Radiobericht »Heckler & Koch mit neuem Geschäftsmodell.
Waffen nur für Demokraten« in Deutschlandfunk.de
vom 11.12.207



Heckler & Koch mit neuem Geschäftsmodell

Waffen nur für Demokraten

Die schwäbische Rüstungsfirma Heckler & Koch setzt offenbar auf eine Imagekorrektur: Künftig will der Hersteller von Kleinwaffen nur noch in sogenannte »grüne Länder« liefern – gemeint sind rechtsstaatliche Demokratien. Kritiker vermuten dahinter eine Verschleierungstaktik. Von Uschi Götz und Oliver Schmale

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[Foto] Das Sturmgewehr HK 416F in Oberndorf beim Waffenhersteller Heckler & Koch in einem Ausstellungsraum (picture alliance / Patrick Seeger/ dpa)

Die Zahl der Krisen und Kriege weltweit lässt sich auch im friedlichen Deutschland erkennen – an wachsenden Rüstungsexporten zum Beispiel. Von Januar bis April dieses Jahres hat die Bundesrepublik die Ausfuhr von Kleinwaffen – das sind vor allem Pistolen und Gewehre – im Wert von rund 22 Millionen Euro genehmigt. Ein Jahr zuvor waren es noch vier Millionen Euro in derselben Zeit. Einer der wichtigsten Abnehmer war dieses Jahr Indien, wie der Zwischenbericht zur Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung zeigt.

Indien ist weder in der EU noch in der Nato und daher für Rüstungsexporteure ein sogenanntes Drittland – und dazu eines, das in einem Dauerkonflikt mit Pakistan steckt. Kein selbstverständlicher Handelspartner für Deutschland, das sich gern für seine hohen moralischen Maßstäbe in der Rüstungsexportpolitik rühmt.

Doch unabhängig davon, welche Export-Zurückhaltung vom Staat auferlegt wird, schlägt nun einer der bekanntesten Hersteller von Kleinwaffen, das baden-württembergische Unternehmen Heckler & Koch, einen neuen Weg ein. Heckler & Koch will künftig nur noch in sogenannte »grüne Länder« liefern. Das sind NATO-Staaten oder Staaten, die NATO-Mitgliedern gleichgestellt sind. Gemeint sind rechtsstaatliche Demokratien. Länder wie Saudi-Arabien, Mexiko oder Brasilien werden demnach nicht mehr beliefert – ebenso wenig die Türkei.

Die Firma wirbt mit einem einzigartigen Sortiment

Es sieht aus, als verspräche sich Heckler & Koch eine Imagekorrektur von seiner Neuausrichtung. Das in Oberndorf am Neckar ansässige Unternehmen wirbt mit einem einzigartigen Sortiment, das Pistolen, Maschinenpistolen, Sturmgewehre, Präzisionsgewehre und Maschinengewehre umfasst.

Rüstungsgegner erheben seit Jahren schwere Vorwürfe, was die Nutzung dieses Sortiments betrifft: »Heckler & Koch ist das tödlichste Unternehmen in der Historie der Bundesrepublik Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg. Wir sprechen nach Recherchen meinerseits von über zwei Millionen Toten, die das Unternehmen und die Lizenznehmer zu verantworten haben.«

[Foto] Der Freiburger Rüstungsgegner Jürgen Grässlin, hier im Dezember 2013 im Arbeitsgericht in Villingen-Schwenningen, kämpft schon lange für eine Welt ohne Waffen (picture alliance / dpa)

Seit 30 Jahren kämpft der Freiburger Lehrer Jürgen Grässlin für eine friedlichere Welt ohne Waffen. Zahlreiche Bücher hat der 60-Jährige über die deutsche Rüstungsindustrie und deren Verflechtungen mit der Politik veröffentlicht – seine besondere Konzentration gilt jedoch dem Unternehmen in Oberndorf.

Grässlin ist auch eines der prominentesten Gesichter der Aktion »Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!«, die unter anderem vom Hilfswerk Misereor, von Brot für die Welt und terre des hommes getragen wird.

Überraschende Hauptversammlung am 15. August 2017

Seit einigen Monaten jedoch ist eine erstaunliche Annäherung zwischen Grässlin und dem schwäbischen Waffenhersteller zu verzeichnen. Zur neuen Strategie von Heckler & Koch zählt auch, sich jetzt seinen Kritikern zu stellen.

Die Wende in der Unternehmenspolitik, die im Frühjahr 2016 eingeleitet worden sein soll, wurde durch einen Tag im vergangenen Sommer markiert.

Mitte August, Sulz am Neckar. Rund zehn Kilometer vom Stammsitz des börsennotierten Unternehmens entfernt findet die Hauptversammlung der Aktionäre statt. Treffpunkt ist ein Wellness-Hotel. Am Straßenrand vor dem Gebäude stehen Polizisten und beobachten eine Handvoll Friedensaktivisten.

Kurz vor dem Aktionärstreffen halten ein paar Frauen und Männer Plakate mit der Aufschrift »Stoppt den Waffenhandel« hoch. Auf einem anderen Plakat steht zu lesen: »Andere retten Leben – Wir helfen töten«. Unter den Demonstrierenden ist auch Rüstungsgegner Jürgen Grässlin. Er und sechs Mitstreiter haben Aktien gekauft und werden erstmals an einer Hauptversammlung von Heckler & Koch teilnehmen.

Was sie dann erleben, beeindruckt Grässlin anhaltend:

»Ich glaube, dass die Hauptversammlung am 15. August 2017 sowohl für Vorstand und Aufsichtsrat von Heckler & Koch, als auch für uns, die wir kritische Aktionärinnen und Aktionäre sind, überraschend war, deshalb weil es tatsächlich zu einer intensiven Kommunikation kam.«

Auch vor den Türen des Tagungsortes geschieht an diesem Tag etwas Unerhörtes. Nach der Hauptversammlung geht der Vorstandsvorsitzende Norbert Scheuch auf die wartenden Journalisten zu. Zur Hauptversammlung waren sie nicht zugelassen. Doch bereitwillig stellt sich Scheuch nun ihren Fragen und bestätigt dabei, dass es neue Umgangsformen – und neue Geschäftsziele gibt:

»Ja, der Umschwung kommt einfach aus einer kritischen Bewertung des Geschäftes heraus, und wir wollen uns mit dem Unternehmen, mit den Unternehmensaktivitäten konform verhalten. Es ist so, dass die Bundesregierung einen Korridor vorgibt, und in diesem Korridor haben wir uns noch einmal ein eigene Selbstbeschränkung auferlegt, eine Einschätzung eingezogen von Ländern, von denen wir glauben, es könnte möglicherweise problematisch sein, dorthin Handwaffen zu liefern.«

Der Vorstandsvorsitzende Norbert Scheuch wird entlassen

Zwei Wochen später wird Norbert Scheuch allerdings entlassen. Die Gründe dazu teilt die Firma nicht mit. Der Manager klagt jetzt gegen seinen Rausschmiss vor dem Landgericht Rottweil, im April 2018 soll sich eine Kammer für Handelssachen damit befassen. Für die interessierte Öffentlichkeit ist Norbert Scheuch derzeit nicht zu sprechen.

Kaum war Scheuchs Entlassung bekannt geworden, meldete sich allerdings Dieter John, Aufsichtsratsvorsitzender von Heckler & Koch, telefonisch bei Rüstungsgegner Grässlin. John kündigte an, man werde weiterhin die »Grüne-Länder-Strategie« verfolgen.

[Foto] Das Logo der Heckler & Koch GmbH an der Niederlassung des Unternehmens in Oberndorf (picture alliance / dpa / Wolfram Kastl)

Das wirft Fragen auf. Bei Heckler & Koch meldet sich, anders als früher, ein Unternehmenssprecher innerhalb kürzester Zeit zurück – und sorgt dafür, dass nahezu alle Punkte wenigstens schriftlich beantwortet werden. Etwa, ob es trotz der Entlassung des Vorstandsvorsitzenden Scheuch bei der Neuausrichtung bleibe:

»Die strategische Neuausrichtung von Heckler & Koch ist eine Maßnahme, die nicht an Einzelpersonen gekoppelt ist, sondern vielmehr von Vorstand, Aufsichtsrat und Gesellschaftern gleichermaßen mitgetragen wurde und wird.«

Aus den Krisenländern der Welt zurückgezogen

Als Konsequenz habe man sich aus den Krisenregionen dieser Welt zurückgezogen, teilt Heckler & Koch weiter mit. Weiter heißt es in der Antwort aus Oberndorf:

»Ausgenommen können Fälle sein, in denen Heckler & Koch gesetzlich und/oder vertraglich zur Erfüllung geltender Vereinbarungen von vor 2016 verpflichtet ist.«

Eine zentrale Forderung der Rüstungsexport-Gegner rings um Jürgen Grässlin ist die Einrichtung eines Opferfonds. Demnach soll Heckler & Koch Geld zur Verfügung stellen, um Menschen und Angehörige zu entschädigen, die durch Waffen des deutschen Rüstungsherstellers verletzt, traumatisiert oder getötet wurden.

Bei diesem heiklen Thema will man sich jedoch in Oberndorf noch nicht festlegen.

»Derzeit prüfen wir, wie auf der Hauptversammlung der Heckler & Koch AG zugesagt, intern, ob die Einrichtung eines Opferfonds, wie Herr Grässlin sie angeregt hat, umsetzbar ist.«

Ausdrücklich wird in dem Antwortschreiben der Dialog mit Grässlin und seinen Mitstreitern gelobt:

»Die Hauptversammlung der H&K AG im August 2017 nahm einen sehr konstruktiven Verlauf. Friedensaktivisten, die sich selbst so bezeichnen und im Besitz von Aktien sind, haben sich höflich und sachlich eingebracht, wir haben mit großem Back-Office alle Antworten auf die zahlreichen Fragen best- und schnellstmöglich recherchiert und nicht minder höflich und sachlich vorgetragen. Am Ende waren beide Seite positiv überrascht und zufrieden über die Art des freundlichen Umgangs miteinander. Wir hoffen, dass dieser fortgeführt werden kann.«

Bundeswehr als wichtigster Kunde

Einer der wichtigsten Kunden des schwäbischen Mittelständlers ist die Bundeswehr. Doch ausgerechnet mit dem Verteidigungsministerium gab es 2015 einen Streit um das Sturmgewehr G36. Mittlerweile läuft die Zusammenarbeit aber besser als je zuvor, heißt es selbstbewusst aus Oberndorf:

»Kürzlich haben wir die KSK-Ausschreibung gewonnen und werden folglich die Spezialkräfte der Bundeswehr mit unseren Sturmgewehren ausrüsten. Diesen wichtigen Meilenstein werten wir als weiteren Erfolg unserer herausragenden Arbeit und Performance.«

[Foto] Soldaten der Bundeswehr üben im Spezialpionierbataillon 164 in Husum mit dem G36-Gewehr; Aufnahme vom April 2015 (picture alliance / dpa / Christian Charisius)

Wichtiger aber als die Belieferung der Spezialkräfte ist das Ausschreibungsverfahren für rund 120.000 Sturmgewehre und entsprechendes Zubehör für die Truppe, an dem sich Heckler & Koch beteiligt. Der Abschluss der Verträge ist für 2019 geplant. Möglicherweise ist das Selbstbewusstsein der Oberndorfer berechtigt. Denn der Waffenhersteller Sig Sauer aus dem schleswig-holsteinischen Eckernförde hat sich kürzlich unter Protest aus der Ausschreibung zurückgezogen: Die technischen Anforderungen seien zu eindeutig auf Heckler & Koch zugeschnitten. Im Rennen ist jedoch auch noch Rheinmetall zusammen mit Steyr Mannlicher.

Frankreich orderte mehr als 100.000 Sturmgewehre

Rüstungsgegner Grässlin hat indes angekündigt, seine Mitstreiter und er würden noch mehr Aktien kaufen, um noch besser über Heckler & Koch wachen zu können. Trotz der sommerlichen Annährung bleibe man vorsichtig.

»Der Wolf im Schafspelz hat natürlich eine Intention: die Intention heißt, den Großauftrag von über 120.000 Sturmgewehren für die Bundeswehr zu gewinnen. Wir reden von 250 Millionen Euro, die dieser Auftrag wert ist. Und der klassischen Signalwirkung: Wenn wir, Heckler & Koch, die Standardwaffe für die Bundeswehr liefern, werden wir in Zukunft auch über Jahrzehnte hinaus Exporte tätigen können.«

Auch einen besonderen Coup des Unternehmens – die Bestellung von 102.000 Sturmgewehren durch das französische Verteidigungsministerium im September 2016 – sieht Grässlin eher kritisch, EU-Nachbar hin oder her. Zwar sei nicht Frankreich selbst das Problem, aber der denkbare Verbleib der Waffen in den Händen afrikanischer Truppen. Grässlin unterstellt, dass die Heckler & Koch-Gewehre an Einsatzorten wie etwa Mali ihren Weg zu irgendwelchen Milizen finden könnten:

»Da ist vieles jetzt Vorgabe, Proklamation. Wir werden intensiv verfolgen, ob es Heckler und Koch ernst meint, und man muss wirklich ein großes Fragezeichen machen, wie glaubwürdig die Strategie ist.«

Die sicherlich von den Eigentümern vorgegeben wird – über die sonst allerdings relativ wenig bekannt ist. Mehrheitseigentümer der deutschen Waffenschmiede ist Andreas Heeschen. 2002 stieg er mit einer Investorengruppe in das Unternehmen ein. Der in London lebende Geschäftsmann Heeschen meidet die Öffentlichkeit.

Offen kommuniziert das Unternehmen jedoch seine Expansionspolitik. So soll im amerikanischen Bundesstaat Georgia für 23 Millionen US-Dollar eine Fabrik für Pistolen sowie Sport- und Jagdgewehre gebaut werden, wie Heckler & Koch Anfang des Jahres ankündigte. Dem Deutschlandfunk erklärt Heckler & Koch:

»Die USA sind als grünes Land einer der größten und wichtigsten Absatzmärkte für die Heckler & Koch Gruppe. Eine logische Folge der Grüne-Länder-Strategie, auf deren Grundlage wir uns in Form einer freiwilligen Selbstverpflichtung aus zahlreichen Regionen und Ländern dieser Welt zurückgezogen haben, ist, dass wir unsere Aktivitäten in den grünen Ländern ausbauen.«

Fast 40 Prozent seines Gesamtumsatzes von gut 200 Millionen Euro machte Heckler & Koch 2016 mit Verkäufen für den zivilen US-Markt - im Vergleich zu 2015 hatte sich der amerikanische Markt damit verdoppelt.

Auch den Tübinger Rechtsanwalt Holger Rothbauer beschäftigt das baden-württembergische Unternehmen schon seit vielen Jahren. Rothbauer hatte im April 2010 die erste Anzeige von Rüstungsgegner Grässlin gegen Heckler & Koch formuliert. Dabei geht es um den Verdacht der illegalen Exporte des G36-Sturmgewehrs nach Mexiko sowie der Korruption. Rothbauer begrüßt die Neuausrüstung bei dem Waffenhersteller in Baden-Württemberg - glaubt aber, die Strategie dahinter zur erkennen:

»Völlig klar, dass die Heckler-Produktion in Deutschland nicht mehr für den Export großartig gedacht ist, sondern der Export wird im Trump-Land USA vonstattengehen. Hier werden die Kapazitäten enorm nach oben gefahren, weil man hier weiß, dass Exportkontrolle quasi nicht mehr stattfindet, und von den USA aus dann in alle Länder geliefert werden kann. Selbst wenn die Kontakte und die Verträge von Oberndorf aus geschlossen würden.«

Das weist Heckler & Koch von sich. Auf Anfrage des Deutschlandfunks erklärt das Unternehmen:<&/

»Lieferungen von den USA in andere Länder sind ausdrücklich nicht vorgesehen. Insofern ist die zitierte These, wir würden uns mit dem Schritt in die USA der Exportkontrolle durch die Bundesregierung entziehen wollen, schlichtweg falsch.«

G36-Gewehre gelangten nach Mexiko in den Drogenkrieg

Im übrigen seien die U.S.-Exportkontrollvorschriften um einiges restriktiver und strenger als im deutschen oder europäischen Rechtskreis.

Vertrauensaufbau im Ausland kann derzeit nicht schaden. In Deutschland war es - neben dem Streit um die Treffsicherheit des G36-Gewehres mit der Bundeswehr - der Fall Guerrero in Mexiko, der den Waffenhersteller viel Vertrauen gekostet hat. 43 Studenten wurden 2014 im mexikanischen Bundesstaat Guerrero erschossen – von Drogenbanden und der örtlichen Polizei, mutmaßlich mit G36-Gewehren von Heckler & Koch, die in der ausgewiesenen Konfliktregion nichts verloren hatten.

Bis heute ist dieses besonders dunkle Kapitel von Heckler & Koch juristisch nicht aufgearbeitet. Das Landgericht Stuttgart hat im Mai 2016 die Anklage gegen frühere Mitarbeiter von Heckler & Koch zugelassen:

Demnach sollen die Angeklagten in den Jahren 2006 bis 2009 an insgesamt 16 Lieferungen des Sturmgewehrs G36 und Zubehör nach Mexiko beteiligt gewesen zu sein. Jan Holzner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart:

»Die Gewehre und Zubehörteile sollen mit Kenntnis der Angeklagten in mexikanische Bundesstaaten abgegeben worden sein, die nicht von deutschen Exportgenehmigungen umfasst waren.«

Angeklagt sind sechs frühere Mitarbeiter von Heckler & Koch. Vier der Angeklagten sind laut Staatsanwaltschaft teilweise geständig:

»Unter den Angeklagten befindet sich ein vormals für das Unternehmen in Mexiko tätiger Verkaufsrepräsentant, eine Vertriebsmitarbeiterin, zwei ehemalige Vertriebsleiter sowie zwei ehemalige ausfuhrverantwortliche Geschäftsführer.«

Einer der beiden Geschäftsführer ist der Jurist Peter Beyerle. Beyerle war bis zu seinem Ruhestand im November 2005 Präsident des Landgerichts Rottweil. Davor, nämlich bis 1998, war er Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Stuttgart. Beyerle soll nun in unmittelbarer Nachbarschaft seiner früheren Wirkungsstätte der Prozess gemacht werden. Doch obwohl das Verfahren formell eröffnet ist, verzögert sich der Verhandlungsbeginn Jahr um Jahr:

»Es ist mir schleierhaft, denn Gerichtssäle müssten eigentlich genügend vorhanden sein in Stuttgart, um diesen Prozess durchzuführen. Man kann sich im Grunde nur vorstellen, dass es um den Schutz des Hauptangeklagten, nämlich dem frühen Landgerichtspräsident aus Rottweil, dem Herrn Peter Beyerle, geht. Der ja Teil der Juristenfamilie - in Anführungszeichen - ist. Und dass man dem, je länger das Verfahren dauert, eine goldene Brücke bauen kann, dass möglicherweise auch hier eine Bewährungsstrafe am Ende steht.«

Mancher Spitzenjurist in Baden-Württemberg kennt Beyerle noch aus früheren Zeiten. Wird Beyerle von seinen Weggefährten geschützt - wie Anwalt Rothbauer sich vorstellen kann?

59 Stehordner Ermittlungsakten

Auf die Frage, wieso der Prozess nicht startet, erklärt ein Stuttgarter Landgerichtssprecher:

»Die zuständige Strafkammer hatte andere, vorrangige Verfahren zu bearbeiten, weshalb ihr die Durchführung der Hauptverhandlung im angefragten Verfahren bislang nicht möglich war. Anklagezulassung und Eröffnung des Hauptverfahrens sind bereits erfolgt. Termine zur Hauptverhandlung sind noch nicht bestimmt worden.«

Im September ließ das Landgericht verlauten, das Verfahren könne frühestens im Frühjahr 2018 beginnen. Anwalt Rothbauer ist indes sicher - das Gericht spielt auf Zeit:

»Der zeitliche Rahmen kommt den Angeklagten entgegen, weil je länger es dauert, die Geschichte zu verhandeln, desto mehr greift die sogenannte Vollstreckungslösung des Bundesgerichtshofs. Dass schon durch die lange Verfahrenszeit in der Strafzumessung Abschläge gemacht werden.«

Rothbauers Vorwurf lautet: Die Stuttgarter Justiz verschleppt ein Verfahren, damit Beyerle glimpflich davon kommt.

»Eine Verschleppung zugunsten dieser Vollstreckungslösung, zugunsten der Angeklagten: ja.«

Das Verfahren umfasst 59 Stehordner Ermittlungsakten. In diesen Ordnen steht vieles darüber, wie Heckler & Koch, wo man bis vor kurzem so sehr auf öffentliche Zurückhaltung bedacht war, viele Jahre lang gearbeitet hat. In der Anklage werden 28 Zeugen benannt. Die Zahl der Menschen, die auf deren Aussagen gespannt sind, wächst.

Link zur Sendung [18:46 Minuten]:
http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2017/12/11/waffen_nur_fuer_demokraten_heckler_und_koch_mit_neuem_dlf_20171211_1840_377826b4.mp3

http://www.deutschlandfunk.de/heckler-koch-mit-neuem-geschaeftsmodell-waffen-nur-fuer.724.de.html?dram:article_id=402903