Zeitungsbericht »Rote Karte für Kopper.
Kritische Daimler-Aktionäre fordern Rücktritt«
in Stuttgarter Nachrichten vom 06.04.2006



Rote Karte für Kopper

Kritische Daimler-Aktionäre fordern Rücktritt

Stuttgart - Die Kritischen Aktionäre DaimlerChrysler (KADC) wollen auf der Hauptversammlung in der kommenden Woche in Berlin den Rücktritt von Aufsichtsratschef Hilmar Kopper fordern.

VON VOLKER STEINMAIER

Kopper habe seit Jahren seine Verantwortung als Oberaufseher nicht richtig wahrgenommen, sagte KADC-Sprecher Holger Rothbauer in Stuttgart: »Er sollte es Jürgen Schrempp und Rolf Breuer gleichtun und zurücktreten.« Die Aktionärsvereinigung hat einen Antrag gestellt, wonach die Hauptversammlung über Koppers Entlastung einzeln abstimmen soll. Dafür braucht sie die Unterstützung von 384.000 Aktien. Schon jetzt können Aktionäre im Internet den Antrag unterstützen. »Es sieht gut aus, dass die Einzelabstimmung zu Stande kommt«, sagte Rothbauer.

Nach Ansicht der Aktionärsvereinigung ist Kopper nach dem Rückzug von Konzernchef Schrempp der letzte verbleibende Hauptverantwortliche für zahlreiche Fehlentwicklungen bei Daimler. Nicht nur die frühe Vertragsverlängerung für Schrempp habe ihn angreifbar gemacht. Auch die Substanz des Fusionspartners Chrysler sei 1998 falsch eingeschätzt worden, genauso wie die von Mitsubishi Motors, wo sich Daimler vorübergehend engagiert hatte. Qualitätsprobleme bei Mercedes, Korruptionsaffären im Vertrieb, Smart- und Maybach-Verluste sind weitere Punkte, wo die KADC Kopper vorwerfen, nicht richtig hingeguckt zu haben.

Schrempp-Biograf und KADC-Sprecher Jürgen Grässlin bezeichnete den Maybach als das »unsinnigste Projekt in der Geschichte des Unternehmens«. Das größte »Desaster« ist für ihn jedoch das Engagement beim Rüstungskonzern EADS. Dass Daimler seine Anteile reduziert, sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, gingen aber nicht weit genug. Nun wollen die KADC-Vertreter auf der Hauptversammlung Kopper symbolisch die Rote Karte zeigen.

Der Mettinger Betriebsrat Tom Adler äußerte auch scharfe Kritik am neuen Konzernchef Dieter Zetsche, der seinen Vorgänger bei der Profitorientierung offensichtlich noch übertreffen wolle: »Die Belegschaft wird nur noch als Kostenfaktor gesehen.« Der Druck wachse, die modernen Montagelinien seien ein »Albtraum«. Angesichts der Qualitätsprobleme bezeichnete er Pläne, die Zahl der Kontrollen zu reduzieren, als »völlig absurd«. Adler äußerte zudem die Befürchtung, dass es in der Mercedes-Organisation nicht beim Abbau von 8500 Jobs bleiben wird: »Aktuell fallen im Werk Untertürkheim 1200 Stellen weg. Inzwischen steht im Raum, dass weitere 1400 dazukommen könnten.«