JG-INFOMAIL-5 / Teil 1, aktualisiert
»Pressefreiheit in Gefahr
- staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Buchautoren
vom »Netzwerk des Todes«!
KURZKOMMENTAR von Jürgen Grässlin,
Buchautor und Anzeigeerstatter,
zum brisanten Justizskandal
um die illegalen G36-Gewehrexporte
in Unruheprovinzen Mexikos«
vom 30.04.2016



Pressefreiheit in Gefahr
- staatsanwaltschaftliche Ermittlungen
gegen Buchautoren vom »Netzwerk des Todes«!

KURZKOMMENTAR
von Jürgen Grässlin, Buchautor und Anzeigeerstatter,
zum brisanten Justizskandal
um die illegalen G36-Gewehrexporte
in Unruheprovinzen Mexikos

Freiburg, den 30. April 2016
(aktualisierte Fassung)

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

am 8. April nahm der Filmregisseur Daniel Harrich für sich und sein Team – zu dem mein Rechtsanwalt Holger Rothbauer und ich als Strafanzeigeerstatter und Fachberater des Spielfilms »Meister des Todes« gehören – in Marl den renommierten Grimme-Preis 2016 »für die journalistische Leistung bei der Recherche« entgegen. Dessen ungeachtet ermittelt die Staatsanwaltschaft München derzeit nach Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen uns Grimme-Preisträger.

Grimme Preisträger 2016

Fotoshooting anlässlich der Verleihung des Grimme-Preises 2016 in Marl
Foto (v.l.n.r.): Manfred Hattendorf (federführender Redakteur des SWR), Jochen Kölsch (Producer Diwafilm), Daniel Harrich (Filmemacher / Regisseur »Meister des Todes« und »Tödliche Exporte - wie das G36 nach Mexiko kam« u.a.), Thomas Reutter (»Report Mainz«, ARD), Jürgen Grässlin (Anzeigeerstatter vs. H&K und Kontrollbehörden im Fall Mexiko und weitere, Fachberater »Meister des Todes«) und Wolf-Dieter Vogel (freier Journalist, tageszeitung/taz)

Die Entwicklungen nach meiner Strafanzeige vom 19. April 2010 gegen Heckler & Koch wegen des Verdachts des Exports von mehr als 10.000 G36-Sturmgewehren und MP5-Maschinenpistolen in verbotene Unruheprovinzen Mexikos und der Erweiterung der Strafanzeige auf Behördenvertreter vom 26. November 2012 durch RA Rothbauer sind jetzt – Ende April 2016 – dramatisch eskaliert.

Anbei mein Kurzstatement zum Stand der Dinge:


Kurzstatement JG:

1. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen zwei ehemalige Geschäftsführer und vier Mitarbeiter von Heckler & Koch – in fünf dieser Fälle wegen des bandenmäßigen Waffenexports von Kriegswaffen nach Mexiko.
In ihrer Anklageschrift vom 13. Oktober 2015 wirft die Stuttgarter Staatsanwaltschaft zwei ehemaligen Geschäftsführern (Joachim Meurer und Peter Beyerle) und vier ehemaligen Mitarbeitern von Heckler & Koch (H&K) vor, Kriegswaffen »vorsätzlich« ausgeführt zu haben, ohne Vorliegen der dafür erforderlichen Genehmigung. In fünf Fällen (alle außer Herr Meurer) sollen die H&K-Vertreter als »Mitglied einer Bande« agiert haben, »die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat«.
Gegen weitere Beschuldigte (ich hatte insgesamt 15 Personen angezeigt) wurden die Strafverfahren eingestellt, weil kein hinreichender Tatverdacht von der Staatsanwaltschaft ermittelt wurde - wogegen RA Rothbauer Beschwerde eingelegt hat. Über diese Beschwerde muss von der Generalstaatsanwaltschaft noch entschieden werden.

2. Ein halbes Jahr nach Anklageerhebung seitens der Stuttgarter Staatsanwaltschaft muss die Stuttgarter Justiz endlich in einem öffentlichen Gerichtsverfahren urteilen!
Mehr als sechs Monate sind seit Erstellung der Anklageschrift vergangen - noch immer ist kein Termin für das anstehende Gerichtsverfahren anberaumt! Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf, in einem öffentlichen Verfahren vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart die rechtsstaatliche Untersuchung rund um die widerrechtlichen G36- und MP5-Exporte nach Chiapas, Chihuahua, Jalisco und Guerrero mitverfolgen zu können. »Die Kammer prüft derzeit die Anklageschrift sehr intensiv«, so Bettina Gebert, Sprecherin beim Landgericht Stuttgart, auf Nachfrage der Neuen Rottweiler Zeitung (NRWZ).
Wer das Außenwirtschafts- bzw. Kriegswaffenkontrollgesetz (AWG bzw. KWKG) verletzt, muss rechtmäßig verurteilt werden.

3. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart spielt mit allen juristischen und taktischen Kniffen, um eine Erweiterung des Verfahrens auf die in den G36-Gewehrdeal involvierten Mitarbeiter der Rüstungsexport-Kontrollbehörden Bundesausfuhramt (BAFA) und Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zu verhindern.
RA Rothbauer hatte meine Strafanzeige von 2010 gegen Heckler & Koch am 26. November 2012 auf weitere Beschuldigte der zuständigen Abteilungen im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin sowie des Bundesausfuhramtes (BAFA) in Eschborn wegen Prüfung der vorsätzlichen, rechtswidrigen und schuldhaften Beihilfe durch Unterlassen bezüglich Exportgenehmigungsauflagen sowie Endverbleibsprüfung (im Fall der G36-Gewehrlieferungen nach Mexiko) erweitert.
Gegenüber Report Mainz/ARD verkündete die Staatsanwaltschaft: »Die Frage eines Anfangsverdachts gegen Mitarbeiter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wurde in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend geprüft. Dabei ergaben sich keine konkreten Anhaltspunkte für ein strafbewehrtes Verhalten.«
»Die Staatsanwaltschaft spielt mit allen juristischen und taktischen Kniffen, um eine Erweiterung des Verfahrens zu verhindern«, sagt der Tübinger Rechtsanwalt. So gibt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft vor, man habe die Ermittlungen gegen Behördenvertreter eingestellt, weil kein Anfangsverdacht existiert habe.
Diese Einstellung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen erfolgte trotz der umfassenden Dokumentation der »Triade des Todes« von Heckler & Koch, Bundesausfuhramt und Bundeswirtschaftsministerium in unserem Buch »Netzwerk des Todes. Die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie und Behörden« (Heyne-Verlag).
Die daraufhin in meinem Namen eingelegte Beschwerde seitens RA Rothbauer wurde abgewiesen.

4. Rund fünfeinhalb Jahren benötigte der Stuttgarter Staatsanwalt Peter Vobiller, um die Anklage gegen einige H&K-Beschäftigte zu formulieren. Nur wenige Monate nach Erscheinen des Enthüllungsbuches »Netzwerk des Todes« (Heyne Verlag) leitete die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Vorermittlungen ein – die Münchener Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt.
Die Staatsanwaltschaft München ermittelt zurzeit gegen uns drei Autor/innen - Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg - wegen des Verdachts verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen gemäß § 353d Strafgesetzbuch.
Unglaublich aber wahr: Daniel Harrich hatte der Staatsanwaltschaft zahlreiche Dokumente zur Verfügung gestellt, auf deren Basis die staatsanwaltschaftliche Klageschrift gegen Heckler & Koch verfasst werden konnte. Statt eines Dankes wird nunmehr seitens der Staatsanwaltschaft München gegen uns Autoren des Netzwerk-Buches ermittelt.

Cover des Buches Netzwerk des Todes

5. Die Medienresonanz auf die Pressemitteilung des Heyne-Verlags und die Stellungnahmen der drei Autor/innen und ihrer Rechtsanwälte aus der DEHR-Kanzlei (RA Rothbauer und Kolleg/innen) war äußerst positiv.
National wie international wurde über die skandalösen Vorgänge seitens der Staatsanwaltschaften Stuttgart und München von Presseagenturen, Printmedien, Radio, Fernsehen und in Internetforen umfassend berichtet.

6. Der Versuch, uns drei Buchautoren Grässlin/Harrich/Harrich-Zandberg bzw. den Filmemacher Daniel Harrich - allesamt Träger des Grimme-Preises - mundtot zu machen, ist zum Scheitern verurteilt.
Die Recherchen sind getätigt, Filme und Netzwerk-Buch sind publiziert, die Beweise sind erbracht: Die Triade des Todes funktionierte durch das Zusammenspiel von Waffenfirma und Kontrollbehörden. Die Wahrheit lässt sich auch durch juristische Repressionen gegen die Rechercheure des widerrechtlichen G36-Gewehrdeals mit Mexiko nicht aus der Welt schaffen.

7. Nicht zum ersten Mal versagt eine deutsche Staatsanwaltschaft bei der Ermittlung widerrechtlichen Waffenhandels und schützt Beteiligte am Waffenhandel!
Vergleiche hierzu auch den Fall des Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber und das skandalöse Vorgehen der Staatsanwaltschaft Augsburg im Fall erwiesener widerrechtlicher Rüstungstransfers nach Saudi-Arabien sowie der Bestechung von CSU-Politikern. Schreiber wurde verurteilt – wegen Steuerhinterziehung, nicht wegen illegaler Rüstungsexporte.

Wenn der Rechtsstaat wiederholt bei der Sanktionierung auch illegalen Waffenhandels – der angesichts der immens hohen Opferzahlen tödlichsten Form der deutschen Außen-, Wirtschafts- und Sicherheitspolitik – derart eklatant versagt, stellt sich in Deutschland die Demokratiefrage.

Herzlichst
Jürgen Grässlin,
Anzeigeerstatter / Buchautor