Internetbericht »Wer so starke Feinde hat,
der muss ein mutiger Mensch sein«
zur Verleihung des »Preises für Zivilcourage«
der Solbach-Freise-Stiftung
in Buchhagen bei Bodenwerder
in DEWEZET.de vom 15.11.2009


»Wer so starke Feinde hat,
der muss ein mutiger Mensch sein«

JG und Frau S-F

Buchhagen (saw). Wohl kaum jemand kämpft so entschlossen und öffentlichkeitswirksam gegen (deutsche) Rüstungsexporte, hat sich in den Kriegsregionen dieser Welt bei den Menschen über die Wirkung wie Folgen von Waffengewalt informiert und teilweise in Millionenauflage verkaufte Bücher zum Thema verfasst: Jürgen Grässlin, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft. Er wurde am Samstag mit dem »Preis für Zivilcourage« der Solbach-Freise-Stiftung ausgezeichnet. Den mit 5000 Euro dotierten Preis überreichte Stifterin Anne Solbach-Freise in einer gut besuchten, familiär gestalteten Feierstunde in der Kulturmühle Buchhagen.

Im Vorfeld ihrer Laudatio umriss Solbach-Freise die Aktivitäten einiger früherer Preisträger, verwies auf die erstmalige Aufstockung des Preisgeldes um 1000 auf jetzt 5000 Euro und bekannte: »Ich schäme mich für die Suppenküchen in unserem Land.« Mit dem für Waffen und Krieg aufgewendeten Geld könne man leicht den Hunger in der Welt besiegen.

Erklärtes Ziel des aktuellen Preisträgers Grässlin sei das Ende aller deutschen Rüstungsexporte. Seine stärksten Feinde auf diesem Weg: die Konzerne EADS (European Aeronautic Defence and Space Company) und die Daimler Aktiengesellschaft als dessen größter Aktionär. »Wer so starke Feinde hat, muss ein mutiger Mensch sein«, so die Stifterin, die auf diverse, seitens Daimlers angestrengte Gerichtsverfahren gegen den Rüstungsgegner aus Oberndorf verwies. Trotz vielfacher Widerstände habe sich der Preisträger »seine gradlinige, durch nichts von seinem Wege abbringende Hartnäckigkeit und seinen unerschütterlichen Humor bewahrt«.

Nach den USA und Russland sei Deutschland zum drittgrößten Waffenexporteur avanciert – »damit hat auch unser Staat eine Mitschuld an den Morden in aller Welt«, erklärte der Preisträger. Trotz der Charta der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1945 und zahlloser Abrüstungskonferenzen sei die Zahl der – vielfach verdrängten, vergessenen und verschwiegenen – Kriege noch immer hoch. »Es gibt weltweit großes Interesse am Krieg, denn im Frieden gäbe es für Rüstungskonzerne nichts zu verdienen.«

Neben der Forderung nach Mut erfordere der Begriff der Zivilcourage auch Rage. Er selbst sei wütend darüber, dass Waffenschmieden in Zeiten der Wirtschaftskrise volle Auftragsbücher hätten, dass eine Klimakatastrophe nahe – »und dass das alles nicht so wichtig erscheint«. Im 21. Jahrhundert sei es an der Zeit, die Wut in Handeln und Widerstand zu transformieren. Die Rückkehr zu Moral und Ethik müsse aus der Zivilgesellschaft angestoßen werden. »Vorbei sind die Zeiten der Schweigestunden, gekommen ist die Ära des Handelns.« Als Pazifist stelle er sein Leben in den Dienst der Vision einer Welt ohne Militär und Rüstungsindustrie. Grässlin rief auf zu Wachsamkeit und Kritikbereitschaft: »Wir leisten uns das teuerste Militärprojekt aller Zeiten, den Eurofighter. Lassen Sie sich nicht erzählen, wir hätten kein Geld dafür, Sinnvolles zu produzieren, human zu handeln.«

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