Von Barbara Martin, Stuttgart
Smart-Desaster, Rückrufaktionen, Arbeitsplatzvernichtung und Waffenproduktion - die Kritischen Aktionäre DaimlerChrysler werfen der Führungsetage des Konzerns ethisches und wirtschaftliches Versagen vor. Im Vorfeld der DaimlerChrysler Hauptversammlung am 12. April fordern sie den Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Hilmar Kopper. Außerdem wollen sie Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung verweigern. Gegenanträge, Rücktrittsforderungen und Entlastungsverweigerung haben die Kritischen Aktionäre DaimlerChrysler (KADC) auch in den vergangenen Jahren auf den Hauptversammlungen vorgebracht - Mehrheiten erlangten sie nicht. Nun wollen sie, dass über die Entlastung der Vorstandsmitglieder einzeln und nicht wie üblich im Ganzen abgestimmt werden kann. Für diesen Antrag benötigen sie 384.000 Stimmen. Bereits jetzt können die Aktionäre dafür im Internet ihre Stimme abgeben. »Ich bin zuversichtlich, dass wir das notwendige Quorum erreichen«, sagt KADC-Sprecher Holger Rothbauer und hofft, wenigstens Kopper werde nicht entlastet. Ihm werfen die kritischen Aktionäre unter anderem vor, viel zu spät über den geplanten Rücktritt des früheren Konzernchefs Jürgen Schrempp informiert zu haben. Die Kritik an der 30-prozentigen Beteiligung an dem Luft- und Raumfahrtkonzern EADS dagegen richtet sich an die gesamte Führungsetage. Jürgen Grässlin, Sprecher der KADC und Autor des Buches »Das Daimler-Desaster«: »Damit gehört DaimlerChrysler zu den größten Rüstungsproduzenten und produziert völkerrechtswidrige Streumunition. Wir fordern den sofortigen Ausstieg aus EADS.« Den kritischen Aktionären geht es nicht allein um moralische Werte, sondern auch ums Geld. Das Chrysler- und Mitsubishi-Engagement, die Maybach- und smart-Politik kosteten den Konzern Milliarden. »Der Maybach mit gerade noch 300 verkauften Autos im vorigen Jahr war das unsinnigste Projekt, das es jemals gab«, urteilt Grässlin. Zudem habe der Konzern neue Technologien wie den Hybridmotor und den Erdgasantrieb verschlafen. »Die Technologieführerschaft ist verloren gegangen«, erläutert Rothbauer. Für alle Baureihen und Marken müsse schnellstens jeweils mindestens ein Pkw mit Erdgasantrieb auf den Markt gebracht werden. Ansonsten drohten Wettbewerbsnachteile. Die Arbeitsplatzvernichtung bei DaimlerChrysler ist den KADC ebenfalls ein Dorn im Auge. Für die Streichung von 14 000 Stellen nehme der Konzern etwa drei Milliarden Euro in die Hand. »Mit dem Geld hätte man Arbeitsplätze auch erhalten können«, sagt Tom Adler, Betriebsrat im Werk Untertürkheim. »Zum Beispiel um Lohnausgleich für Arbeitszeitverkürzung zu finanzieren.« Wenn die von Dieter Zetsche angepeilte Rendite in Höhe von sieben Prozent bis 2007 nicht erreicht wird, erwartet Adler noch mehr Stellenstreichungen. Für ihn paradox: »In Untertürkheim haben wir trotz stagnierender Produktion inzwischen Unterbeschäftigung. Dabei ist doch bekannt: Qualität kann man nicht herbeisparen.« Auf der Hauptversammlung in Berlin werden die Kritischen Aktionäre eine Gegenkandidatin für die Aufsichtsratswahl aufstellen. Die Hamburger Greenpeace-Referentin Monika Struck-Grabe soll gegen den ehemaligen DaimlerChrysler-Manager Manfred Bischoff antreten. Rothbauer: »Eine kompetente Frau wäre eine sinnvolle Ergänzung und ist allemal besser als ein Duzkumpel von Herrn Schrempp.«