Zeitungsbericht »Ex-Daimler-Manager verurteilt«
in den Stuttgarter Nachrichten vom 23.10.2009


Ex-Daimler-Manager verurteilt

Früherer Vertriebschef von Mercedes des Meineids schuldig gesprochen - Berufung angekündigt

Der frühere Inland-Vertriebschef von Mercedes, Jürgen Fahr, ist wegen Meineids verurteilt worden. Laut Gericht hat er über Graumarktgeschäfte gelogen. Der Prozess könnte Daimler-Chef Zetsche eine neue Strafanzeige bescheren.

Von Stefanie Koller und Rainer Wehaus

STUTTGART. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Manager der damaligen DaimlerChrysler AG vor sieben Jahren in einem Prozess um sogenannte Graumarktgeschäfte nicht die Wahrheit gesagt hat. Der 61-Jährige habe von solchen Verkäufen gewusst, dies aber in einem konkreten Fall 2002 vor Gericht bestritten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung kündigte an, Rechtsmittel einzulegen.

Der Anwalt von Daimler-Kritiker Jürgen Grässlin, Holger Rothbauer, erwägt nun, gegen Daimler-Chef Dieter Zetsche neue Strafanzeigen zu stellen. Zetsche hatte in eidesstattlichen Versicherungen erklärt, dass er damals vor Gericht nicht generell zu Graumarktgeschäften befragt worden sei. Wie Rothbauer unserer Zeitung sagte, hat eine damalige Richterin nun aber ausgesagt, dass darüber 2002 sehr wohl mit allen Zeugen gesprochen worden sei. Gegen Zetsche war in dem Zusammenhang bereits wegen uneidlicher Falschaussage und der Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen ermittelt worden. Die Verfahren wurden aber letztlich ohne Strafe eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen Fahr eine Bewährungsstrafe von 15 Monaten beantragt, die Verteidigung Freispruch. Das Amtsgericht ging offenbar von einem minderschweren Fall von Meineid aus und verhängte als Strafe zehn Monate. Eigentlich liegt bei Meineid die Mindeststrafe bei zwölf Monaten.

Am Mittwoch räumte Fahr ein, dass es durchaus Graumarktgeschäfte gegeben hatte. Insgesamt seien damals pro Jahr 6000 Autos auf den Graumarkt geraten. Das seien 1,5 Prozent der jährlich rund 400 000 verkauften Fahrzeuge von Daimler gewesen.

Der Angeklagte, Sohn einer angesehenen Stuttgarter Familie, war von 1993 bis 2005 in der Geschäftsleitung des Deutschlandvertriebes. 2005 schied er wegen »Unregelmäßigkeiten« aus dem Unternehmen aus.