BZ-FRAGEBOGEN: Jürgen Grässlin (45), laut Magazin »Spiegel« Deutschlands prominentester Rüstungsgegner
»Versteck Dich, wenn sie schießen«, lautet der Titel des neuesten Buches von Jürgen Grässlin (45) über die Opfer deutscher Waffenexporte. Grässlin, von Beruf Lehrer, verheiratet, zwei Kinder, ist Mitbegründer des RüstungsInformationsBüros (RIB), Sprecher des Deutschen Aktionsnetzes Kleinwaffen Stoppen (DAKS) und der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK), schrieb Biographien über Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp und VW-Chef Ferdinand Piëch und lebt in Freiburg.
Besitzen Sie einen Waffenschein?
Klar, für Wasserspritzpistolen.
Waren Sie bei der Bundeswehr?
Aber ja doch. Allerdings haben sie mich beim Bund nur vier Monate ertragen, in denen ich mit einem Holzgewehr zum Schießplatz laufen durfte.
Ihr Lieblingsfach in der Schule?
Damals wie heute: Kunst.
Ihr Lieblingsschriftsteller?
Kurt Tucholsky.
Wie kann man Sie ärgern?
Mit Ignoranz und Arroganz.
Was wollten Sie als Kind werden?
Indianerhäuptling. Aber in den Cowboyfilmen haben die armen Indianer leider immer nur verloren. Deshalb wollte ich dann doch lieber Astronaut werden.
Ihre zwei größten Leidenschaften?
Meine Frau und meine Berufungen.
Haben Sie ein Vorbild?
Mahatma Gandhi.
Ihr Lieblingsessen?
Sojagerichte mit frischem Gemüse; als Vegetarier den Tieren zuliebe.
Ihr zuletzt gelesenes Buch?
Da ich mich nicht zwischen Dieter Bohlen und Stefan Effenberg entscheiden konnte, kaufte ich dann eben doch Michael Moores Buch »Stupid White Men«.
Was fehlt Ihnen zum vollkommenen Glück?
Persönlich absolut nichts. Ich darf einfach nicht die Fernsehnachrichten einschalten.
Was ist Ihnen peinlich?
Dass ich es bis zum heutigen Tag noch immer nicht gelernt habe, Krawatten zu binden. Ich darf dann immer bei meiner Frau antreten, die sich mit einem Lächeln meiner annimmt.
Wie lange sitzen Sie an einem Buch?
Für mein aktuell erschienenes Buch habe ich 220 Interviews in drei Kontinenten durchgeführt. Da sitzt man lange.
Welche Leser sind Ihnen am liebsten?
Engagierte Leserinnen und Leser, die sich nach der Lektüre meiner Bücher aktiv gegen Gewalt und für mehr Gerechtigkeit einsetzen.
Was tun Sie, um richtig entspannen zu können?
Richtig entspannende Musik hören, laute Rockmusik beispielsweise.
Ihre Lieblingskneipe in Freiburg?
Da gibt es viele: den »Afghanen« in der Habsburgerstraße, die »Pfeife« und der »Alte Simon« in der Konviktstraße, das »Jesuitenschlössle« auf dem Schönberg...
Was ist Ihr Lieblingsplatz in Freiburg?
Die Nordtribüne im Dreisamstadion.
Als leidenschaftlicher SC-Fan ein Tipp: Auf welchem Platz wird der SC am Ende der nächsten Saison in der 1. Liga landen?
Auf dem viertletzten, also noch vor den drei Absteigern 1. FC Kaiserslautern, VfB Stuttgart und Bayern München.
Gibt es Politiker, die Ihnen Vertrauen einflößen?
Helmut Kohl. Da konnten wir darauf vertrauen, dass fast alles unwahr war.
Sie gewinnen bei Günther Jauch eine Million Euro: Was würden Sie damit machen?
Ich würde in Freiburg ein großes Friedenszentrum gründen, in dem sich Friedensfreundinnen und -freunde aus aller Welt treffen könnten.
Welche Schlagzelle würden Sie gern einmal in der Zeitung lesen?
»Michael Mittermaier zum Bundeskanzler gewählt!«
Was machen Sie in zehn Jahren?
Meinen langjährigen Traum verwirklichen und endlich Kinderbücher schreiben und malen.
Wenn ich Oberbürgermeister von Freiburg wäre...
...dann würde ich den Straßenkindern dauerhaft ein Wohnhaus zur Verfügung stellen. Finanziell würde ich auf weitere Großprojekte verzichten und fortan die zumeist ehrenamtliche Arbeit der Umweltschutz-, Friedens-, Frauen-, Dritte-Welt- und humanitären Hilfsorganisationen sowie die Kultur- und Kunstszene unterstützen.
höx, Badische Zeitung vom 05.06.2003