Zeitungsbericht »Rüstungsgüter: Waffen made in Germany.
Ägyptens Polizei ist mit deutschen Maschinenpistolen bestückt«
in Märkische Allgemeine vom 03.02.2011



Rüstungsgüter: Waffen made in Germany.
Ägyptens Polizei ist mit deutschen Maschinenpistolen bestückt

Von Mathias Richter

POTSDAM - Während die Proteste der Mubarak-Gegner in Ägypten weitergehen, formierten sich gestern seine Anhänger. Dazwischen steht das Militär. Je unübersichtlicher die Lage wird, um so mehr steigt die Gefahr, dass Waffen eingesetzt werden. Waffen in den Händen der Streitkräfte und der – offenbar zum Teil verdeckt agierenden – verhassten Polizei. Waffen in den Händen von Kriminellen, die aus den Gefängnissen geflohen sind, und von Demonstranten, die sie erbeuteten.

Ein großer Teil der Waffen stammt aus Deutschland. Nach Angaben des Bonner International Center for Conversion (BICC), eines der fünf größten deutschen Friedensforschungsinstitute, gehört Deutschland zu den wichtigsten Waffenlieferanten Ägyptens. »Innerhalb der EU steht Deutschland hinter Frankreich an zweiter Stelle, was die Rüstungsexportgenehmigungen betrifft«, sagt BICC-Experte Jan Grebe.

Im jüngsten Rüstungsexportbericht gibt das Bundeswirtschaftsministerium für 2009 gemäß Außenwirtschaftsgesetz Ausfuhren von Waffen und Ersatzteilen im Wert von insgesamt 77,5 Millionen Euro nach Ägypten an. Das ist der höchste Wert seit zehn Jahren. Geliefert wurden vor allem Kommunikationsausrüstung und Teile für Panzer und gepanzerte Fahrzeuge.

Dabei waren nach Recherchen des BICC aber auch 884 Maschinenpistolen. Geräte vom Typ MP 5 der baden-württembergischen Firma Heckler & Koch, mit denen nach Einschätzung des Waffenexperten des Freiburger Rüstungsinformationsbüros, Jürgen Grässlin, vor allem die ägyptische Polizei ausgestattet ist. »Das ist der Mercedes unter den Maschinenpistolen«, so Grässlin.

Welche Unternehmen Waffen nach Ägypten liefern, ist dem Rüstungsexportbericht der Bundesregierung allerdings nicht zu entnehmen. »Die Firmen sind sehr schwer zu ermitteln«, sagt Paul Russmann von der kirchlichen Friedensorganisation »Ohne Rüstung leben«. Nach seinen Informationen ist die ägyptische Polizei vor allem mit den deutschen MP 5 und Pistolen der italienischen Marke Beretta ausgestattet.

Eine Lieferung von 1200 Exemplaren der deutschen Maschinenpistole wurde im Jahr 2007 vom Außenwirtschaftsamt genehmigt. »Unverständlich« für Russmann, da die unrühmliche Rolle der ägyptischen Polizei seit langem bekannt sei. Das findet auch Jan Grebe vom BICC: »Vor dem Hintergrund der schlechten Menschenrechtslage und den internen Konflikten sind die zuletzt stark angestiegenen Genehmigungen der Rüstungsexporte nicht nachvollziehbar.«

Der Zuwachs ist in der Tat bemerkenswert – nämlich um mehr als das Doppelte im Jahr 2009. Geliefert hat Deutschland in den vergangenen zehn Jahren nach Informationen des BICC neben Maschinenpistolen, Revolvern und Gewehren unter anderem auch Teile für Kanonenmunition, Funkgeräte und Schnellboote. Ihr Gesamtwert betrug zwischen 1999 und 2009 knapp 270 Millionen Euro.

Die Bundesregierung betont in ihren Grundsätzen für den Export von Rüstungsgütern, dass bei Entscheidungen vor allem die »Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungs- und Endverbleibsland« ausschlaggebend sei. Größter Waffenlieferant der Ägypter sind allerdings die USA. Allein zwischen 2004 und 2008 gelangten laut BICC von dort Rüstungsgüter im Wert von knapp 2,2 Milliarden US-Dollar (1,6 Milliarden Euro) an den Nil.

U-Boote und Munitionstransporter:

Rüstungsgüter im Wert von insgesamt knapp 270 Millionen Euro hat Deutschland seit 1999 nach Ägypten exportiert. Ein eklatanter Anstieg auf mehr als das Doppelte ist zwischen 2008 und 2009 zu verzeichnen.

Den zweithöchsten Wert meldete das Bundeswirtschaftsministerium der rot-grünen Koalition im Jahr 2003 mit 41,15 Millionen Euro. Damals wurden vor allem Schnellboote, Munitionstransporter und Teile für U-Boote geliefert.

ric

http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12005652/485072/Aegyptens-Polizei-ist-mit-deutschen-Maschinenpistolen-bestueckt-Waffen.html