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»Ende einer ,Traumehe'.
Daimler will Scheidung von Chrysler«
Berlin (RPO). DaimlerChrysler will sich nach neun Jahren von seiner verlustreichen US-Tochter Chrysler trennen. Vorstandschef Dieter Zetsche
sagte auf der Hauptversammlung am Mittwoch, der Konzern verhandele mit mehreren potentiellen Partnern, die ein »klares Interesse« an Chrysler hätten. Es ist das
Ende einer Fusion, die einst als »Traumehe« galt.
Die Nachfrage in den USA habe sich wegen steigender Spritpreise »unvorhersehbar« hin zu kleinen und sparsamen Autos verschoben, sagte Zetsche. Das habe Chrysler
mit seinen vielen Jeep- und Pick-up-Modellen besonders getroffen.
Er bekräftigte den Sanierungsplan, nach dem bis 2009 in den USA und Kanada 13.000 Stellen wegfallen sollen. Zetsche hatte als früherer Chrysler-Chef schon in
den letzten Jahren einen harten Sanierungskurs gefahren und mehrere Werke geschlossen sowie zehntausende Stellen abgebaut.
Die einst als »Traumehe« gehandelte Fusion von Daimler-Benz und Chrysler steht nun vor der Scheidung. Angesichts hoher Verluste bei Chrysler zieht der
Mutterkonzern die Notbremse. Der Verkauf dürfte angesichts von milliardenschweren Gesundheits- und Pensionsverpflichtungen Chryslers allenfalls ein
Nullsummenspiel werden. »Wenn man sich Chrysler genau anguckt, stellt man fest, dass das Unternehmen an sich nichts wert ist«, sagte der Analyst der
Seh-Bank, Gregor Claussen der Nachrichtenagentur AP.
Chrysler: Aktionäre fordern Verkauf
Die meisten Aktionäre reagiertem am Mittwoch zustimmend auf die Veräußerungspläne. »Die müssen Chrysler natürlich verkaufen«, sagte Trudbert Müller. Er ist
einer von vielen Aktionären, die seit der Fusion viel Geld verloren haben. Die Gemüter sind erhitzt. Müller ist zum ersten Mal hunderte Kilometer zur
Hauptversammlung gefahren.
Die Aktionäre wollen nach vielen schmerzhaften Jahren, in denen sich der Kurs etwa halbierte, nur eine Lösung akzeptieren. »Wenn Chrysler am Ende zum
Scheidungsrichter geführt würde, wären wir sehr dankbar«, sagt Henning Gebhardt von der Fondsgesellschaft DWS.
»Bruchlandung«
»Aus der Hochzeit im Himmel ist die Bruchlandung auf Erden geworden«, sagt Daimler-Kritiker Jürgen Grässlin. Die Ehe zwischen den beiden Autobauern müsse so
schnell wie möglich beendet werden. Je markiger die Worte, mit denen das Aus für Chrysler gefordert wird, desto lauter brandet der Applaus im vollbesetzten Saal
auf. Zetsche hatte für seine Rede zuvor nur ein höfliches Klatschen geerntet.
Daimler lehnte ab: GM wollte Chrysler kaufen
Die als »Hochzeit im Himmel« beworbene Fusion zwischen dem deutschen und dem US-Autokonzern war 1998 gefeiert worden. Zetsche-Vorgänger Jürgen Schrempp
verwirklichte mit dem Coup seinen Traum von der »Welt AG«. Doch der neue Riesen-Autobauer mit Luxus-Limousinen in Europa und spritschluckenden Kleinlastern
und Geländewagen in den USA kam nie aus den Negativ-Schlagzeilen.
Zwei Jahre nach der Fusion musste Schrempp seinen Top-Manager Zetsche nach Detroit schicken, um Chrysler aus den roten Zahlen zu bringen. Doch kaum ging es
dem Konzern in den USA besser, gab es Probleme bei Mercedes in Deutschland.
Inzwischen ist der Konzern in Deutschland wieder erfolgreich - und Chrysler wieder tief in den roten Zahlen. Als Interessenten für das Unternehmen gelten
der kanadische Autoteileproduzent Magna International sowie die Finanzinvestoren Cerberus und Blackstone. Magna soll laut Presseberichten rund 3,5 Milliarden
Euro geboten haben.