Montag, 18.08.2008, 21:45 Uhr im ERSTEN
Mainz. Georgische Spezialeinheiten wurden, unter Verletzung der Export-Grundsätze der Bundesregierung, mit deutschen Gewehren ausgerüstet. Dem ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ liegen aktuelle Fotos vor, die georgische Soldaten mit deutschen Sturmgewehren in Südossetien im Einsatz zeigen.
Waffenexperten identifizierten für REPORT MAINZ die Gewehre zweifelsfrei als das Modell G 36 des oberschwäbischen Rüstungskonzerns Heckler & Koch. Jürgen Grässlin, Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros in Freiburg erklärte in REPORT MAINZ: »Für mich gibt es keine Zweifel, dass dies das G36, in der Kurz-Version ist.«
Wie die Kriegswaffen in das Spannungsgebiet gelangen konnten, ist bislang ungeklärt. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWI) beteuerte REPORT MAINZ gegenüber, keine Genehmigung zur Ausfuhr dieser Waffen nach Georgien erteilt zu haben. Nach Informationen des britischen Fachmagazins »Jane's Defence« hatte Heckler & Koch zwar einen Antrag an die Bundesregierung gestellt, 200 G 36-Exemplare mit kurzem Lauf und 30 G 36 »Commando short carbine rifles« an Georgien zu liefern. Das zuständige BMWI habe jedoch diesen Antrag mit Verweis auf die Territorialkonflikte in Georgien abgelehnt.
Jürgen Grässlin dazu in REPORT MAINZ: »Wenn jetzt Waffen irgendwo auftauchen, die vom Bund nicht genehmigt worden sind im Rüstungsexport, muss es sich um einen illegalen Export handeln.«
Otfried Nassauer, Leiter des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit betonte: »Egal, wie diese Waffen nach Georgien gekommen sind, ob sie illegal aus Deutschland geliefert worden sind, ob ein Lizenzbauer gegen die deutschen Regeln verstoßen hat, oder ob ein Empfänger dieser Waffen, der sie auf legalem Weg aus Deutschland bekam, weiterexportiert hat - auf jeden Fall zeigt sich klar, dass es ein Problem mit der deutschen Rüstungsexportkontrolle und der Kontrolle des Endverbleibs solcher Waffen gibt.«
Hans-Christian Ströbele, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag zeigte sich besorgt darüber, dass die Gewehre nun trotz anderslautender Bestimmungen in Georgien auftauchen. Dies zeige, dass »die jährlichen Schwüre« der Bundesregierung, keine Waffen in Kriegs- und Krisengebiete zu liefern, »nichts wert sind«, so Hans-Christian Ströbele. Wenn die Kontrollinstrumente der Bundesregierung sich als wirkungslos erwiesen, »dann dürfen keine solchen Waffen mehr exportiert werden«, forderte Ströbele im Gespräch mit REPORT MAINZ. Die deutschen Behörden, auch das Zollkriminalamt, müssten alles tun, um den Weg dieser Waffen nach Georgien nachzuvollziehen, »und die Bundesregierung ist aufgefordert, dieses sicher zu stellen.«
Die Firma Heckler & Koch war für REPORT MAINZ bislang zu keiner Stellungnahme bereit.
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