Gegenantrag des Aktionärs JG vom 01.03.2007
»Die Mitglieder des Vorstands werden nicht entlastet«
anlässlich der 9. ordentlichen Hauptversammlung
der DaimlerChrysler AG am 04.04.2007 in Berlin



Gegenantrag JG
»Die Mitglieder des Vorstands werden nicht entlastet«

Jürgen Grässlin, Freiburg

Zu Punkt 3 der Tagesordnung:

»Die Mitglieder des Vorstands werden nicht entlastet.

Begründung:

Kritische AktionärInnen behielten Recht mit Ablehnung der Chrysler-Übernahme

Die Vision der »Welt AG DaimlerChrysler« des vormaligen Vorstandsvorsitzenden Jürgen E. Schrempp war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Aus diesem Grund hatten wir Kritischen AktionärInnen (KADC, Arndtstraße 31, 70197 Stuttgart, Tel. 0711-608396; www.kritischeaktionaere.de und www.juergengraesslin.com) als einziger <!> Aktionärsverband bei der außerordentlichen Hauptversammlung am 18. September 1998 gegen die Fusion mit der Chrysler Corporation gestimmt. Bereits damals warnten wir eindringlich vor dem Zusammenschluss und wiesen in Wort und Schrift eindringlich auf folgende Gefahren hin:
* »Über siebzig Prozent der Fusionen verfehlen ihr Ziel. Eine Vielzahl von Fusionen sind gescheitert«,
* »Das Top-Management ist der eigentliche Gewinner der Fusion. Risikolose Aktienoptionen fördern die Selbstbereicherung von Schrempp, Eaton & Co. Mit der Fusion sollen die Vorstandsgehälter der Daimler-Vorstände nach oben hin angepaßt werden. Das Lohngefälle im neuen Unternehmen zwischen Top-Management und den Angestellten in der Produktion wird erheblich größer. Während der Vorstand den Beschäftigen predigt, sie sollen den Gürtel enger schnallen, sahnt er selbst immer mehr ab«,
* »100.000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel«,
* »Die Fusion bremst die ehedem unzureichenden Bemühungen um die Ökologisierung der Daimler-Benz-Produktpalette. Statt eine technisch machbare Halbierung des Kraftstoffverbrauchs umzusetzen, wird die Pkw-Palette um Dinosaurier-Fahrzeuge von gestern erweitert« und
* Daimler bleibt über seine Beteiligungen auch »nach der Fusion mit Chrysler der größte deutsche Produzent von Kriegswaffen/Rüstung«
(Auszug aus dem zur außerordentlichen Hauptversammlung verteilten Flugblatt »Informationen zum Zusammenschluss von Daimler-Benz und Chrysler«).

Abermilliarden für Mitsubishi und Chrysler verpulvert

Unsere Warnungen haben sich allesamt bewahrheitet. Hätte der Vorstand damals die Mahnungen der Kritischen AktionärInnen ernst genommen, so wären dem Konzern - und damit den Aktionären - Milliardenverluste durch die verfehlte Konzernstrategie erspart geblieben. Mehrere Milliarden Euro, die zur Finanzierung so genannter »Restrukturierungs- und Sanierungsprogramme« bei Mitsubishi und Chrysler verpulvert worden sind, hätten bei Mercedes-Benz sinnvoll für den Ausbau der Arbeitsplätze und die Qualitätssicherung investiert werden können.

Milliardenverschwendung durch verspätete Prüfung aller Optionen

Die Mitglieder des Vorstands haben die unumgängliche Entscheidung versäumt, rechtzeitig den Unternehmensbereich Chrysler für die Aktionäre möglichst gewinnbringend und für die Beschäftigen möglichst sozialverträglich zu verkaufen. Allein in den Jahren 2001 und 2003 musste Chrysler Verluste in Höhe von insgesamt 5,8 Milliarden Euro verbuchen, die bei der Mercedes Car Group zur Sicherung der Qualität, für die Entwicklung umweltfreundlicher Fahrzeuge und damit zur Sicherung der Arbeitsplätze fehlten. Schon zum damaligen Zeitpunkt wurde offenbar, wovor wir Kritischen AktionärInnen DaimlerChrysler frühzeitig gewarnt hatten. Da der Unternehmensbereich Chrysler in den Jahren 2004 und 2005 zwischenzeitlich schwarze Zahlen schrieb und einen Gewinn von 1,4 bzw. 1,5 Milliarden Euro erwirtschaftete, hätte der Vorstand zu diesem Zeitpunkt die Gelegenheit zum Verkauf von Chrysler nutzen müssen. Stattdessen reagierte Dr. Dieter Zetsche viel zu spät und wartete den neuerlichen Verlust von mehr als einer Milliarde Euro bei Chrysler im Jahr 2006 ab. Erst Anfang 2007, und damit viel zu spät, verkündete der Vorstandsvorsitzende, »alle Optionen« prüfen zu wollen.
Selbst wenn es gelingen sollte, Chrysler in naher Zukunft zu verkaufen, wird der Kaufpreis weit unter dem Wert der Vorjahre liegen, längst sind Zehntausende von Beschäftigen entlassen worden. Insgesamt zeugt das Vorgehen des DaimlerChrysler-Vorstands von einer völlig verfehlten Einschätzung der Risiken und Erfolgsaussichten der »Welt AG« und der eigenen Unfähigkeit, rechtzeitig auf die Notbremse zu treten.

Kritische AktionärInnen fordern Umsetzung eines Maßnahmenkatalogs

Heute sitzt unser Unternehmen in der selbst gestellten Strategiefalle, aus der nur nachhaltig zukunftsgerichtete Entscheidungen führen. Zu ihnen zählen kurz- und mittelfristig zu realisierende Maßnahmen, deren Umsetzung für die Beschäftigten sozial verträglich erfolgen muss: Neben dem Sofortausstieg aus Chrysler müssen unter anderem die ersatzlose Einstellung der Maybach-Produktion, die Ökologisierung der gesamten Fahrzeugpalette und die Konzentration auf das automobile Kerngeschäft mit dem Ausstieg aus der Rüstungsproduktion von Kampflugzeugen, Atomwaffenträgern und Streumunitionswerfern sowie menschenverachtenden Waffentransfers veranlasst werden. Erst diese Neuorientierung der Geschäftspolitik sichert Mehrwert und den Erhalt bzw. Ausbau von Arbeitsplätzen und damit den Fortbestand des Daimler-Konzerns.«