Gegenanträge der AktionärInnen Eva Grässlin und
Jürgen Grässlin zur 2. ordentlichen Hauptversammlung der
DaimlerChrysler AG am 19. April 2000 in Berlin


Zu Anträge, Artikel, Presseerklärungen und Redebeiträge
zu Hauptversammlungen der DaimlerChrysler AG
und Daimler-Benz AG


Gegenanträge der Aktionärin Eva Grässlin
zur 2. ordentlichen Hauptversammlung der
DaimlerChrysler AG am 19. April 2000 in Berlin

Gegenantrag 1:

»Der Vorstand wird nicht entlastet.

Begründung:

Mit seiner Konzentration aufs automobile »Kerngeschäft« stößt der Vorstand selbst Geschäftsbereiche ab, die - wie das debis Systemhaus - eine durchaus attraktive Marktpolitik verfolgt haben. Die Fusionsbeteiligung der Dasa bei der EADS gefährdet durch die Auslandsverlagerung des Firmensitzes den uneingeschränkten Erhalt der Arbeitnehmerrechte. Zudem erhöht sie die Gefahr einer grenzenlosen und kaum kontrollierbaren Rüstungsexportpolitik. Im Falle des intendierten Verkaufs der MTU und insbesondere der Adtranz verspielt der Vorstand die Chance zu vernetzter und vergleichsweise ökologischerer Mobilität. Diese Vorstandsstrategie ist verfehlt und allenfalls mit einer überzogenen Gegenreaktion zur Ära Edzard Reuter erklärbar.«

Gegenantrag 2:

»Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet.

Begründung:

Die Verlegung der Aktionärsversammlung nach Berlin ist ein Affront gegen eine Vielzahl von Klein- und Belegschaftsaktionären. Viele von ihnen kommen aus Baden-Württemberg, dem Bundesland des Firmensitzes, und haben weder Geld noch - auf Grund beruflicher Tätigkeit - die Möglichkeit zu einer Reise mit Übernachtung in Berlin. Die Vorstandsstrategie, die Zahl der teilnehmenden Aktionäre bewusst zu begrenzen, ist ebenso aktionärsfeindlich, wie die Planungen der Kapitalseite des Aufsichtsrats, Hauptversammlungen zukünftig sogar im Ausland abzuhalten.

Selbst die vom Dachverband Kritischer AktionärInnen geforderte ON-LINE-Verbindung, die den Aktionären die Wahrnehmung des Frage- und Auskunftsrechts von Stuttgart aus ermöglichen sollte, ist unterblieben.«


Gegenanträge des Aktionärs Jürgen Grässlin
zur 2. ordentlichen Hauptversammlung der
DaimlerChrysler AG am 19. April 2000 in Berlin

Gegenantrag 1:

»Der Vorstand wird nicht entlastet.

Begründung:

Die exorbitanten Gehaltssteigerungen und Abfindungen führender DaimlerChrysler-Manager stehen in keinem Verhältnis zur geleisteten Arbeit. Insbesondere die sehr hohen Abfindungen des Vorstandsmitglieds Stallkamp und des Chief Executive Officers Eaton sind keinesfalls zu rechtfertigen. Eatons Tätigkeit beschränkte sich weitgehend auf die Organisation der Chrysler-Übernahme sowie Repräsentations- aufgaben. Die desaströse Entwicklung des Aktienkurses und die verfehlte strategische Ausrichtung (Verkauf debis Systemhaus, EADS-Fusion, drohender Adtranz- und MTU-Verkauf etc.) stehen in eklatantem Widerspruch zur überproportionalen Gehälterexplosion. Die Vorstände haben jeglichen Bezug zur Realität (Entlohnung Beschäftigter, Arbeitslosenquote etc.) verloren.«


Gegenantrag 2:

»Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet.

Begründung:

Mit dem neuen Aktienoptionsplan sollen Führungskräften Optionsrechte auf 96 Millionen Aktien im Wert von 12,3 Milliarden Mark angeboten werden. Allein 15 Prozent davon sind für Vorstände vorgesehen.

Während mit Gewerkschaftsvertretern Beteiligungsmodelle für Beschäftigte im Rahmen einer 3000-Mark-Grenze diskutiert werden, plant der Vorstand eine Selbstbereicherung in Milliardenhöhe. Der Aktienoptionsplan garantiert den Bestverdienenden risikofrei zusätzliches Kapital. Sobald die Aktie ausreichend in die Gewinnzone zurückkehrt, kassieren Vorstände und Topmanagement auf Kosten der betrieblichen Allgemeinheit ab. Dieser Aktienoptionsplan belegt einmal mehr, wie schamlos sich DaimlerChrysler-Vorstände im Schlaraffenland des shareholder value bereichern - unterstützt von der Kapitalseite im Aufsichtsrat.«


Stellungnahme der Verwaltung:

[zu allen Anträgen; Anm. JG]

Die Mehrzahl der vorliegenden Gegenanträge beziehen sich auf Themengebiete, die in zurückliegenden Hauptversammlungen schon mehrfach und ausführlich diskutiert wurden. Die Antragsteller konnten dabei keine nennenswerte Anzahl von Aktionären für ihre Anträge gewinnen. Insbesondere zu den Themen Umwelt und Verteidigungstechnik, die immer wieder Gegenstand inhaltlich ähnlicher Gegenanträge waren, hat der Vorstand seine Position bereits mehrfach und unmissverständlich erläutert.

Durch die Konzentration auf das Fahrzeuggeschäft und die damit verbundenen Dienstleistungen sowie die aktive Gestaltung unseres Konzern-Portfolios, schaffen wir die Voraussetzungen, um unsere Position im Automobilgeschäft weiter auszubauen. Insbesondere in der Wertschöpfungskette von Produkten und Dienstleistungen rund ums Automobil bieten sich beachtliche Potenziale für profitables Wachstum, die wir konsequent ausschöpfen wollen.

Die Ausgabe von Aktienoptionen ist inzwischen ein wesentlicher Faktor im weltweiten Wettbewerb um Führungskräfte. Das vorgeschlagene Aktienoptionsprogramm ist auch im Volumen erforderlich, damit DaimlerChrysler weiterhin für hochqualifizierte Führungskräfte attraktiv bleibt und liegt deshalb im Interesse unserer Aktionäre.

Was die Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter von DaimlerChrysler in Argentinien anbelangt, haben wir immer betont, dass wir die Aufklärung dieser Tatbestände nach Kräften unterstützen werden.

Die DaimlerChrysler AG zählt zu den Gründungsmitgliedern der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft«. DaimlerChrysler hat sich seit Beginn der Verhandlungen zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter und für eine angemessene humanitäre Hilfe für Einzelpersonen ausgesprochen. Dr. Gentz tritt hierfür, besonders in seiner Funktion als Sprecher der Stiftungsinitiative, engagiert und mit großem persönlichen Einsatz ein. DaimlerChrysler hat im übrigen seit über einem Jahrzehnt aus humanitären Gründen auf vielen Gebieten finanzielle Hilfe für NS-Opfer geleistet und Projekte zur Völkerverständigung gefördert. Bezüglich möglicher Ansprüche ehemaliger Daimler-Benz Aktionäre aus dem Spruchverfahren sind wir weiterhin der festen Überzeugung, dass das Umtauschverhältnis beim Unternehmenszusammenschluss zwischen der Daimler- Benz AG und der Chrysler Corporation angemessen war. Auch nach Auffassung des Wirtschaftsprüfers bestand keine Veranlassung zur Bildung von Rückstellungen-

Mit unserem Vorschlag, eine gegenüber dem Vorjahr unveränderte Dividende von € 2,35 je Aktie zu zahlen, werden wir unter den im Dax 30 vertretenen Unternehmen die höchste Dividende ausschütten. Gleichzeitig liegen wir mit einer Ausschüttungssumme von € 2,36 Mrd. auch in der Spitzengruppe der internationalen Automobilunternehmen. Davon profitieren alle Aktionäre der DaimlerChrysler AG.

Die Verwaltung hält an ihren Beschlussvorschlägen zur Tagesordnung fest.

Stuttgart-Möhringen, März 2000

DaimlerChrysler AG
Der Vorstand