Gegenanträge
des Aktionärs Jürgen Grässlin
zur 3. ordentlichen Hauptversammlung der
DaimlerChrysler AG am 11. April 2001 in Berlin
Gegenantrag 1:
»Der Vorstand wird nicht entlastet.
Begründung:
Bei der Hauptversammlung 1998 hat der Vorstandsvorsitzende wiederholt vorgetäuscht, mit Daimler-Benz und Chrysler zwei gleichberechtigte Partner zu fusionieren. Dass von Anfang an eine Übernahme geplant war, hat Jürgen E. Schrempp im Interview mit der Financial Times offenbart: »Die Struktur, die wir jetzt mit Chrysler haben, war immer die Struktur, die ich wollte.« Denn »wenn wir gesagt hätten, Chrysler wird eine Abteilung, hätte auf deren Seite jeder gesagt: Wir kommen so auf keinen Fall ins Geschäft.« Auf Grund vielzähliger Fehlentscheidungen des Vorstands ist die Übernahme gescheitert und hat den Beschäftigten und Aktionären beider Unternehmen größten Schaden zugefügt.«
Gegenantrag 2:
»Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet.
Begründung:
Vor allem die Kapitalseite im Aufsichtsrat ist ihrer Kontrollfunktion nicht nachgekommen, als der Vorsitzende bei der DaimlerChrysler-Fusion völlig überzogene Erwartungen geweckt hat. Alle Beteiligten wurden getäuscht: die Aktionäre unter Vorgabe einer lukrativen »Hochzeit im Himmel«, die Beschäftigten mit Versprechungen der Arbeitsplatzsicherheit und die amerikanischen Verhandlungspartner mit der Zusage gleichberechtigter Partnerschaft. Heute stehen alle Beteiligten vor einem Scherbenhaufen: Aktienkurs, Umsatz, Operating Profit und Börsenwert sind dramatisch eingebrochen, 35.000 Arbeitsplätze werden bei Chrysler und Mitsubishi vernichtet, Werke geschlossen, weiterhin überdimensionierte Fahrzeuge und Hightechwaffen gefertigt. DaimlerChrysler ist ein potentieller Übernahmekandidat. Jürgen E. Schrempp muss vom Aufsichtsrat entlassen werden.«
Gegenantrag 3:
»Die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien wird abgelehnt.
Begründung:
Der Dachverband der Kritischen AktionärInnen lehnt den Rückerwerb eigener Aktien ab, mit dem bis 2005 Aktienoptionsprogramme aufgelegt und Optionsrechte für 96 Millionen Aktien gewährt werden. Für Vorstände sind davon 15 Prozent vorgesehen. Während bei Chrysler rund 26.000 und bei Mitsubishi rund 9.000 Beschäftigte rücksichtslos entlassen werden, plant der Vorstand eine schamlose Selbstbereicherung in Milliardenhöhe. Der Aktienoptionsplan garantiert den Bestverdienenden risikofrei zusätzliches Kapital. Sobald die Aktie ausreichend in die Gewinnzone zurückkehrt, kassieren Vorstände und Topmanagement auf Kosten der betrieblichen Allgemeinheit ab. Dieser Aktienoptionsplan belegt einmal mehr, wie das DaimlerChrysler-Management im Elfenbeinturm des Shareholder value lebt und soziale Not ignoriert.«
Stellungnahme der Verwaltung:
[pauschal für alle Gegenanträge; Anm. JG]
Die Verwaltung hält an ihren Beschlussvorschlägen zur Tagesordnung fest und nimmt zu den Gegenanträgen wie folgt Stellung:
Unser Ziel ist es, DaimlerChrysler langfristig zum weltweit führenden Automobilhersteller zu machen. Dafür haben wir eine Strategie, die auf vier Säulen basiert:
+ eine starke und ausgewogene Präsenz in
den Märkten Europa, Amerika und Asien,
+ ein vollständiges, hochattraktives Markenportfolio,
+ ein umfassendes Produktprogramm zu jedem Kundenwunsch,
+ Technologie und Innovationsführerschaft.
Wir haben am 26. Februar 2001 konkrete Meilensteine genannt, wie wir die Entwicklung in den nächsten drei Jahren gestalten wollen. In diesem Zeitraum wollen wir:
+ die Führung von Mercedes-Benz im
Premiumsegment noch weiter ausbauen,
+ den Turnaround bei Chrysler erreichen,
+ unsere Position als Weltmarktführer bei Nutzfahrzeugen ausbauen und bei Freightliner
wieder Gewinne erzielen,
+ die Profitabilität des Dienstleistungsgeschäfts verbessern,
+ und eine intensive und profitable Zusammenarbeit mit Mitsubishi etablieren.
Im Jahr 2003 werden wir beim Operating Profit wieder an das hohe Niveau der Vorjahre anschließen.
Um dies zu erreichen, sowie um langfristig
und anhaltend Wert für unsere Aktionäre, Kunden und Mitarbeiter zu schaffen, wird der
Vorstand die eingeschlagene Strategie konsequent weiterverfolgen.
Der Aufsichtsrat wurde über die globale strategische Ausrichtung des Konzerns laufend
informiert, er hat den wesentlichen Schritten zugestimmt und seine Kontrollfunktion in
vollem Umfang wahrgenommen.
Die von Herrn Grässlin im Hinblick auf die DaimlerChrysler-Fusion aufgestellten
Behauptungen sind falsch und entbehren jeder Grundlage.
Im Spruchstellenverfahren wurde bislang
noch keine Entscheidung über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses getroffen.
Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass das Umtauschverhältnis beim
Unternehmenszusammenschluss zwischen der Daimler-Benz AG und der Chrysler Corporation
angemessen war. Dies wurde von verschiedenen international angesehenen
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bestätigt.
Die von der Hauptversammlung im Jahr 2000
beschlossene Ermächtigung zum Rückkauf eigener Aktien hat nach dem einschlägigen Gesetz
eine maximale Laufzeit von 18 Monaten und muss daher erneuert werden, wenn dem Vorstand
jederzeit Handlungsfreiheit und Flexibilität eingeräumt werden soll. Die Möglichkeit
zum Rückkauf eigener Aktien kann für alle gesetzlich zulässigen Zwecke, unter anderem
zur Bedienung der Aktienoptionspläne, genutzt werden. Die jährliche Ausgabe von
Aktienoptionen ist ein wesentlicher Faktor im weltweiten Wettbewerb um Führungskräfte.
Das derzeit gültige Aktienoptionsprogramm wurde von der Hauptversammlung 2000
verabschiedet.
Maßstab für die Ertragskraft des Unternehmens und damit auch für die Festlegung der
Dividende ist der Jahresüberschuss. Legt man die in den zurückliegenden Jahren im
Konzern erwirtschafteten Erträge zugrunde, dann kann von einer Ausschüttung der
Dividende aus der Substanz nicht die Rede sein. Die Entnahme aus den Gewinnrücklagen der
DaimlerChrysler AG ist - ebenso wie die Einstellung in die Gewinnrücklagen - ein
zulässiger und üblicher bilanztechnischer Vorgang, der zu einer kontinuierlichen
Dividendenpolitik beitragen kann.
Die Finanzverbindlichkeiten des DaimlerChrysler-Konzerns dienen zu einem Großteil der
Refinanzierung des stark gewachsenen Finanzdienstleistungsgeschäfts. Das bedeutet auch,
dass früher begebene Anleihen fällig werden und durch neue Anleihen ersetzt werden
müssen. In diesem Zusammenhang ist auch die Emission von Anleihen über US $ 7,1 Mrd. zu
sehen, die wir im Januar 2001 begeben haben. Mit der Beantragung einer sogenannten »shelf
registration« in Höhe von US $ 30,2 Mrd. bei der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC haben
wir uns lediglich eine formale Voraussetzung zur Erleichterung möglicher künftiger
Emissionen geschaffen. Damit ist noch keine Entscheidung zur Aufnahme von Mitteln
verbunden.
Stuttgart-Möhringen, März 2001
DaimlerChrysler AG
Der Vorstand