einer Zeit, in der der deutsche Waffenhandel ungebremst floriert«.

Es sei sinnvoll und gut, dass der Friedenspreis an diesem symbolträchtigen Tag, dem Antikriegstag, verliehen werde: »Und es ist überaus bedeutsam und hochaktuell, dass dieses Jahr herausragende Rüstungsgegner und Friedensaktivisten diesen Preis erhalten.«

Die deutschen Exporte von Kriegswaffen und Rüstungsgütern hätten sich in den letzten Jahren verdoppelt, sagte der Jurist, auch Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, weiter: »Zu den Empfängern zählen auch Staaten in Konflikt- und Kriegsregionen des Nahen und Mittleren Ostens sowie menschenrechtsverletzende Regime etwa Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas.«

Preisträger Jürgen Grässlin zeige auf, dass die »skandalösen Genehmigungen durch den Bundessicherheitsrat den eigenen menschen- und völkerrechtlichen Grundsätzen zuwiderlaufen«. Der Preisträger fahre auch in ferne Länder, wo deutsche Waffen ungeheures Unheil anrichteten, habe etwa Interviews mit 220 Überlebenden des Einsatzes von »Kleinwaffen« made in Germany geführt, den »Massenvernichtungswaffen unserer Zeit«. Mit diesen Waffen würden zwei von drei Opfern in Kriegen und Bürgerkriegen getötet.

Diese Schreckensbilanz - so Gössner weiter - sei keineswegs mit dem wohlfeilen Arbeitsplatzargument zu rechtfertigen Auf jeden Arbeitsplatz kämen über die Jahre viele Tote und weit mehr Verstümmelte, in der hauseigenen Werbung Weichziele genannt. Nicht allein die Produzenten und Händler des Todes trügen laut Jürgen Grässlin Mitschuld an den verheerenden Folgen, sondern auch die Bundesregierungen, gleich welcher Couleur, mit ihrer Rüstungsexport-Genehmigungspraxis. »Im Klartext lautet die Anklage gegen die Bundesregierungen: mutmaßliche Beihilfe zu schweren Menschenrechtsverletzungen, zu Massen- und Völkermord. «

Die Informationsstelle Militarisierung lobte Rechtsanwalt Gössner als antimilitaristische Denkfabrik, die eine wohltuend klare, kritisch ablehnende Haltung zur deutschen Beteiligung an Angriffskriegen, zum Einsatz der Bundeswehr im Innern und zum Abbau von Bürger- und Menschenrechten im Zuge des staatlichen Antiterrorkampfes einnehme. Das Weißbuch des Verteidigungsministeriums sehe Aufgaben wie die Sicherung der Rohstoff- und Energieversorgung, freie Transportwege und ungehinderten Welthandel sowie die Abwehr »unkontrollierter Migration« vor.

So fordere die Flüchtlingsabwehrpolitik der Festung Europa jedes Jahr zahlreiche Tote. Die Umwandlung der Bundeswehr in eine internationale Einsatztruppe sei nicht vereinbar mit dem Grundgesetz, in dem es in Artikel 87a unmissverständlich heiße: »Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.« Auch Antiterrorkriege seien Terror - auch wenn sie zu humanitären Interventionen verklärt würden: »Sie produzieren letztlich, was sie bekämpfen sollen, nämlich Krieg und weiteren Terror. Sie töten, verletzen und schänden unschuldige Zivilisten, stehen in krassem Widerspruch zu Menschenrechten und Gerechtigkeit, die sich genauso wenig herbeibomben lassen wie Freiheit und Demokratie.«

Ideale kollidieren

Auch Karl Heinz Otten, der Vorsitzende des Friedenspreises, sagte in seiner Rede, dass die einzige Art, auf den Krieg zu reagieren, darin bestehe, ihn zu verweigern. »Friedensaktivisten sollen, dürfen und müssen provozieren.« Dabei könne es vorkommen, dass unterschiedliche Ideale und Rechte in Kollision miteinander gerieten. Es sei aber zu keiner Zeit antisemitisches Verhalten von Vorstandsmitgliedern zu konstatieren gewesen.

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