GEORGIEN
Die Bundesregierung erwartet einen raschen Abzug russischer Truppen aus Georgien, nachdem der Kreml diesem zugestimmt hat. Allerdings war in Russland nur von einem Abzug vom Kernland nach Südossetien die Rede.
Die Bundesregierung rechnet weiter mit einem raschen Rückzug der russischen Truppen aus Georgien. »Wir gehen davon aus, dass der russische Präsident Wort hält«, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Montag (18.08.2008) dem deutschen Fernsehsender ARD. Der Truppenrückzug würde dann »gewissermaßen stündlich« beginnen.
Abzug nach Südossetien
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrem Besuch in Tiflis am Sonntag einen sofortigen und nachprüfbaren Rückzug der Russen verlangt. Der russische Präsident Dmitri Medwedew kündigte ihn für Montag an. Bei dem Abzug will die sich die russische Armee vom georgischen Kernland nach Südossetien zurückziehen. Dieser Teilabzug ist einer der wichtigsten Punkte des Waffenstillstandsabkommens, das von Russland und Georgien unterzeichnet wurde.
Regierungssprecher Steg sagte, es komme nun vor allem darauf an, die Waffenruhe zu sichern und den Flüchtlingen zu helfen. »Unschuldig ist keiner der Beteiligten, aber wir haben eine Situation, dass russische Truppen in einem demokratischen souveränen Staat stehen. Das ist etwas, was nicht akzeptabel ist.« Der Regierungssprecher unterstrich Merkels Ankündigung, dass militärische Beobachter und möglicherweise auch internationale Friedenstruppen in das Krisengebiet gesandt werden sollten. »Wenn es zu einem europäischen Beitrag kommt, gehe ich davon aus, dass sich Deutschland auch nicht komplett verweigern kann.
Sarkozy erwägt EU-Sondergipfel
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy warnte Medwedew vor »ernsten Konsequenzen« in den Beziehungen Russlands zur EU, falls die Waffenstillstandsvereinbarung mit Georgien nicht umgehend und vollständig eingehalten werde.
In einem Zeitungsinterview mit dem französischen Blatt »Le Figaro« erklärte Sarkozy am Sonntag, er wolle einen EU-Sondergipfel einberufen, wenn Russland seine Zusage zu einem Truppenrückzug aus Georgien nicht schnell erfüllt.
US-Außenministerin Condoleezza Rice will am Montag zu Gesprächen über die Krise im Kaukasus nach Europa fliegen. In Beratungen mit den NATO-Partnern soll die Reaktion des Westens auf den russischen Militäreinsatz abgestimmt werden.
Bericht: Deutsche Gewehre in Südossetien im Einsatz
Für Wirbel in Deutschland sorgt indes ein Fernsehbericht des ARD-Magazins »Report Mainz«. Georgische Spezialeinheiten sind demnach unter Verletzung der Export-Grundsätze der Bundesregierung mit deutschen Waffen versorgt worden. Das ARD-Magazin berichtete am Sonntag von aktuellen Fotos, die georgische Soldaten in Südossetien mit deutschen Sturmgewehren im Einsatz zeigten.
Dem Bericht zufolge handelt es sich um Waffen des oberschwäbischen Rüstungskonzerns Heckler & Koch. Laut Bundeswirtschaftsministerium gab es nie eine Genehmigung für den Export dieser Waffen nach Georgien. Das Unternehmen Heckler & Koch war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Laut »Report Mainz« identifizierten Waffenexperten die Gewehre auf den Fotos zweifelsfrei als das Modell G 36 von Heckler & Koch. Das Wirtschaftsministerium habe betont, dass es keine Genehmigung zur Ausfuhr dieser Waffen nach Georgien erteilt haben.
Jürgen Grässlin vom RüstungsInformationsBüro sagte dem Magazin: »Wenn jetzt Waffen irgendwo auftauchen, die vom Bund nicht genehmigt worden sind im Rüstungsexport, muss es sich um einen illegalen Export handeln.« (vem)
http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3572738,00.html