Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr so viele Rüstungsexporte genehmigt, wie seit Jahren nicht mehr. Von Rüstungsgegnern und kirchlichen Organisationen kommt Kritik.
Die Genehmigungen für Rüstungsexporte haben im vergangenen Jahr einen Rekordwert erreicht. Das bestätigte der Abgeordnete der Fraktion Die Linke, Jan van Aken, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Demnach erteilte die Bundesregierung 2015 Einzel- und Sammelausfuhrgenehmigungen in Höhe von 12,46 Milliarden Euro. Das entspreche nahezu einer Verdoppelung im Vergleich zu 2014 und sei der höchste Wert, seitdem die Bundesregierung 1999 erstmals über ihre Rüstungsexportpolitik informierte.
Der endgültige Rüstungsexportbericht für 2015 soll vor der Sommerpause veröffentlicht werden. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) trat jedoch bereits am Freitag vor die Presse, um über wichtige Kennziffern zu informieren. Vorangegangen war eine Parlamentarische Anfrage der Links-Fraktion.
Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr
Einzelausfuhrgenehmigungen wurden laut Angaben von Gabriel in Höhe von 7,5 Milliarden Euro bewilligt. Auch dies bedeutet nahezu eine Verdoppelung im Vergleich zu 2014 (3,9 Milliarden). Der Minister begründete das unter anderem mit dem geplanten Verkauf von vier Tankflugzeugen an Großbritannien für 1,1 Milliarden Euro, von Lenkflugkörpern an Südkorea für 270 Millionen Euro und von einem U-Boot nach Israel für 350 Millionen Euro. Dennoch sei der versprochene Kurswechsel in der Rüstungspolitik vorangekommen.
Gabriel verwies dabei auf restriktivere Genehmigungen von Kleinwaffenexporten, eine größere Transparenz der Berichterstattung und eine bessere Kontrolle über den Verbleib von Waffen. Rüstungsgegner warfen dem Minister Wortbruch vor. Die erhoffte Trendwende sei ausgeblieben, erklärte die Kampagne »Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!«, die auch von kirchlichen Organisationen wie pax christi und dem katholischen Hilfswerk Misereor unterstützt wird.
Mehr Flüchtlinge befürchtet
»Die aktuellen Rekordzahlen lassen eine weitere Steigerung der Flüchtlingszahlen befürchten, denn immer mehr Menschen müssen vor der Gewalt von noch mehr Waffen fliehen. Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten«, so Kampagnen-Sprecher Jürgen Grässlin in einer Erklärung.
Der Vorsitzende der Rüstungsexport-Kommission von pax christi, Harald Hellstein, forderte die Bundesregierung auf, keine weiteren Genehmigungen für den Export von Kleinwaffen und zugehöriger Munition auszusprechen. Zudem solle sie keine weiteren Lizenzen für den Nachbau von Kleinwaffen und zugehöriger Munition genehmigen und Waffenrückruf- und Waffenverschrottungsaktionen für bereits gelieferte Kleinwaffen organisieren, heißt es in der Presseerklärung der Initiative.
»Als ein weltweit führender Exporteur von Kleinwaffen trägt Deutschland seit Jahren zur Verschärfung von Konflikten und damit auch zur Schaffung von Fluchtursachen bei. Gerade Kleinwaffen, wie Pistolen, Maschinenpistolen und Gewehre, verursachen weltweit mehr Tote, Verletzte und Flüchtlinge als jede andere Waffenart«, sagte Harald Hellstern, Vorsitzender der Rüstungsexportkommission von pax christi.
In der Kritik: Lieferungen an Katar
Besonders kritisierte das Bündnis eine Genehmigung für die Ausfuhr von Leopard-Panzern und Haubitzen im Wert von 1,6 Milliarden Euro an Katar. Gabriel hatte dargelegt, dass die Lieferung bereits unter der Vorgängerregierung genehmigt worden sei. Andere Ministerien hätten die Entscheidung im Bundessicherheitsrat nicht widerrufen wollen.
Diese Aussage sei »unzutreffend«, kritisierte die Kampagne. Das Kriegswaffenkontrollgesetz erlaube »jederzeit den Widerruf einer erteilten Genehmigung«. Die in solchen Fällen erforderliche Zahlung einer Entschädigung an die betroffenen Unternehmen sei »allemal menschlicher als die Beihilfe zu Mord durch die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen von Kriegswaffen und Rüstungsgütern an kriegführende und menschenrechtsverletzende Staaten - unter ihnen astreine Diktaturen«.
(KNA, dr)
https://www.domradio.de/nachrichten/2016-02-20/kritik-deutschen-ruestungsexporten