Zeitschriftenbericht
»Opfer der Waffenexporte«
in Ossietzky, Heft 2, S. 73 f. vom 22.01.2011



Die Opfer der Waffenexporte

Von Wigbert Benz

Seit Jahrzehnten beliefert die Heckler & Koch GmbH (H&K) in Oberndorf am Neckar, Europameister in Herstellung und Export von Gewehren und Pistolen, menschenrechtsverletzende Regime und kriegsführende Staaten. Opfer des Unternehmens sind mehr als eineinhalb Millionen getötete Menschen und noch mehr verstümmelte.

Bis heute ungeklärt ist die Frage, wie G36-Sturmgewehre im Sommer 2008 in die Hände georgischer Spezialeinheiten gelangten. Georgien befand sich zu diesem Zeitpunkt im Krieg mit Rußland. H&K bestreitet, selbst geliefert zu haben, obwohl die Waffen nachweislich aus der Oberndorfer Produktion stammen. Die Bundesregierung hat den illegalen Exportskandal bis heute nicht aufgeklärt.

Nun endlich kommt Bewegung in eine ähnlich gelagerte Sache, nachdem schon im April 2010 Jürgen Grässlin, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK), Strafanzeige gegen Heckler & Koch wegen illegaler G36-Gewehrlieferungen in mexikanische Unruheprovinzen gestellt hatte. »Noch im Herbst 2008 trainierten H&K-Mitarbeiter mit mexikanischen Polizisten in der Unruheprovinz Jalisco das Schießen mit G36-Gewehren«, so Grässlin. Acht Monate nach Eingang der Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft ist nun der H&K-Rüstungsexportbeauftragte Peter Beyerle zurückgetreten.

Unabhängig von weiteren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen startet ein Bündnis verschiedener Friedensgruppen in diesem Frühjahr die Kampagne »Aktion Aufschrei«. Opfer oder deren Angehörige aus Ländern, in denen deutsche Waffen zum Einsatz kommen (Türkei, Sudan, Somalia, Mexiko und anderen), berichten, was der Waffeneinsatz für jeden einzelnen der Millionen verletzten und behinderten Menschen konkret bedeutet, für seine Angehörigen und für die Hinterbliebenen der Erschossenen. Die Lizenzvergabe zum Bau des neuen G36-Gewehrs an Spanien und Saudi-Arabien erhöht die Dringlichkeit der Forderung nach einem Stopp weiterer Waffenexporte und Lizenzvergaben. Lebensnahe Berichte aus Krisen- und Kriegsgebieten führen das eindringlich vor Augen.

So wichtig es ist, den Opfern eine Stimme zu geben, muß immer auch sofort nach den Tätern gefragt werden – seien es Aufsichtsräte, Rüstungsmanager oder politisch Verantwortliche. Die Kampagne wird sie beim Namen nennen und sie im Bild zeigen. Geplant sind Aktionen vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin, vor dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Eschborn, Werken von Heckler & Koch, Daimler/EADS, Krauss-Maffei und weiteren Rüstungsprofiteuren. Die Zielperspektive ist klar: Verbot von Rüstungsexporten und Rückzug aus weltweiten Kriegseinsätzen.

Weitere Informationen: www.dfg-vk.de

http://www.sopos.org/aufsaetze/4d3adeceb0539/1.phtml