Zur Übersicht
Zu Aktuelles
»Neues Kapitel im Daimler-Desaster.
Kritische Aktionäre wollen Mercedes-Boykott«
Von Anke Engelmann
Bei der heutigen Aktionärshauptversammlung von DaimlerChrysler könnte es heiß hergehen: Die Kritischen Aktionäre beantragen, die Entlastung des Vorstandes
zu verweigern.
Es mutet seltsam an, wenn Aktionäre zum Boykott ihrer eigenen Produkte aufrufen. Genau das tun die Kritischen Aktionäre DaimlerChrysler (KADC). Pünktlich zur
heutigen Hauptversammlung startet die Kampagne: »Wir kaufen keinen Mercedes: - Boykottiert Streumunition!«, gab gestern KADC-Sprecher Jürgen Grässlin bekannt.
Die KADC wollen damit auf die Verwicklung von EADS, an der Daimler Anteile hält, in die Herstellung von Raketenwerfern für Streumunition aufmerksam machen.
Zudem fordern die KADC personelle Konsequenzen für die Milliardenverluste des Konzerns, für die ökologisch verfehlte Produktpalette sowie den massiven
Arbeitsplatzabbau seit der Fusion von Daimler Benz mit Chrysler im Jahr 1998.
Die dürfte bald Geschichte sein. Medienberichten zufolge dringt DaimlerChrysler nach einem Milliardenverlust auf einen schnellen Verkauf von Chrysler - auch
Thema des heutigen Aktionärstreffens. Bei einem solchen Deal müsse auch Vorstandschef Dieter Zetsche zurücktreten, forderte Grässlin und kündigte an, dass die
KADC Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung verweigern werden.
Ein neues Kapitel im Daimler-Desaster, dubiose Geschäfte und die Selbstbedienungs-Mentalität von Vorstandsmitgliedern zeigt Grässlin in seinem neuen Buch
»Abgewirtschaftet«. Unter Zetsches Ägide sei die Personalpolitik von Angst und Massenentlassungen geprägt, ergänzte Beate Winkler-Pedernera. Entgegen aller
Ankündigungen seien seit der Fusion 100 000 Jobs abgebaut worden. Mit dem Entgeltrahmenvertrag würden Mitarbeiter zudem systematisch herabgestuft. Es herrsche
ein Klima der Repression, »die Wut bei den Arbeitnehmern ist ohnegleichen«, berichtete die Personalpolitikexpertin der KADC.
Qualitätsminderung und Imageverlust: Durch Rückrufaktionen in Millionenhöhe sei der Kundenunzufriedenheitsindex in Amerika vom Wert sieben auf 27 gesunken,
berichtete KADC-Verkehrsexperte Alexander Dauensteiner. DaimlerChrysler habe die ökologische Kehrtwende verpasst, setzte auf spritfressende Dinosaurier und
CO2-Dreckschleudern. So verbrauchen die 419 in Deutschland angebotenen Modelle im Durchschnitt 9,7 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer. Nur etwa vier Prozent
erreichen die von der EU angesetzte CO2-Ausstoß-Marke von 130 Gramm pro Kilometer.
Zudem fänden sich im aktuellen EADS-Jahresbericht Hinweise auf Lenkwaffensysteme, die für Streumunition eingesetzt würden, so Thomas Küchenmeister vom
Aktionsbündnis Landmine.de.
Jürgen Grässlin:
»Abgewirtschaftet. Das Daimler-Desaster geht weiter«.
Knaur 2007, 9,95 Euro