Aktionärsschützer kritisiert Finanzaufsicht Bafin
Grässlin: »Behörde machte mich vom Aufklärer zum Täter«
in AFP vom 01.08.2008




Aktionärsschützer kritisiert Finanzaufsicht Bafin
Grässlin: »Behörde machte mich vom Aufklärer zum Täter«

Freiburg, 1. August (AFP) - Nach Ende der Ermittlungen der Finanzaufsicht Bafin gegen den Daimler-Kritiker Jürgen Grässlin hat der Aktionärsschützer das Vorgehen der Behörde kritisiert. Die Bafin habe ihn durch ihre Ermittlungen vom »Aufklärer zum Täter gemacht«, erklärte Grässlin am Freitag in Freiburg im Breisgau. Statt seine Hinweise zu möglichen Insidergeschäften mit Aktien des Autobauers zu würdigen, habe die Behörde sein Büro durchsucht und zahlreiche Dokumente beschlagnahmt. Dabei habe die Bafin erst durch Informationen von seiner Seite zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen hochrangige Daimler-Manager wegen des Verdachts auf Insiderhandel einleiten können, erklärte Grässlin.

Die Bafin hatte ihre Ermittlungen gegen Grässlin - den Sprecher der Aktionärsschutzvereinigung Kritische Aktionäre Daimler (KAD) - wegen des Verdachts auf Weitergabe von Insiderwissen am Donnerstag nach mehr als zweieinhalb Jahren eingestellt. Die Behörde hatte das Verfahren aus Gründen der Verhältnismäßigkeit fallen lassen.

Die Finanzaufsicht hatte gegen Grässlin im Zusammenhang mit dem Rücktritt des früheren Daimler-Chefs Jürgen Schrempp ermittelt. Grässlin hatte bereits zwölf Tage vor der überraschenden Rücktrittserklärung des Top-Managers im Juli 2005 Kenntnis von dessen Absichten und hätte diese Information an Insider weitergeben können. Kurz nach Bekanntwerden von Schrempps Rücktritt war der Kurs der Daimler-Chrysler-Aktie um rund zehn Prozent hochgegangen. In den Tagen danach hatte es massive Verkäufe der Daimler-Papiere gegeben. Die Bafin hatte daraufhin ihre Ermittlungen eingeleitet.

Für Spekulanten wäre es mit frühzeitigem Wissen über den Rücktritt Schrempps damals möglich gewesen, günstig Daimler-Aktien zu kaufen, um dann nach der Demission des Managers von steigenden Kursen zu profitieren. Unter Schrempp war Daimler 1998 mit dem US-Autobauer Chrysler fusioniert. Das Gemeinschaftsunternehmen hatte von Anfang an mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Schrempps Rücktritt wurde deswegen als Signal für ein Ende der Krise gewertet.

mac/ali

AFP vom 1. August 2008 - 16.19 Uhr