Zeitungsbericht »Ab vom Schuss«
zur Waffenstadt Oberndorf
in der Wochenzeitung Kontext
vom 25.05.2011



Ab vom Schuss

von Anna Hunger und Frieder Bickhardt (Fotos)

[Foto: Blick auf die Stadt Oberndorf]

Oberndorf liegt am Rande des Schwarzwalds – weit weg von den Krisenherden der Welt. Doch in der idyllischen Kleinstadt werden Granatwerfer, Schnellfeuergewehre und Panzerwaffen hergestellt.

Rapsöl. Karlheinz Leopold steht in der Werkshalle von Rheinmetall und zeigt begeistert auf eine Fräsmaschine. Milchige Brühe rinnt an der Scheibe herunter. »Wenn das im Boden versickert, ist es biologisch abbaubar.« War seine Idee, die Maschinen mit Rapsöl zu betreiben. Wegen des Neckars, sagt er.

Karlheinz Leopold hat zwei Kinder, ist 53 Jahre alt, blond, sportlich und trägt ein dunkelbraunes Feincord-Sakko mit hellbraunen Streifen. Wenn sein Handy klingelt, spielt es Volksmusik, und wenn er redet, dann redet er schwäbisch. Immerhin gebe es auch Leute, die Minen vergraben, sagt er. Und deshalb müsse es eben auch solche geben, die Panzer bewaffnen. Und die gibt es in Oberndorf am Neckar. Karlheinz Leopold ist ihr Chef: der Fertigungsleiter von Rheinmetall Defence, Abteilung Waffe/Munition.

Neben dem Schreibtisch in seinem Büro stehen ein paar Miniaturpanzer, ein kleines Flakgeschütz, eine Skyline aus lila und grünen Panzergeschossen, ein Gummibaum und ein Modellauto. Das hat Leopold selbst gebaut – von den Speichenrädern bis zum Faltdach. Draußen in der Werkshalle neben den Fräsmaschinen stapelt sich kistenweise Leopard-II-Bewaffnung. Leopold legt die Hand auf ein Marinegeschütz, das irgendwann einmal auf ein Kriegsschiff montiert wird und passgenau einen somalischen Piraten aus dem Schnellboot schießen kann. »Mir gefällt's hier«, sagt er.

Hauptsache, der Neckar bleibt sauber

Diese Firma sei wie seine Familie. Die Stimmung gut, die Produkte gefragt, er selbst beliebt. Krieg ist gefühlsmäßig noch weiter von diesem freundlichen Mann entfernt als Bruchrechnen von einem Erdhörnchen. Er denkt in Müh und Metall und Werkstoffbelastbarkeit. Zerstörte Dörfer. Weinende Mütter. Tod. »Hm«, macht Leopold, zieht etwas ratlos die Schultern hoch und vergräbt die Hände in den Hosentaschen. »Aber wenigstens verschmutzen wir hier in Oberndorf den Neckar nicht.«

In Oberndorf gibt es eine traditionelle Narrenzunft, eine Kreissparkasse, drei Apotheken und drei Waffenfirmen. Am Ortseingang rechts hat die Firma Feinwerkbau Westinger und Altenburger ihren Sitz: Hersteller von Sportwaffen. Links Rheinmetall Defence: Panzerwaffenanlagen und Flugzeugbordkanonen. Und oben auf dem Lindenhof thront Deutschlands größter Kleinwaffenhersteller Heckler und Koch in ein paar grauen Würfeln und hinter zwei Meter hohen Zäunen mit so vielen Kameras, dass nicht einmal eine Fruchtfliege unbemerkt am Werkstor vorbeifliegen kann.

In einem der Würfel arbeitet Martin Lemperle. Lemperle ist sehr beschäftigt. Montag bis Donnerstag Bundessicherheitsrat; Freitag Essen mit Gästen; Montag Treffen mit der Firmenleitung; Montagmittag Geschäftsreise bis Mittwoch; Mittwoch Essen mit Gästen und Meeting, Donnerstag auch. Zwischendurch lebt er in einem Haus, das man sich nur leisten kann, wenn man gut verdient.

Der Waffenbauer spricht nicht gern über Waffen

Lemperle könnte der Chef einer Spielzeugfabrik sein. Er ist charmant, Mitglied der Narrenzunft Beffendorf und hat ein freundliches Lachen. Aber er ist der Geschäftsführer von Heckler und Koch und verantwortlich für Produktion und Vertrieb des MR233-Sportgewehrs, 3,7 Kilogramm schwer, 30-Schuss-Magazin, Kaliber .223 REM, und der MP7, einer Maschinenpistole, die auf 200 Meter Entfernung Löcher in eine Nato-Schutzweste stanzt.

[Foto: Granatwerfer von der Homepage von Heckler & Koch]

An diesem sonnigen Nachmittag möchte er nicht über Waffen sprechen. Auch nicht über seine Firma und noch weniger über Krieg. Fragt man ihn nach Mexiko, antwortet Lemperle: »Da kann man prima Urlaub machen.« Seinen Kaffee trinkt er schwarz. »Passt doch zum Waffenboss von Oberndorf.«

Oberndorf liegt am Rande des Schwarzwalds, im Neckartal, umgeben von Anhöhen, zwischen denen im Zweiten Weltkrieg Stahlseile gespannt waren gegen die Flieger der Alliierten. Für die Städte, die nicht zwischen Bergen lagen und ohne Seile auskommen mussten, produzierten die Oberndorfer die Flak 38. Eine davon steht im Oberndorfer Museum und reckt ihre Geschützarme in diesen kleinen Raum, wie ein überhebliches Insekt.

Die Touristen wollen Maschinengewehre sehen, keine Trachten

Genau genommen hat Oberndorf sogar zwei Museen; in einem Backsteinbau gleich neben dem ehemaligen Augustinerkloster. Rechts der Haupteingangstür ist das Waffenmuseum in einem hundert Quadratmeter großen Raum, in dem schwarze Sturmgewehre in sauberen Vitrinen hängen. Das Heimatmuseum ist links, zweihundert Quadratmeter, ein paar Wohnstuben, alte Puppen mit Trachten und Bollenhüten und Ackergerät, das eigentlich nicht hierher gehört, weil die Oberndorfer keine Bauern waren. Das Heimatmuseum besuchen die Gäste von Oberndorf nur dann, wenn richtig schlechtes Wetter ist. »Und wann ist schon mal richtig schlechtes Wetter?«, fragt Andreas Kussmann-Hochhalter, der Leiter des Museums.

Er sieht geknickt aus, wie er so durch die Oberndorfer Historie wandert. Oberndorf hätte so viel mehr zu bieten als Waffen. Den Komponisten Sigfrid Karg-Elert, den Kussmann-Hochhalter immer mal wieder versucht mit einem Konzert bekannt zu machen. Aber keiner will ihn hören, weil er so scheußliche Musik gemacht hat. »Orgel. Sehr schräg.« Oder ein paar Armreifen und Tonscherben aus einer keltischen Siedlung, die sie letztens neben der Kreissparkasse ausgegraben haben. Aber die verstauben links, im Heimatmuseum, weil die Maschinengewehre rechts interessanter sind und kaum einer der Touristen, die hierher kommen, wissen will, welche Tracht in Oberndorf getragen wurde. Oberndorf ist außerhalb von Oberndorf eben als die »Waffenschmiede im Schwarzwald« bekannt, und es kommen sowieso nur sehr wenige Touristen hierher.

Dabei hat Oberndorf eigentlich sehr viele Freunde. Die Narrenzünfte Überlingen, Elzach und Rottweil, die Bundeswehr, die Polizei, viele Biathleten, Amerikaner, Spanier, Portugiesen, Pakistaner, Sudanesen, Mexikaner, einige Terroristen und ein paar saudi-arabische Scheichs. Mit Sportgewehren von Feinwerkbau hat die deutsche Luftdruckschützen-Mannschaft bei der EM in Brescia Gold geholt; Panzerwaffen von Rheinmetall gibt es nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch in der dänischen Armee; und Gewehre von Heckler und Koch gehören zu den gefragtesten Kleinwaffen bei Militärs und Polizei – aber auch bei Rebellengruppen und kriminellen Banden. Eigentlich ist Oberndorf also beliebt. Nur ein paar Leute können es nicht leiden. Einer von ihnen ist Jürgen Grässlin.

Einer führt Krieg gegen Heckler und Koch

Jürgen Grässlin ist der Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft und wohl der größte Feind von Martin Lemperle. Grässlin sitzt im »Rüstungsinformationsbüro« in Freiburg, es gibt Zwetschgenkuchen und Kräutertee Marke »Lebenstraum«. Drum herum stapelt sich der Krieg in Hunderten von Ordnern vom Boden bis zur Decke. Auf den Rücken steht Daimler, Dornier, Rheinmetall, EADS, Krupp.

Die Ordner, auf denen »Heckler und Koch« steht, sind Grässlins »Spezialgebiet«. Seit Jahren recherchiert und archiviert er den weltweiten Verbleib der Oberndorfer Waffen. Letztens hat er Heckler und Koch angezeigt. Weil die Firma Waffen in Unruhegebiete nach Mexiko exportiert haben soll, wo sich Polizei und Drogenkartelle einen Kampf liefern, der in den vergangenen vier Jahren fast 35 000 Menschen das Leben gekostet hat.

»Heckler und Koch leistet durch Waffenexporte Beihilfe zum Massenmord«, sagt Jürgen Grässlin.

»Jede Minute stirbt ein Mensch durch Waffengewalt«, sagt Amnesty International.

»Wir produzieren Sicherheit«, sagt Karlheinz Leopold.

»Die beste Waffe ist die, die nicht gebraucht wird«, sagt Martin Lemperle und macht sich wieder auf Geschäftsreise.

Grässlin sagt: »Wenn die wüssten, was ich im kommenden Jahr noch so auspacke.« Die Arbeiter von Heckler und Koch sagen, der Grässlin solle sich nun endlich raushalten.

»Wir produzieren für die Guten«

Einer davon ist Wolfgang. Er sitzt im Krokodil, einer gemütlichen Eckkneipe nicht weit vom Marktlatz entfernt. Wolfgang kommt immer freitags. Er steckt eine Münze nach der anderen in einen blinkenden Spielautomaten, obwohl er weiß, dass er sowieso nichts gewinnt. Wolfgang trägt Schnurrbart und eine schwarze Vliesjacke. Auf der Brust leuchtet das rote HK-Emblem von Heckler und Koch. »Beim Heckler« wartet er die Maschinen, an denen all die Gewehre und Pistolen hergestellt werden.

Heckler und Koch sei ein guter Arbeitgeber. Gute Sozialleistungen, gutes Gehalt, gute Stimmung. Wenn es die Firma nicht in Oberdorf gäbe, dann würden eben andere Leute Waffen herstellen, dann gäbe es aber für die Grundschule keine Stühle, für die Straßen keinen neuen Asphalt und für ihn keine Arbeit. Und auf die ist er stolz. Weil er bei einem Unternehmen arbeitet, das in seiner Branche eines der besten ist, und weil er, Wolfgang, ein kleines bisschen zu diesem Weltruhm beiträgt. Wolfgang wirft eine Münze nach. Der Automat blinkt, dann macht er ein Geräusch, dass sich wie »Nööök« anhört, kein Gewinn.

[Foto: Firmengelände Heckler & Koch]

»Heckler und Koch produziert vor allem für die Guten«, sagt Wolfgang. Nato, Polizei, Soldaten in Afghanistan. Dass aber in Afghanistan deutsche Soldaten mit G-36-Sturmgewehren aus Oberndorf auch auf Taliban mit G-3-Sturmgewehren vom Schwarzmarkt schießen, weiß er nicht. Will er auch nicht wissen. Auch nicht, dass der Heckler und die Bundesregierung mit der Zeit so viele Lizenzfirmen aufgebaut haben, dass von überall nach überall exportiert werden kann. An die Guten, an die Bösen und an die ganz Bösen. »Das entscheiden Politiker«, sagt Wolfgang, »nicht wir Oberndorfer.« Das würden viele Leute vergessen. Vor allem solche wie Jürgen Grässlin.

Das Mauser-Auto wollte keiner haben

Manchmal steht Jürgen Grässlin mit einer Handvoll grauer Flugblätter in dieser Kleinstadt. Auf den Zetteln ist ein Mann aus Somalia zu sehen. Der Mann hat nur noch ein Bein, weil man ihm das andere mit einem Gewehr von Heckler und Koch weggeschossen hat. »Konfrontation« nennt Grässlin das.

»Provokation« nennen es die Oberndorfer. Weil sie nicht wissen, was sie sonst sagen sollen. Grässlin wünscht sich für Oberndorf Rüstungskonversion, Rollstühle statt Präzisionsgewehren, Medizintechnik statt Waffentechnik. Die Oberndorfer wünschen sich für Jürgen Grässlin, dass er dahin verschwindet, wo der Pfeffer wächst. Weil er ein Querulant sei und gegen das Einzige protestiert, was die Oberndorfer wirklich gut können – Waffen herstellen. Und weil er für Frieden demonstriert. Aber Frieden ist nicht gut für Oberndorf. Denn immer dann, wenn es der Welt ein Stückchen besser geht, geht es den Oberndorfern schlechter.

Seit 1811 produzieren die Oberndorfer schon Waffen. Zuerst für den König in der Württembergischen Gewehrfabrik, dann in den Mauser-Werken für den Ersten Weltkrieg, die Chinesen und Osmanen, dann für Hitler und die Wehrmacht. Im Krieg arbeiteten mehrere tausend Arbeiter in den Mauser-Werken, die heute Rheinmetall heißen. In Friedenszeiten nur noch wenige. Und weil nach dem Ersten Weltkrieg der Militärwaffenbau verboten war, stellten sie eine Kurzarm-Einnadel-Doppelkettstich-Nähmaschine her, die kaum einer haben wollte, und ein Mauser-Auto, das auch keiner haben wollte und das heute im Oberndorfer Museum steht.

Mit dem Ende des Kalten Kriegs wurden viele arbeitslos

Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierten die Oberndorfer Waffen gegen den Kommunismus. Oberndorf sei bis Ende der Achtzigerjahre ein »geschlossenes System« gewesen, sagt einer. Satt nach innen, spröde nach außen und mit fast 1700 Mauser-Arbeitern und einer rund 3000 Mann starken »Elitetruppe« von Heckler und Koch; getrimmt auf Loyalität zum Unternehmen und damit gewappnet gegen die evangelische Gemeinde mit einem Pfarrer, der gegen die Rüstungsindustrie predigte, und gefeit gegen eine Handvoll Friedensaktivisten. Die demonstrierten auf dem Oberndorfer Marktplatz zuerst gegen Atomraketen und später gegen Gewehre und Pistolen, weil die geografisch einfach näher lagen. Dann fiel die Mauer, der Kalte Krieg war vorbei. Und über Nacht waren eine Menge Oberndorfer arbeitslos.

Viele Geschäfte gingen ein, weil keiner mehr zum Einkaufen kam, das Hotel, in dem die Geschäftsreisenden übernachtet hatten, und die Brauerei. Die Stadtverwaltung gründete aus Verzweiflung den Tourismusverein, pries die Nähe zum Bodensee und zum Europapark – jeweils nur 70 Kilometer, Wachholderhaine, Theater, Heimatmuseum. Oberndorf am Neckar – ein Ort für die ganze Familie.

»Aber man kann aus Feinmechanikern keine Kofferträger machen«, sagt Klaus Laufer, der frühere Bürgermeister von Oberndorf. Klaus Laufer ist ein sehr großer, hagerer Mann mit blauen Augen und genauso blauem Hemd. Jedes zweite Haus stehe nur deshalb hier, weil es die Mauser-Werke gab, sagt er. Und fast der ganze Rest von Oberndorf, weil es Heckler und Koch gibt. Oberndorf lebt von seinen Waffen. Das ist das Dilemma.

Betriebsräte traten reihenweise aus der Kirche aus

Die Oberndorfer seien etwas scheu, wenn es um ihre Wehrtechnik gehe. Weil sie schon irgendwie alle wissen, dass sie mit schuld sind am Leid auf der Welt. Weil sie aber auch gleichzeitig stolz sind auf ihre Markenprodukte. Und weil sie nie wieder eine solche Spaltung erleben möchten, wie es sie in den Achtzigerjahren gab – als die Betriebsräte von Heckler und Koch und Mauser reihenweise aus der Kirche austraten und einer Oberndorfer Friedensaktivistin hinter einer Fasnachtsmaske zugeraunt wurde, sie solle sich im Neckar ersäufen. »Es war furchtbar schwierig«, sagt Laufer und plumpst in sein kleines, weiches Sofa.

Waffen seien ebenso ein Tabuthema wie die Rolle Oberndorfs im Zweiten Weltkrieg.

[Foto: Büchsenmacher Georg Egeler]

Insgesamt 7000 Zwangsarbeiter arbeiteten im Mauser-Werk, aus 19 Nationen, zusätzlich etwa 700 Kriegsgefangene und rund 4400 Menschen aus einem sogenannten Arbeitserziehungslager und einer Außenstelle des KZ Buchenwald. Klaus Laufer hält bis heute Kontakt zur Tochter einer russischen Zwangsarbeiterin.

Fährt man von Klaus Laufer die Hauptstraße in den Ortskern hinunter, kommt man am Haus von Georg Egeler vorbei. Georg Egeler ist der letzte Büchsenmacher von Oberndorf. Auf seinem Wohnzimmerschrank steht ein ausgestopftes Murmeltier, erlegt auf dem Dachstein, nach zwölf Stunden Murmeltierjagd. Seit fünfzig Jahren ist er Mitglied im Schützenverein, insgesamt hat er 350 »Kreaturen« erlegt, er hat unzählige Jagdgewehre auf unzählige Körper angepasst und insgesamt hundert Gewehre vom Schaft bis zur Mündung selbst gebaut. Mit seiner achtzigsten selbst gebauten Waffe hat er Tiere in Afrika erlegt, mit der hundertsten jagt er Wildschweine und Hasen. »Zwischen Leben und Tod zu entscheiden, das ist kein Hobby«, sagt er und meint es ernst, sehr ernst.

Der Friedensaktivist steht mal wieder vor dem Werkstor

Wenn man Georg Egeler fragt, wie das so ist mit den Waffen in Oberndorf, dann grinst er nur listig über die Gläser seiner Brille hinweg. Im Hintergrund schnaubt seine Frau: »Hätten wir hier eine Bonbonfabrik, würden wir eben Bonbons produzieren.« Egeler grinst noch breiter. »Früher gab's nichts anderes«, sagt er. »Entweder Stalingrad oder Mauser.«

Jürgen Grässlin steht wieder einmal mit seiner Friedensfahne am Werkstor von Heckler und Koch – nur ein paar Straßen entfernt von Klaus Laufers Einfamilienhaus und dem von Georg Egeler. Grässlin verteilt die Flugblätter mit dem Foto des Einbeinigen aus Somalia. Die meisten Arbeiter laufen an ihm vorbei. Auch Martin Lemperle kommt aus seinem grauen Würfel. »Verlassen Sie bitte das Firmengelände«, sagte er. »Das ist ein freies Land«, antwortet Grässlin. Die zweihundert Euro Bußgeld, falls Lemperle die Polizei rufen wolle, habe er sogar in bar dabei. Zweihundert Euro seien ein Witz, giftet er gehässig und platziert sich und seine Fahne auf dem Nachbargrundstück.

Währenddessen sitzt Karlheinz Leopold von Rheinmetall Waffe/Munition in seinem Büro neben dem Gummibaum und freut sich. Zwei Milliarden Gesamtumsatz für Rheinmetall Defence im Jahr 2010. Und der Neckar bleibt sauber.

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