Zeitungsbericht »Arbeitsgericht verwirft Kündigungen.
Waffenkonzern Heckler & Koch muss zwei gefeuerte Mitarbeiter
wieder einstellen. Nur Bauernopfer im Exportskandal?«
in Badische Zeitung online (am 15.01.2014)
und Printausgabe (am 16.01.2914)




Arbeitsgericht verwirft Kündigungen

Waffenkonzern Heckler & Koch muss zwei gefeuerte Mitarbeiter wieder einstellen / Nur Bauernopfer im Exportskandal?

[Foto] Heckler&Koch-Firmensitz Foto: dpa

VILLINGEN-SCHWENNINGEN. Der Oberndorfer Waffenhersteller Heckler & Koch hat vor dem Arbeitsgericht in Villingen-Schwenningen eine Niederlage einstecken müssen. Das Gericht erklärte die Kündigung zweier Mitarbeiter für unwirksam, die wegen illegaler Exporte von Sturmgewehren nach Mexiko entlassen werden sollten. Der ehemalige Bereichsleiter im Vertrieb wie auch eine zuletzt als Sachbearbeiterin tätige Angestellte waren mit ihrer Klage auf Weiterbeschäftigung erfolgreich.

Der Prozess stand im Zusammenhang mit einer Anzeige des Freiburger Rüstungskritikers Jürgen Grässlin gegen ursprünglich neun Mitarbeiter der Firma Heckler & Koch aus dem Jahr 2010. Grässlin wirft der Oberndorfer Waffenschmiede die Lieferung von 9652 G-36-Sturmgewehren nach Mexiko vor. Die Beschuldigten sollen damit gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen haben. Denn von den Waffen gingen 4800 in die Unruheprovinzen Chiapas, Chihuahua, Guerrero und Jalisco, wo Drogenkrieg und Korruption herrschen und es zuletzt auch zu Aufständen der Indio-Bevölkerung gegen die Zentralmacht in Mexiko-Stadt kam.

In die genannten Regionen darf nicht geliefert werden - was das Oberndorfer Unternehmen aber getan habe. Heckler & Koch habe über den Endverbleib der Waffen Bescheid gewusst, für die Ausfuhrgenehmigung aber falsche Angaben gemacht, so Grässlins Vorwurf. Er weist zudem darauf hin, dass die Polizei in den betroffenen Regionen gar von Heckler & Koch-Mitarbeitern an der Waffe ausgebildet worden seien.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart übernahm die Ermittlungen, der Verdacht erhärtete sich, und im Frühjahr 2013 kam es zu mehreren Hausdurchsuchungen. Das Unternehmen ging daraufhin gegen zwei Mitarbeiter vor, die beide seit mehr als 30 Jahren in dem Unternehmen tätig sind. Sie sollen, so die Version des Unternehmens, hinter dem Rücken der Geschäftsführung operiert und Ausfuhrgenehmigungen manipuliert haben. Beiden Mitarbeiter wurde gekündigt.

Das Arbeitsgericht ließ in seinem Urteil nun offen, wie genau es zu den Waffenlieferungen kam und wer wann über welche Umstände informiert war. Das zu ermitteln ist Sache der Staatsanwaltschaft Stuttgart, der gekündigte Vertriebsbereichsleiter Axel H. wird dort als einer von 14 Beschuldigten geführt. Das Urteil betrifft allein arbeitsrechtliche Fragen. So habe das Unternehmen vor der Kündigung die beiden Mitarbeiter nicht abgemahnt und ihnen auch kein Gehör geschenkt, bemängelt das Gericht.

»Vor Ausspruch einer sogenannten Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber den Sachverhalt aufklären und den Arbeitnehmer zu den ermittelten Vorwürfen anhören«, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts.

»Es ist sehr erfreulich, dass die Strategie des Bauernopfers gescheitert ist«, kommentierte Grässlin das Urteil. »Die Geschäftsführung hat alles gewusst und gedeckt, sie hat schließlich sogar die Reisekostenabrechnungen gegengezeichnet.« Aus seiner Sicht, so Grässlin, habe der Prozess aber in einzelnen Details Neues gebracht - weshalb er seine ursprüngliche Anzeige gegen neun Mitarbeiter von Heckler & Koch um fünf Namen ergänzt habe. Erst im Laufe der Verhandlungen seien die Namen dieser Mitbeteiligten bekannt geworden.

Heckler & Koch will laut einer Stellungnahme die Urteilsbegründung zunächst prüfen. Das Unternehmen kündigte dennoch bereits an, vor das Landesarbeitsgericht zu ziehen.

Wann die Ermittlungen gegen die 14 Mitarbeiter von Heckler & Koch abgeschlossen sein werden, konnte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart nicht sagen. »Wir sind noch am Ermitteln«, so Staatsanwältin Claudia Krauth.

http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/arbeitsgericht-verwirft-kuendigungen--79684443.html