Der Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft war am Donnerstag im Weißen Saal bei Prominente im Gespräch.
[Foto JG beim Vortrag]
Jürgen Grässlin referiert in Greiz. Foto: Karsten Schaarschmidt
Greiz. Jürgen Grässlin ist eine Frohnatur. Dabei könnte man vom Gegenteil ausgehen, wenn man weiß, dass sein Thema der Kampf gegen die deutsche Rüstungsindustrie ist und er das Leid kennt, das Waffen verursachen. Aber: »Wenn wir das Lachen verlieren, haben sie gewonnen«, sagt Grässlin. Mit »sie« meint er Unternehmen wie ThyssenKrupp, EADS, Heckler & Koch, Mercedes oder Jenoptik. Wie eng Rüstungsindustrie und Politik miteinander verstrickt sind, erklärte der Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft am Donnerstag im Weißen Saal bei Prominente im Gespräch.
30 Kriege und bewaffnete Konflikte tobten derzeit auf der Erde, sagt Grässlin. Und überall komme deutsches Know-how zum Einsatz - tötet, verstümmelt oder hilft dabei. Neben Konzernen wie Krauss-Maffei oder Rheinmetall zeigt Grässlin auch auf ein Unternehmen aus unmittelbarer Nachbarschaft: die Jenoptik AG. Mit Richtantrieben für Waffensysteme, Nacht- und Wärmebildkameras sei die Jenaer Aktiengesellschaft dick ins milliardenschwere Rüstungsgeschäft involviert.
Jürgen Grässlin hat viele Gegner. Die Firma Heckler & Koch, Hersteller und Exporteur von Kleinfeuerwaffen wie Pistolen, Sturm- und Maschinengewehren, gehört zu seinen besonderen Gegnern. Es gäbe kaum einen Konfliktherd, bei dem diese Waffen nicht zum Einsatz kommen würden - und fast immer mit Billigung der deutschen Politik.
Weltweit einmalig sei, dass in Deutschland nicht das Parlament über Rüstungsexporte entscheidet, sondern der geheim tagende Sicherheitsrat unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). »Frau Merkel ist die tödlichste Politikerin, die es in Deutschland gibt«, stellt Grässlin fest und lässt auch an Gabriel kein gutes Haar, der Rüstungsexporte bewillige, die gegen Grundgesetz und Völkerrecht verstoßen würden.
Kritik übte Grässlin an der Staatsanwaltschaft Stuttgart, die nur zögerlich oder nicht auf Anzeigen wegen Rüstungsexportverstößen eingehen würde. Aber noch ein anderes Fenster öffnete er: »Wir produzieren Flüchtlinge mit Waffenexporten.« Und er zeigt, dass besonders viele Flüchtlinge aus den Ländern zu uns kommen, die Deutschland zuvor mit Waffen beliefert hat.
Wie sehr das Thema bewegt, zeigte die Diskussion mit dem Publikum, das Grässlin ermutigte, sich einzumischen, als Kleinaktionäre Konzerne mit zu kontrollieren oder sich Friedensinitiativen anzuschließen. Musikalisch brillant umrahmt wurde der Abend von Herrmann Losch (Piano), Harald Seidel (Bass), Jens Wunderlich (Schlagzeug).
Karsten Schaarschmidt / 21.02.15 / OTZ