Gegenanträge der AktionärInnen Eva Grässlin und
Jürgen Grässlin zur 99. ordentlichen Hauptversammlung der
Daimler-Benz AG am 24. Mai 1995 in Stuttgart


Zu Anträge, Artikel, Presseerklärungen und Redebeiträge
zu Hauptversammlungen der DaimlerChrysler AG
und Daimler-Benz AG


Gegenanträge der Aktionärin Eva Grässlin
zur 99. ordentlichen Hauptversammlung der
Daimler-Benz AG am 24. Mai 1995 in Stuttgart

Gegenantrag 1:

»Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Daimler-Benz AG werden nicht entlastet.

Begründung:

Durch die Beteiligungen bei Dornier, AEG und Fokker sowie die Aufkäufe von MTU, MBB und TST wuchs die Daimler-Benz Aerospace zum größten deutschen Rüstungskonzern. Heute produziert die Dasa Landminen und Minenräumgeräte. Motoren für Marine, Heer und Luftwaffe sowie (in Kooperation) Jagd- und Kampfflugzeuge. Sie entwickelt zunehmend Großwaffensysteme, die vornehmlich für den Out-of-Area-Einsatz der Krisenreaktionskräfte geeignet sind (Eurofighter 2000, Transporthubschrauber NH 90, Kampfhubschrauber UHU, Future Large Aircraft, Brückelegepanzer etc.). Aufgrund der seit Jahren offensiv praktizierten Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung wird ein Bundeswehreinsatz mit Dasa- Waffen gegen Armeen mit Dasa-Waffen bei zukünftigen Kriegen sehr wahrscheinlich.«

Gegenantrag 2:

»Die Hauptversammlung lehnt den Vorschlag, den bisherigen Vorstands- vorsitzenden Edzard Reuter in den Aufsichtsrat zu wählen, ab.

Begründung:

Der bisherige Vorstandsvorsitzende hat den Mobilitätskonzern zum Gemischtwarenladen diversifiziert. Das hochtrabend als »integrierter Technologiekonzern« bezeichnete Industriekonglomerat ist insbesondere aufgrund der aktiven Bemühungen von Herrn Reuter zum größten deutschen Rüstungsproduzenten und -exporteur avanciert. Durch den Einsatz von Dasa-Waffen in Krisen- und Kriegsgebieten starben Tausende von Menschen. Der ehemals gute Ruf unseres Konzerns wurde durch Verschulden von Herrn Reuter nachhaltig zerstört. Mit seiner Wahl zum Aufsichtsrat könnte der Versuch gelingen, die katastrophale Negativbilanz zu kaschieren. Vonnöten wäre dagegen die Revidierung einer Vielzahl von Fehlentscheidungen und die Konversion des Gesamtkonzerns mit dem Ziel der Fertigung innovativer Zukunftsprodukte.«


Gegenanträge des Aktionärs Jürgen Grässlin
zur 99. ordentlichen Hauptversammlung der
Daimler-Benz AG am 24. Mai 1995 in Stuttgart

Gegenantrag 1:

»Die Hauptversammlung widerspricht dem Vorschlag über die Verwendung des Bilanzgewinns.

Aus dem Bilanzgewinn werden finanzielle Mittel in der Höhe der bisherigen Förderung des Studienzentrums Weikersheim für folgenden Zweck eingesetzt: Die Daimler-Benz AG unterstützt den »Aktionskreis Miteinander leben - gegen Fremdenhaß und Gewalt« der IG ausländische Mitbürger (Stuttgart) sowie den Arbeitskreis Asyl Baden-Württemberg e. V. (Stuttgart) zu gleichen Teilen mit insgesamt 50.000,- DM jährlich.

Begründung:

Die Daimler-Benz AG weist eine erschreckende Nähe auch zu rechtsstehenden Organisationen und Parteien auf. Während Konzernführung wie Mitarbeiter in begrüßenswerten Appellen ihre ausländerfreundliche Gesinnung bekunden, beschäftigt unser Unternehmen offensichtlich extrem rechtsstehende Mitarbeiter -selbst in höhergestellten Positionen. Deren ausländerfeindliche Gesinnung sowie Publikationen werden scheinbar toleriert. Angesichts der schweren Schuld des Konzerns zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, ist heute besondere Zurückhaltung geboten. Diese wird durch die finanzielle Unterstützung in Höhe von rund 50.000,- DM jährlich für das rechtsstehende Studienzentrum Weikersheim und die dortigen Aktivitäten des Kuratoriumsmitglieds Matthias Kleinert nachhaltig gestört.«

Gegenantrag 2:

»Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Daimler-Benz AG werden nicht entlastet.

Begründung:

Der Vorstand hat seine traurige Tradition des Geschäftetreibens mit Repräsentanten diktatorischer Regierungen fortgeführt. Beispielsweise wurde die langjährige intensive Zusammenarbeit mit dem »dienstältesten« Diktator der Welt, dem indonesischen Präsidenten Suharto, aktiv betrieben. Die indonesische Armee verübt im besetzten Ost-Timor quasi einen Völkermord. Zu weiteren Tiefpunkten dieses scheinbar aus- schließlich profitorientierten Denkens zählte der Empfang des chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng, dem »Henker der Demokratiebewegung« (Der Spiegel), im Juli 1994 bei der Dasa in München.

Dabei war bekannt, daß in China 1993 über die Hälfte aller Todesurteile weltweit vollstreckt worden waren. Derartigen »Massenmördern« darf Daimler-Benz keine Werkzeuge liefern.«


Stellungnahme der Verwaltung:

[pauschal für alle Gegenanträge; Anm. JG]

Die vorgenannten Aktionäre, die offenbar alle dem Dachverband der Aktionärinnen Daimler-Benz nahestehen, begründen ihre verschiedenen Anträge im wesentlichen mit der Tätigkeit des Daimler-Benz-Konzerns auf dem Gebiet der Verteidigungstechnik und wiederholen insofern bekannte Behauptungen und Argumente. Die Verwaltung hat ihren Standpunkt hierzu - ebenso wie zu Fragen der Umweltverträglichkeit in vielerlei Publikationen, in Stellungnahmen zu früheren Gegenanträgen der gleichen und anderer Aktionäre und in den Hauptversammlungen der vergangenen Jahre umfassend und ausführlich dargelegt, zuletzt auf der Hauptversammlung am 18. Mai 1994. Dieser Standpunkt ist in den vergangenen Hauptversammlungen durch das eindeutige Votum der Aktionäre bestätigt worden.

Die Verwaltung hält an ihren Beschlußvorschlägen fest.

Stuttgart-Möhringen, im April 1995

Daimler-Benz Aktiengesellschaft
Der Vorstand