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Daimler-Kritiker Grässlin will notfalls bis Karlsruhe klagen
Von Klaus Riexinger
Der Rechtsstreit zwischen dem Freiburger DaimlerChrysler-Kritiker Jürgen Grässlin und dem Stuttgarter Autokonzern wird immer zerfahrener. Nach zwei
verlorenen Prozessen ist Grässlin entschlossen, erneut in die Berufung zu gehen. Währenddessen fordert Vorstandschef Dieter Zetsche 50 000 Euro
Schmerzensgeld von dem Freiburger Lehrer. Probleme drohen dem Konzern durch eine Klage wegen Insidergeschäfte.
»Ich schlage Herrn Zetsche vor, gemeinsam einen Fonds zur Aufklärung der Daimler-/EADS-Rüstungsexporte und die Hilfe für die Opfer zu gründen«, spottet
Grässlin über die Forderung Zetsches. Der Konzernchef hat Grässlin in dieser Woche, 50 000 Euro wegen der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zu zahlen
und mit einem Prozess gedroht. Das Geld wolle er einer gemeinnützigen Organisation geben, sagte Zetsche dem
Manager-Magazin.
Grässlin hatte Zetsche wegen
[MAULKORB! DERZEIT IST MIR AUF ANTRAG VON ETSCHE UND DAIMLERCHRYSLER < NOCH >
GERICHTLICH UNTERSAGT, MEINE STRAFANZEIGE GEGEN ZETSCHE U.A. ZU BEGRÜNDEN!!!] angezeigt, weil Zetsche vor dem Landgericht Berlin bestritt, in
Graumarktgeschäfte verwickelt gewesen zu sein. Darunter versteht man den Verkauf von Neuwagen mit hohen Rabatten an nicht lizenzierte Händler. Grässlins Anwalt
Holger Rothbauer fragt sich unterdessen, auf welcher rechtlichen Grundlage Zetsche Grässlin nun verklagen will.
Gegen Zetsches Vorgänger Jürgen Schrempp hat Grässlin in der Vorwoche einen Prozess vor dem Landgericht in Hamburg verloren: Grässlin wurde untersagt zu vermuten,
Schrempp sei [MAULKORB! AUSSAGE IST MIR AUF ANTRAG VON SCHREMPP UND DAIMLERCHRYSLER DERZEIT < NOCH >
GERICHTLICH UNTERSAGT!] zurückgetreten. Grässlin will gegen das Urteil, das er als absurd bezeichnet, Berufung einlegen. Sollte Grässlin erneut
unterliegen, bleibt der Gang nach Karlsruhe. »Spätestens das Bundesverfassungsgericht wird dem Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit Geltung verschaffen«, hofft
Grässlin.
Laut Grässlin hatten die Landgerichte in München und Köln ein Verfahren gegen ihn in dieser Sache abgelehnt, weil sie seine Äußerungen durch die Meinungsfreiheit
gedeckt sahen. Das Landgericht Hamburg entschied anders.
Unterdessen kommt neue Bewegung in ein anderes Verfahren. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung in dieser Woche unter Berufung auf die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) berichtete, habe DaimlerChrysler 18 Tage vor der Bekanntgabe von Schrempps Rücktrittsankündigung entsprechende
Presseerklärungen und Mitarbeiterbriefe entworfen: Laut Bafin der Beleg für eine Insiderinformation, die sofort hätte veröffentlicht werden müssen. Als Schrempps
Rücktrittsankündigung dann kam, stieg die DaimlerChrysler-Aktie um über zehn Prozent.
Grässlin, zugleich Sprecher der Kritischen Aktionäre DaimlerChrysler, vermutete, dass unter anderem die Deutsche Bank das Insiderwissen genutzt hätte, um
Kursgewinne zu erzielen. Die Bafin sah dafür jedoch keinen Anhaltspunkt.
Grässlin selbst will zwölf Tage vor der offiziellen Erklärung des Stuttgarter Konzerns von Schrempps Rücktritt erfahren haben und benennt dafür Zeugen. Zusätzlich
sieht sich DaimlerChrysler mit einer Sammelklage von Aktionären konfrontiert, denen der Kursgewinn entging, weil sie vor Schrempps Ankündigung Aktien verkauft
hatten. Geschätzte Summe: bis zu sieben Millionen Euro. Der Konzern bleibt dabei, der Informationspflicht nachgekommen zu sein.
Pünktlich zur Hauptversammlung am 4. April bringt Grässlin sein neues Buch über DaimlerChrysler heraus. Darin will er für den Konzern belastende, interne Dokumente
veröffentlichen, die seiner Meinung nach in den bisherigen Prozessen nicht ausreichend gewürdigt wurden.